Das Büro LRO Architekten aus Stuttgart hat den Wettbewerb um den 85 Millionen teuren Interimsbau der Nürnberger Oper gewonnen. Der begrünte Bau entsteht inmitten des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes der NSDAP. Das sind die Herausforderungen.
Das Stuttgarter Architekturbüro LRO hat schon mit dem viel gepriesenen Neubau des Münchner Volkstheaters gezeigt, dass es Kulturstätten entwerfen – und pünktlich fertigstellen – kann. Nun plant das Büro für die Oper und das Ballett der Stadt Nürnberg ein Zuhause auf Zeit.
Nicht nur in Stuttgart ist das Opernhaus dringend sanierungsbedürftig, sondern auch in Nürnberg. Das Büro hat den Zuschlag für den Bau eines Interimsgebäudes des Opernhauses am Richard-Wagner-Platz erhalten. Die Kosten für den Ergänzungsbau liegen voraussichtlich bei 85,5 Millionen Euro.
Gebaut werden soll ab 2025 auf heiklem Terrain: Entstehen werden die Proberäume, die Spielstätte für 800 Zuschauer samt diversen Räumen für die freie Szene auf dem einstigen Reichsparteitagsgelände. Auf dem Areal im Südosten Nürnbergs fanden von 1933 bis 1938 die Reichsparteitage der NSDAP statt.
Ein begrüntes Gebäude als Gegenentwurf
Wie gestaltet man Neues an einem Unort inmitten nationalsozialistischer Monumentalarchitektur? Geboten und gewünscht war keine exponierte Architektur. Der Entwurf stellt ein Gebäude dar, das komplett begrünt ist. So wird grün, was einst grün war: das Reichsparteitagsgelände entstand auf einer ehemaligen Waldfläche, stellt also zugleich eine Art Rückbau (der Natur) dar.
„Die Erscheinung des geplanten Neubaus nimmt bewusst die Gegenposition des massiven Hufeisens ein“, heißt es vom Büro LRO: „Grün entsteht an einem Ort, an dem auf natürlichem Weg nichts wachsen kann. Die Grünfassade mit ihren Nistkästen und Insektenhabitaten bringt Leben im sprichwörtlichen Sinne in den Innenhof, in dem ansonsten weder Pflanzen noch Tiere lebensfähige Bedingungen vorfinden.“
Der Nürnberger Stadtrat hatte sich in seiner Sitzung vor wenigen Tagen mit großer Mehrheit der einstimmigen Empfehlung der Opernhaus-Kommission für die Vergabe des neu zu errichtenden Ergänzungsbaus an das Architekturbüro angeschlossen. LRO wird das Gebäude mit der Baufirma Georg Reisch aus Bad Saulgau realisieren. Die Architekten und die schwäbische Baufirma haben mehrfach erfolgreich zusammengearbeitet, darunter beim Landratsamt in Esslingen und beim Münchner Volkstheater.
Grundlage für diese Entscheidung war ein europaweites Verfahren, das die gemeinsame Vergabe der Planungs- und Bauleistungen ermöglicht. „Solche Totalübernehmer-Verfahren haben sich vor allem bei Großbauprojekten bewährt, weil das Prinzip ,Alles aus einer Hand’ eine zügige und effiziente Realisierung von Bauprojekten gewährleistet“, begründet die Stadt ihr Vorgehen.
Auch in Stuttgart wurde kürzlich bei der Vergabe des Besucherzentrums auf dem Weißenhof ein solches Verfahren „schlüsselfertig aus einer Hand“ gewählt. Die Bietergemeinschaft Zech Hochbau AG / Barkow Leibinger Gesellschaft von Architekten mbH wurde, so teilen es Stadt und IBA ’27 mit, wegen ihrer herausragenden architektonischen und städtebaulichen Qualität sowie ihres nachhaltigen und innovativen Energiekonzepts von der Jury unter Vorsitz von Dörte Gatermann ausgewählt. Auch da gilt es, den sportlichen Zeitplan einzuhalten. Das Gebäude soll pünktlich zu Beginn der Internationalen Bauausstellung 2027 bespielbar sein.