Typisch Stuttgart: Freiluft-Veranstaltungen in der City; hier Ballett im Park Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Stubenhocken war gestern, der moderne Mensch lebt Open Air, findet Lokalchef Jan Sellner und stellt unser Sommerangebot für Daheimgebliebene vor.

Stuttgart - Blickt man auf die Autobahnen und zum Flughafen, verfolgt man die Urlaubsvorbereitungen der Kollegen, Freunde und Nachbarn – man könnte auf die Idee kommen, ganz Stuttgart sei ausgeflogen und weggefahren oder im Begriff, dieses zu tun. Eine Stadt macht Sommerferien. Sie verreist. Zurück bleiben Stallwächter, Sommerbaustellen und Sonstiges.

Das ist allerdings nur die gefühlte Wirklichkeit. Viele Stuttgarter – mehr, als man denkt – verbringen ihre Ferien in naher und nächster Umgebung. Das hat bei manchen mit dem Geldbeutel zu tun, bei anderen damit, dass sie außerhalb der Schulferien verreisen. Außerdem kann man es sich auch hier schön machen. Sehr schön sogar – gerade im Sommer. Groß ist die Zahl der lohnenswerten Ziele in Stuttgart und der Region. Die meisten kennt man dem Namen nach, kommt im Alltag allerdings selten oder nie dazu, sie zu besuchen. Irgendwas ist immer. Bei der Gelegenheit: Wann waren Sie zum letzten Mal auf dem Württemberg? Es lohnt sich.

Vieles hat sich ins Freie verlagert

Den Daheimgebliebenen widmet unsere Zeitung mit sommerlichen Angeboten besondere Aufmerksamkeit. Passend dazu starten wir eine Sommerserie zum Thema Freiluft-Veranstaltungen. Bis 9. September stellen wir Ihnen täglich ein Beispiel aus Stuttgart und der Region vor – bekannte Veranstaltungen wie das am Donnerstag beginnende Stuttgarter Sommerfest und unbekannte wie das Lichterpicknick am Neckarstrand in Remseck. 36 an der Zahl. Gemessen an den immer zahlreicher werdenden Freiluft-Aktivitäten ist das ein kleiner Ausschnitt. Er soll veranschaulichen, wie groß die Bandbreite der Open-Air-Termine inzwischen ist.

In diesem Angebot spiegelt sich ein Lebensgefühl wider, das in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat: der Wunsch, Dinge draußen zu erleben und zu genießen. Vieles hat sich ins Freie verlagert – angefangen von der Gastronomie. Die sprichwörtliche südliche Lebensart ist nach Norden vorgedrungen. Nach Stuttgart allemal. Die Stadt hat sich dem erfreulicherweise angepasst – mit Bistrotischen auf den Trottoirs, Open-Air-Aufführungen in der City und Festen wie dem Henkersfest auf dem Wilhelmsplatz an diesem Samstag. Vor 30 Jahren gab’s das noch nicht. Nicht in dieser Fülle.

„Mehr Omelette als Mensch“

Festzuhalten ist: Stubenhocker war früher. Heute hockt man im Freien nach dem Motto: Nichts wie raus! Dazu passt ein Zitat des Philosophen und Frischluft-Fans Friedrich Nietzsche. An seinen Mitarbeiter Heinrich Köselitz schrieb er einst: „Lieber Freund, was für ein Sommer! Ich denke Sie mir im Zimmer sitzen, mehr Omelette als Mensch.“ Unabhängig vom Temperaturrückgang der vergangenen Tage ist das Omelette-Risiko seitdem stark gesunken. Der moderne Mensch lebt open air. Speziell der Stuttgarter.

Nicht vergessen seien dabei all diejenigen, denen das Rausgehen unmöglich ist, weil sie ans Bett gefesselt sind – wegen Krankheit oder Behinderung. Ihnen ist zu wünschen, dass der Sommer auf andere, liebevolle Weise zu ihnen kommt.

jan.sellner@stzn.de