Edgar Engist (links), Sven de Vries und das Schaf Erika Foto: dpa

Vor zwölf Parlamenten in Deutschland fordern Schäfer eine Weidetierprämie – das Überleben ihrer Betriebe sei sonst nicht gesichert.

Stuttgart - Ein einziges Schaf kann schon eine Sensation sein, zumindest wenn es vor dem Haupteingang des Landtags in Stuttgart steht – am Donnerstag blieben Schulklassen stehen, eine Staatssekretärin und Abgeordnete kamen, sogar das Fernsehen war da. Das Schaf Erika gehört Sven de Vries, einem der letzten deutschen Wanderschäfer; normalerweise zieht er mit seinen 550 Mutterschafen durch Oberschwaben. Seine Botschaft in Stuttgart: Den Schäfern gehe es so schlecht, dass die Politik ein Notprogramm starten müsse. Er verlangt eine Weidetierprämie, durch die ein Schäfer 38 Euro pro Mutterschaf erhält.

Sven de Vries ist nicht allein mit seiner Forderung. Andere Schäfer demonstrierten zur gleichen Zeit vor elf weiteren Landtagen, auch der Bundesverband Berufsschäfer steht dahinter. Und de Vries, der ein moderner Schäfer ist und gerne von unterwegs bloggt, hat die Onlinepetition #SchäfereiRetten gestartet, die bereits mehr als 120 000 Menschen unterschrieben haben und die noch bis zur Agrarministerkonferenz am 25. April läuft. Die Unterschriften übergaben de Vries und sein Kollege Edgar Engist aus dem Südschwarzwald an Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) in Form eines USB-Sticks: „Der Umwelt zuliebe habe ich auf den Ausdruck verzichtet“, sagte de Vries.

In 22 EU-Ländern gibt es eine Weidetierprämie bereits

Viele Schäfer geben auf, weil die Arbeit immens und die Entlohnung gering sei, sagt de Vries. In Baden-Württemberg habe sich zuletzt einiges verbessert, aber das reiche nicht aus. Die EU erlaube eine Weidetierprämie für Schafe und Ziegen, 22 Länder würden sie auch anwenden; in Deutschland dagegen gebe es sie nur für Rinder. Die beiden Schäfer stießen vor dem Landtag auf viel Sympathie, aber auf wenig Unterstützung. Eine solche Prämie würde enorm viel bürokratischen Aufwand verursachen, sagte Gurr-Hirsch. Vor der nächsten EU-Förderperiode, die 2020 beginnt, wolle man deshalb nicht darüber nachdenken: „Wir sind da sehr vorsichtig“, formulierte Gurr-Hirsch ihre Ablehnung.

Die EU müsse zunächst die Kontrollvorschriften deutlich verringern, betonte auch Agrarminister Peter Hauk (CDU). Auch die grüne Landtagsabgeordnete und Landwirtin Martina Braun blieb skeptisch: Sie müsse für jedes einzelne ihrer 40 Rinder täglich notieren, ob es auf der Weide gewesen sei. Für große Schäfereien sei dieser Aufwand nicht zu stemmen. Sven de Vries bleibt Optimist, sagte aber: „Wir brauchen jetzt Hilfe; in ein paar Jahren kann es zu spät sein.“