Die Opernperformance „Sancta“ ist in Stuttgart immer ausverkauft. Wo Erfolg ist, ist Merchandising nicht weit. Jetzt gibt’s ein schräges Sweatshirt zum Aufreger: „In der Oper gewesen, gekotzt“. Wer steckt dahinter?
Wenn an diesem Samstag in Stuttgart die Operninszenierung „Sancta“ erneut aufgeführt wird, über die Zeitungen in halb Europa schreiben, wird es an den Eingängen des ausverkauften Opernhauses mehr Securitykräfte geben als gewohnt. Die Staatsoper, die Teil des größten Mehrspartenhauses Europas ist, will auf Nummer sicher gehen, vor allem das Team der österreichische Performancekünstlerin Florentina Holzinger schützen, die Gewaltdrohungen erhalten hat. Aufgebrachte Kritiker reden von „Katholiken-Bashing“ in dem umstrittenen Stück.
Es könnte sein, dass an diesem Abend mehrfach etwas Ungefährliches, weil lustig Gemeintes zu sehen ist – ein Sweatshirt mit dieser sonderbaren Aufschrift: „In der Oper gewesen, gekotzt“.
Falsche Überschrift im Übereifer
Johannes Lachermeier, der Direktor Kommunikation an der Staatsoper Stuttgart, hat sich ein Exemplar für 35 Euro in Pink gekauft und das Foto davon bei Instagram gepostet. Achtung, SATIRE! Übergeben habe sich bisher niemand wegen „Sancta“, versichert Lachermeier, obwohl man bundesweit anderes lesen konnte. Fälschlicherweise wählte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ etwa folgende Überschrift: „In der Oper gewesen, gekotzt“.
Die „Skandalisierung in einigen Medien“, so Lachermeier, führte wohl dazu, dass nicht alle verbreiteten Fakten immer stimmten. Selbst kluge Köpfe der „FAZ“ schickten Fake News ins Netz. Richtig ist, dass sich bei den ersten beiden Aufführungen von „Sancta“ der Besucherdienst und das Sanitäterteam um 18 Personen kümmerten. Falsch aber ist, dass sich eine dieser Personen übergeben musste – selbst dann nicht, wenn er oder sie die Oper mit echtem Blut, Piercingvorgängen, dem Zufügen einer blutigen Wunde sowie Sexszenen zum Kotzen fand.
Müssen Nacktheit und Verletzungen auf der Bühne sein?
Am Merchandising-Stand der Oper wird es das neue Sweatshirt (erhältlich ist es in verschiedenen Größen und Farben, aber stets in der Passform „Unisex“) nicht geben. Die Idee entstand auf X, als Martin Elbert von Kessel-TV seine Späße über die nachweislich falsche „FAZ“-Schlagzeile „In der Oper gewesen, gekotzt“ machte. Johannes Lachermeier las dies und stieg in die Debatte ein.
„Dann hat Martin Elbert den Pulli on demand in seinen Onlineshop gestellt“, berichtet der Kommunikationsdirektor der Staatsoper und fährt fort: „Ich glaube, ich war einer der ersten Besteller.“ Noch mehr Kollegen der Oper orderten das Teil – und wohl auch Fans der Inszenierung.
Müssen Nacktheit und Verletzungen auf der Bühne sein? Dazu erklärt die Oper auf ihrer Homepage: „Klar, Theater und Oper imitieren die Realität lediglich: Wenn auf der Opernbühne geliebt, gelitten und gestorben wird, ist das alles nur gespielt. Anders sieht es bereits seit Jahrzehnten bei der Performance Art aus: Hier verkörpert die performende Person keine Figur, hier ist der Körper selbst das Medium – und besonders in Florentina Holzingers Arbeiten ist selbstverständliche Nacktheit ein ganz zentrales Ausdrucksmittel.“
„Das Opernhaus war nie eine Krankenstation“
Hitzig wird darüber diskutiert, ob „Sancta“ nicht zu heftig und zu provokant inszeniert ist. Was Lustiges in dieser aufgeregten Debatte sei gut, findet Lachermeier und betont: „Das Opernhaus war aber nie eine Krankenstation und wird es aller Voraussicht nach auch bei den nächsten Vorstellungen nicht werden.“
Das gibt es halt nur in Stuttgart: „Oper bis der Arzt kommt“ – diese Schlagzeile konnte man gleich mehrfach lesen, etwa bei „Der Standard“ in Österreich, bei der „Badischen Zeitung“ und auf der Onlineseite des Deutschlandfunks.
„Oper bis der Arzt kommt“ – diese fünf Worte werden, wenn es so weitergeht, bestimmt auch bald schon zum Shirt. Wahrscheinlich reicht’s am Ende gar zum Jugendwort des Jahres: „Du bist voll Sancta!“