Vor der Osram-Zentrale in München haben am Montag Hunderte Beschäftigte demonstriert. Foto: dpa/Matthias Balk

Hunderte Osram-Beschäftigte machen in München und Berlin Front gegen die Übernahme durch den Sensorhersteller AMS und einen Jobabbau. Im Südwesten könnten am Standort Herbrechtingen mehr als 300 Stellen gestrichen werden.

München - Wenn eine Protestaktion symbolträchtig um 12.05 Uhr beginnt, scheint alles schon zu spät zu sein. „5 nach 12 bedeutet nicht, dass es das Ende ist“, ruft Klaus Abel als IG-Metall-Vorstand und Aufsichtsratsvize des Lichttechnikkonzerns Osram vor dessen Konzernzentrale in München ins Mikrofon. Sprechchöre fordern „Berlien raus“. Für den Osram-Chef Olaf Berlien ist das nicht gerade schmeichelhaft. Die rund 600 Protestierenden aus allen deutschen Osram-Standorten fühlen sich von ihrem Boss verraten. Nach anfänglichem Widerstand befürwortet er inzwischen nicht nur eine Übernahme durch den österreichischen Sensorhersteller AMS, Berlien will bei Osram auch Stellen streichen. Rund 800 Jobs allein in Deutschland seien akut bedroht, sagt Abel. Rund davon 260 wohl in Herbrechtingen (Landkreis Heidenheim).

Probleme werden nicht besser

Klaus Abel sagt auch, dass die Probleme, die Osram hat, durch eine Übernahme durch AMS nicht besser, sondern schlimmer würden. Deshalb wollen die Betriebsräte nicht nur einen erneuten Kahlschlag im Personal verhindern, sondern auch eine Übernahme durch AMS. Der Versuch, die Übernahme gerichtlich zu stoppen, ist indes gescheitert. Das Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) lehnte den Antrag des Konzernbetriebsrats auf eine einstweilige Verfügung gegen die Finanzaufsicht Bafin am Montag. Die Beschwerde gegen die Bafin sei „nicht statthaft“und damit unzulässig. Die Arbeitnehmervertreter hatten verlangt, dass die Bafin das Übernahmeangebot stoppt.

Wenn es stimmt, was Betriebsräte erfahren haben, soll es die Standorte München, Herbrechtingen und Berlin am härtesten treffen. Demnach will Osram in der Münchner Zentrale 270 und im baden-württembergischen Herbrechtingen 260 Jobs streichen. Zudem würden dort 55 befristete Stellen nicht verlängert, sagt ein dortiger Betriebsrat. Der Standort fertigt vor allem Halogenlampen, die im LED-Zeitalter kaum noch nachgefragt werden. Das Management sorge aber auch nicht dafür, dass Ersatzprodukte ins Programm kommen, wettert der Betriebsrat.

Viele Jobs stehen auf der Kippe

Wie er argumentieren Kollegen anderer Osram-Standorte. In Berlin sollen rund 200 Jobs auf der Streichliste stehen, zudem solle der Ministandort Wipperfürth in Nordrhein-Westfalen mit 26 Beschäftigten geschlossen werden. Kollegen aus Arnsberg haben das auch für ihren eigenen Kleinstandort in Nordrhein-Westfalen mit 22 Stellen erfahren.

Drinnen in der Konzernzentrale widerspricht Osram-Vorstand Stefan Kampmann. Es gebe noch keine fixen Abbauzahlen oder Schließungsbeschlüsse für Standorte, Standortgarantien jedoch auch nicht. IG Metall und Betriebsräte würden lediglich Kostensparziele auf Stellen hochrechnen. Soll heißen: Es gibt noch Verhandlungsmasse. Weniger flexibel gibt sich der Technik-Vorstand beim zweiten Grund für den Protesttag bei Osram – die geplante Übernahme durch AMS aus Premstetten bei Graz. Die sei strategisch richtig und seriös finanziert.

Kauf auf Pump

Das alles würde dagegen nach Lesart von IG Metall und Osram-Betriebsräten die Lage schlimmer machen, weil ein Kauf auf Pump finanziert wäre und Milliardenschulden hinterlassen würde. Der AMS-Plan, die rasch wieder abzubauen, baue auf optimistische Annahmen zur Steigerung der Profitabilität und das in kriselnden Abnehmermärkten, kritisiert Abel.

Auf einem Plakat demonstrierender Beschäftigter ist ein sinkender Ozeandampfer namens Osram abgebildet. „Die nehmen den Laden auseinander“, fürchtet ein Osram-Mitarbeiter und meint damit eine Zerschlagung des Traditionskonzerns. Durch den Verkauf von Unternehmensteilen könne AMS die Schuldenlast einer Übernahme verringern.

Jobsicherung wird als Hohn gesehen

Viele Osram-Mitarbeiter werten die Ankündigung von AMS als Hohn, es würden übernahmebedingt bis Ende 2022 keine Jobs gestrichen. „Dann wird offiziell eben marktbedingt abgebaut“, so Abel. Freiwillig haben in den letzten Monaten schon einige Führungskräfte den Hut genommen und ihr Heil anderswo gesucht. Für die Beschäftigten ist das kein gutes Zeichen. Sie wollen Jobgarantien.