Weihnachtszeit ist Hochsaison für den Onlinehandel Foto: dpa-Zentralbild

Paypal ist der Platzhirsch bei Online-Bezahlverfahren. Banken und Sparkassen kontern jetzt mit Paydirekt, ihrem gemeinsamen Bezahldienst. Kunden und Händler müssen noch überzeugt werden. Die Maus tritt dem Elefanten auf den Fuß, spötteln Branchenkenner.

Stuttgart - Weihnachtseinkäufe in überfüllten Innenstädten sind nicht nach Jedermanns Geschmack. Immer häufiger sitzen Verbraucher lieber zuhause, klicken sich durchs Internet und kaufen online ein. Die Umsätze im Onlinehandel liegen mittlerweile bei 44 Milliarden Euro in einem Jahr. Der Marktanteil von rund zehn Prozent markiert noch lange nicht das Ende. „Deutschland hat hier im internationalen Vergleich noch Nachholbedarf“, sagt Nikolay Kolev, Partner bei Deloitte Digital.

Die Onlineshopper bezahlen am liebsten per Rechnung. Je jünger die Konsumenten sind und je mehr Erfahrung sie beim Onlineeinkauf mitbringen, desto öfter bezahlen sie mit Paypal, hat das Handelsforschungsinstituts IFH herausgefunden. Und für Horst Rüter vom Handelsinstitut EHI ist Paypal „eine der am stärksten wachsenden Bezahlarten im Internet“. Paypal ist der Platzhirsch unter den Online-Bezahlverfahren, 16 Millionen Deutsche sind dort registriert.

Die deutschen Kreditinstitute hatten dem amerikanischen Rivalen lange nichts entgegen zu setzen. Doch jetzt wollen Privatbanken, genossenschaftliche Banken und Sparkassen gemeinsam mit ihrem Bezahlsystem Paydirekt gegen die übermächtige Konkurrenz antreten. „Mit Paydirekt versucht die deutsche Kreditwirtschaft der Marktmacht von Paypal etwas entgegen zu setzen und sich ein Stück Marktanteil zu verschaffen“, sagt Rüter.

Seit Anfang November bieten Banken Paydirekt an

Einen Big Bang gibt es zum Marktstart nicht. „Der Start von Paydirekt erfolgt bankenindividuell und schrittweise“, sagt Torsten Daenert, verantwortlich für Paydirekt bei der Commerzbank. „Wir legen jetzt nicht einfach den Hebel um, und alle laufen gleichzeitig los.“ Soll heißen, die Institute sind unterschiedlich vorbereitet. Seit Anfang November bietet die Hypovereinsbank ihren Kunden Paydirekt an, es folgten viele Volksbanken, jetzt gehen Commerzbank und Comdirect an den Start. Die Sparkassen, die sich erst spät dem gemeinsamen Projekt angeschlossen haben, werden im Frühjahr 2016 dazustoßen.

Die Commerzbank zeigt sich zuversichtlich, dass sich Paydirekt schnell durchsetzen wird. Für 2016 peilt sie „mindestens 250 000 Kunden an, die Paydirekt nutzen werden“, sagt Torsten Daenert. Ziel sei, „Paydirekt zum Standard für Online-Bezahlverfahren in Deutschland zu machen“. Das Angebot kann vorerst auch nur in Deutschland genutzt werden.

Damit Paydirekt ein Erfolg wird, muss das Verfahren von möglichst vielen Online-Händlern akzeptiert werden. Denn nur dann werden sich Kunden auf den neuen Anbieter einlassen. Von daher ist der Startpunkt des neuen Bezahldienstes nicht sonderlich geschickt gewählt. Denn im Weihnachtsgeschäft haben Händler anderes zu tun, als mit Paydirekt zu verhandeln und sich um die technischen Voraussetzungen zu kümmern. Bisher konnte Paydirekt zehn Händler gewinnen. Darunter den Lifestyle-Shop D-Living, den Haribo-Shop, den Hersteller von Heimfitnessgeräten Sport Tiedje, die Online-Druckerei Flyermaschine und Alternate, einem Spezialisten für Haushalts- und Unterhaltungselektronik. Mit der Metro-Gruppe laufen Verhandlungen. „Jede Woche kommen neue Händler dazu“, sagt Daenert.

Die Banken werben mit Sicherheit

Ein Hebel, um Händler zu gewinnen, ist sicherlich der Preis. Denn für Verbraucher ist Paydirekt kostenlos, doch Händler zahlen für den Dienst. „Paypal ist für die Händler nicht die günstigste Online-Bezahlart“, sagt Handelsexperte Rüter. „Ein zusätzlicher Wettbewerber ist dem Handel willkommen.“

Bei den Verbrauchern, die im Internet einkaufen, wirbt Paydirekt mit Sicherheit und einer einfachen Handhabung. Der Verbraucher braucht ein Online-Girokonto bei seiner Bank oder Sparkasse. Die Einkäufe werden dann direkt über das Girokonto abgerechnet, ohne dass ein Dritter dazwischengeschaltet ist. Der Zahlungsverkehr läuft über deutsche Server, sensible Kontodaten oder Informationen zu den Einkäufen würden nicht an Dritte weitergegeben, es gilt der deutsche Datenschutz.

Für die Zahlung im Internet benötigt der Kunde nur seinen Benutzernamen und das Passwort. Wenn er sich bei Paydirekt registrieren lässt, legt er den Nutzernamen – beispielsweise die E-Mail-Adresse – und das Passwort fest. Zur Sicherheit werden diese Angaben mit einer TAN (Transaktionsnummer) bestätigt.

Es gibt bereits zahlreiche Bezahlverfahren

Ob die Sicherheitsaspekte beim Kunden punkten, bezweifeln Branchenbeobachter. „Es gibt bereits zahlreiche Bezahlverfahren, die genutzt werden“, sagt Nikolay Kolev von Deloitte Digital. „Paydirekt steigt in einen bereits gewachsenen Markt ein.“ Deutlicher sagt das Markus Schaffrin von Eco, dem Verband der Internetwirtschaft: „Der Kuchen ist schon verteilt.“ Es werde schwer, verloren gegangenes Terrain zurück zu erobern.

Kai Falk dagegen hält es für „überfällig“, dass eine nationale Bezahlplattform entsteht. Für den Geschäftsführer des Handelsverband Deutschland (HDE) wäre das ein großer Fortschritt für den Verbraucher. „Der Markt entwickelt sich schnell – dem müssen sich Anbieter wie Paydirekt anpassen“, mahnt Kolev. „Um erfolgreich zu sein, muss Paydirekt jetzt sehr schnell einige Hundert Händler gewinnen.“ Der Erfolg, bringt es Schaffrin auf den Punkt,„steht und fällt mit den Händlern.“