Mandy Fredrich Foto: Ellen Schmaus

Am Sonntag hat an der Oper Stuttgart Mozarts „Così fan tutte“ Premiere. Mit dabei ist die Sopranistin Mandy Fredrich, die ab der kommenden Spielzeit fest im Ensemble engagiert sein wird.

Stuttgart - Wo um Himmels willen ist jetzt das? „Die deutsche Sopranistin“, liest man auf Mandy Fredrichs Homepage, „wuchs in Rädigke im Fläming auf.“ Gesteht man der Sängerin seine geografische Ignoranz, so klärt einen diese lachend auf: Im Süden von Berlin sei das, noch im Land Brandenburg, aber hineinschreiben in ihre Biografie wolle sie diese Hilfestellung keinesfalls. „Die Leute sollen den Fläming ruhig mal googeln“, sagt Fredrich bestimmt, „und im Internet diese interessante Kulturlandschaft entdecken.“ Schließlich seien im Fläming entscheidende Schlachten gegen Napoleon gewonnen worden.

Mandy Fredrich selbst kämpft zwar nicht gegen Franzosen, wohl aber (noch) mit dem Französischen, das sie sich zurzeit neben den Proben zu Mozarts „Così fan tutte“ aneignen muss. Sie singt nämlich nicht nur in der Oper Stuttgart von diesem Sonntag an die Fiordiligi, sondern studiert gleichzeitig die Antonia ein. Dabei ist Eile geboten, denn für diese Partie in Jacques Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“, die sie eigentlich erst in der nächsten Saison in Stuttgart singen sollte, ist sie gerade als Einspringerin von den Bregenzer Festspielen verpflichtet worden. Premiere: 23. Juli.

Die Proben im dortigen Festspielhaus beginnen Anfang Juni. Dann wird die 35-Jährige zwischen Stuttgart und dem Bodensee hin- und herpendeln. Hinzu kommt die Bayerische Staatsoper München, denn dort wird sie die Rolle singen, die sie berühmt gemacht hat: die Königin der Nacht in der „Zauberflöte“.

Wer die Königin der Nacht singt, gerät leicht in eine Schublade

Eine leichte Stimme also, beweglich, hoch. Wer die Königin der Nacht singt, gerät leicht in eine Schublade. „Viele Leute“, sagt Mandy Fredrich, „denken dann nicht, dass man vielleicht doch mehr kann, als nur drei hohe Töne zu singen.“ Natürlich habe sie die Höhe und Dramatik für diese Partie. Aber eigentlich tendiere sie eher ins Lyrische, und sie liebe das „breite Spektrum“, das sie etwa auch mit der „Figaro“-Gräfin abgedeckt hat. Zu der Vielfalt, die sie mag, gehört jetzt auch die Fiordiligi – eine Partie, die Fredrich als „gerade perfekt für mich“ empfindet, „denn sie geht ja sehr tief, und auch diese Tiefe habe ich, außerdem hat Fiordiligi lyrische und dramatische, leise und laute Momente, große Ausbrüche, zerbrechliche Piano-Töne – eine große Bandbreite, und das macht richtig Spaß.“

Das betrifft die Arien dieser Bühnenfigur, also erst das „Come scoglio“ mit den weiten Intervallsprüngen, dann das „Per pietà“, „und das ist fast noch berührender, da können Tränen fließen, auch bei mir selbst, da muss ich aufpassen.“ Hinzu kommen die Ensembles: „eine atemberaubende Gefühls-Achterbahn – am Ende des Abends hat man emotional alles durchlebt, was man durchleben kann“. Eine schöne Anstrengung – und eine Partie, die „komplett anders“ ist als die Königin der Nacht. Bei der könne man sich nie ausruhen, „es ist jedes Mal richtig harte Arbeit, es kann in jeder Vorstellung schiefgehen“, und als Sängerin fühle man sich wie im Korsett.

Blick frei hinter die Bühne

Was geschieht nun aber in Iannis Houvardas’ Inszenierung von „Così fan tutte“, was geschieht auf Herbert Murauers Bühne, die ein aufgeschnittenes Haus zeigt? „Die Sänger“, sagt Mandy Fredrich, „sind immer auf der Bühne, immer in einem der Zimmer, und so können die Zuschauer alles sehen, was sonst hinter der Bühne geschieht – also beispielsweise auch das, was passiert, wenn Fiordiligi und Ferrando im Garten spazieren gehen .“ Außerdem seien es in Stuttgart „keine fremden Männer“, die ihr und Dorabella begegnen: „Alle wissen um die Wette, und wir können auf der Bühne alles hören, was die anderen singen“.

Man darf gespannt sein. Auch darauf, wie Mandy Fredrich nächste Saison als festes Mitglied des Stuttgarter Sängerensembles die Carmen singen und gestalten wird. Etwas Besonderes wird es auf jeden Fall. „Ich war schon immer ein Bühnenmensch“, sagt die Sängerin von sich. Wer sie in Stuttgart 2012 in der Titelpartie von Glucks „Iphigenie in Aulis“ erlebt hat, der weiß, dass diese Selbsteinschätzung unbedingt zutrifft. Und wer Fredrichs Biografie trotz der geografischen Wirrnisse ihres Beginns weiterliest, der muss sich zusätzlich bestätigt fühlen. Schließlich liest man dort, wie eine Frau, die erst (als „Mediengestalterin“, sprich: als Toningenieurin) hinter der Bühne bei TV-Sendungen der Deutschen Welle und des RBB ihr Geld verdiente (und nebenbei in einer Coverband Keyboard spielte) über die Gesangspädagogik zum Gesang und über ihren ersten Preis bei der Competizione dell’ Opera in Dresden zur internationalen Karriere kam. Für diesen Wettbewerb hat sie sechs Arien in nur drei Wochen gelernt – bei und mit Renata Scotto.

Dass Mandy Fredrich neben der Gesangsausbildung in Berlin („nachts im Studio, tagsüber ins Studium“) weiter ihrem ersten Beruf nachging, um Meisterkurse und Reisen finanzieren zu können, sagt einiges aus über die Stärke dieser Frau. Die drei parallelen Engagements in den kommenden Wochen wird sie ebenfalls wegstecken – so, wie sie 2012 auch spontan die Gluck-Noten mit in die Flitterwochen nahm, um die Iphigenie für Stuttgart einzustudieren. Ihr Mann ist dennoch bei ihr geblieben – und reist ihr jetzt mit dem gerade sechs Monate alten Stillbaby hinterher. Geschenkt, das geht vorbei. Nur eine Granny, eine Leih-Oma zum Mitreisen: Die wünscht sich die Sängerin noch. Bewerbungen nimmt die Oper Stuttgart sicherlich gerne entgegen.

Premiere am Sonntag, 31. Mai, 18 Uhr. Restkarten an der Abendkasse.