Marc-Oliver Hendriks, Geschäftsführender Intendant der Staatstheater Stuttgart, auf dem Dach des ehemaligen Paketpostamts am Stuttgarter Nordbahnhof Foto: Mierendorf

Ohne einen Konsens von Stadt und Land kann das Großprojekt der Opernsanierung in Stuttgart nichts werden, schreibt Susanne Benda in ihrem Kommentar. Und ein Oberbürgermeister im Vor-Wahlkampfmodus ist Gift für ein Großprojekt, das immer mit Kostensteigerung rechnen muss.

Stuttgart - Das kann nicht wahr sein. Nicht einmal zwei Monate sind vergangen, seitdem sich der Stuttgarter Oberbürgermeister Kuhn Seit’ an Seit’ mit dem Ministerpräsidenten und der Kunstministerin öffentlich zum Großprojekt der Stuttgarter Opernsanierung bekannte – und kaum steht (endlich!) eine konkrete Zahl im Raum, will er schon einen Rückzieher machen. Wirft da die 2019 und 2020 anstehende Kommunal- und Bürgermeisterwahl schon ihre Schatten voraus, ja zeitigt womöglich auch die überraschende Abwahl von Kuhns Parteigenossen Dieter Salomon in Freiburg Folgen? 116 Millionen Euro ließen sich nicht vermitteln, verkündete Kuhn am Mittwoch, und plötzlich ist auch von einem Kriterium die Rede, das zuvor noch nie ein Thema war. Nachhaltigkeit vermisst der Oberbürgermeister bei der Interimsspielstätte, die er noch von kurzem für alternativlos hielt – und düpiert mit seinem Alleingang den Staatstheater-Verwaltungsrat ebenso wie die Künstler im Staatstheater, die nach langem Zaudern und Abwägen endlich die Zukunft planen wollen. Was, fragt man sich, mag erst passieren, wenn es – was normal wäre – bei den derzeit auf 500 Millionen Euro taxierten Sanierungskosten für den Littmann-Bau nicht bleibt? Ohne einen engen Schulterschluss zwischen Stadt und Land wird aus der Sanierung nichts. Und die Angst vor dem Verlust der Wählergunst ist bei Großprojekten der schlechteste Berater.