Viktor Schoner soll Jossi Wielers Nachfolger an der Stuttgarter Oper werden. Foto: Wilfried Hösl

Am Mittwochabend hat eine Findungskommission dem Verwaltungsrat der Staatstheater Stuttgart den amtierenden Künstlerischen Betriebsdirektor der Bayerischen Staatsoper München als Nachfolger Jossi Wielers vorgeschlagen. Das Votum war einstimmig.

Stuttgart - Und es wird: ein Bratscher. Musiker, die sich gerne Witze über Vertreter der mittleren Streicherstimmen im Orchester erzählen, mögen jetzt lächeln. Andere werden nachdenken und sich sagen, dass dies so fern nicht liegt. Ein Mann der Musik, also der Kunst (also kein Verwaltungsfachmann) und ein Mann der Mitte soll die Oper Stuttgart ab 2018 leiten: also einer, der eben jene kommunikative Persönlichkeit sein könnte, die man sich für das Stuttgarter Modell der vier kooperierenden Intendanten (Oper, Schauspiel, Ballett, Geschäftsführung) gewünscht haben mag.

„Wir sind der Überzeugung“, verkündeten Baden-Württembergs Kunstministerin Theresia Bauer und Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn am Mittwoch im Schulterschluss, „dass wir mit Viktor Schoner eine Persönlichkeit gefunden haben, die sich hervorragend für diese Position eignet und sich bestens in das Stuttgarter Intendantenmodell einbringen wird.“

Einstimmiges Votum der Findungskommission

„Intensive Recherche“ und „persönliche Gespräche“, heißt es außerdem, seien der Entscheidung vorausgegangen. Am Montag (15. Februar) wird sich Schoner dem Verwaltungsrat der Staatstheater vorstellen; man darf davon ausgehen, dass ihn dieses Gremium anschließend offiziell als Nachfolger des seit 2011 amtierenden Jossi Wieler (64) benennt, der wieder stärker als Regisseur arbeiten möchte und deshalb seinen Vertrag als Opernintendant über 2018 hinaus nicht nochmals verlängern wollte.

Die Entscheidung der Findungskommission, der neben Bauer und Kuhn (beide Grüne) die Landtagsabgeordneten Sabine Kurtz (CDU) und Helen Heberer (SPD), die Stadträte Iris Rüpsam (CDU) und Andreas G. Winter (Grüne) sowie (als „fachlicher Berater“) der Intendant der Oper Frankfurt, Bernd Loebe, angehörten, ist aber deshalb überraschend, weil den 42-jährigen Musiker, Musikwissenschaftler, Dramaturgen und langjährigen Mitarbeiter Gérard Mortiers (bei den Salzburger Festspielen, der Ruhr-Triennale (deren erste Ausgabe 2002 bis 2004 er maßgeblich mit entwickelte) und der Pariser Opéra Bastille) kaum einer kennt.

Ein Mann der Basis, ein Mann von außen

Seit 2008 ist Schoner Künstlerischer Betriebsdirektor der Bayerischen Staatsoper – und Stellvertreter des Intendanten Nikolaus Bachler. Das heißt, er ist also verantwortlich dafür, dass Spielplan, Sängerbesetzungen und Verträge aufeinander abgestimmt sind. Schoner ist also gleichsam ein Mann von der Basis. Oder, anders gesagt: ein Mann aus der zweiten Reihe. Die Idee, einen Prominenten von außen nach Stuttgart zu holen, ist damit vom Tisch- und hätte zum Stuttgarter Prinzip der vier kommunizierenden Kunst-Sparten auch nicht gepasst.

Der Stallgeruch der Ära Zehelein, der noch Jossi Wieler anhaftete und der der Oper Stuttgart eine ganz eigene Tradition bescherte, haftet dem Neuen nicht an. Hätte man diese Tradition fortführen wollen, dann hätte man sich für die amtierende Operndirektorin Eva Kleinitz entscheiden müssen (die ebenfalls unter den Kandidaten war). Oder man hätte Julian Votteler, ehemals Chefdramaturgin unter Zehelein und jetzt Intendantin am Stadttheater Augsburg, zurückholen müssen an den Eckensee. Beides ist nicht geschehen.

Prüfstein Opernsanierung

Ein Argument für eine hausinterne Lösung wäre auch die Tatsache gewesen, dass 2018, wenn Jossi Wieler geht, die lange geplante Generalsanierung der Oper ins Haus steht; während mehrerer Jahre den Ausnahmezustand in der Oper kreativ zu planen, ist eine Aufgabe, bei der eine intime Kenntnis der Strukturen, Gewerke und Befindlichkeiten vor Ort nicht schadet.

Sie wird sich Schoner aneignen müssen. Als Mann der Kunst und der Verwaltung, der in Aschaffenburg aufwuchs, in Berlin und New York studierte, dann unter anderem in Salzburg, Paris und München lebte und arbeitete, dürfte dies kein Ding der Unmöglichkeit sein.