Freund vom Ministerpräsidenen werden: Winfried Kretschmanns Facebook-Seite Foto: Screenshot

Neu geschaffenes Referat Online-Kommunikation will Internetnutzer stärker einbinden.

Stuttgart - Die Landesregierung dringt weiter in die Weiten des Internets vor. Von kommender Woche an meldet sich Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) täglich über den Kurznachrichtendienst Twitter. Doch Experten warnen vor inhaltlicher Belanglosigkeit.

140 Zeichen müssen genügen. So lange darf ein Twitter-Text (to twitter: zwitschern) höchstens sein. Der Absender muss damit seine Botschaft rüberbringen. Kurz sollte sie also sein - daran darf sich auch Ministerpräsident Kretschmann gewöhnen. Er, der seine Gedankengänge gerne wort- und umfangreich darlegt.

"Wir werden viele aktuelle Pressemitteilungen verschicken", sagt Tilo Berner, Leiter des Referats Online-Kommunikation im Staatsministerium. Das Referat, neben Berner mit einem weiteren Mitarbeiter besetzt, wurde nach der Landtagswahl neu geschaffen - ebenso wie Berners Stelle. Er war vorher verantwortlich gewesen für die Öffentlichkeitsarbeit der Südwest-Grünen - wo er sich bereits als Experte für soziale Netzwerke im Internet hervortat.

Jetzt also heißt der Auftrag: Die Internetgemeinde vertraut machen mit der Landespolitik. "Die Chance ist, dass wir wegkommen von der Einwegkommunikation von oben nach unten", sagt Berner. Soll heißen: Der Internetnutzer ruft die Seite der Landesregierung auf, liest die Texte dort und klickt zur nächsten Seite. "Wir müssen zu einem echten Dialog von Internetnutzern und Politikern kommen." Und der ist kein Problem beim Kurznachrichtendienst Twitter. Die Internetnutzer können Nachrichten des Regierungschefs kommentieren, dieser kann darauf antworten. Doch Kretschmann selbst verschickt die Kurznachrichten nicht - er lässt zwitschern. Entweder Regierungssprecher Rudi Hoogvliet oder Berner und sein Mitarbeiter erledigen das. "Da darf dann ruhig auch eine persönliche Note dabei sein." Zum Beispiel in Form von Kommentaren oder Anmerkungen.

Kretschmann auf Facebook präsent

Doch Twitter ist nicht das einzige soziale Netzwerk, in dem sich die Landesregierung voranhangelt. Ministerpräsident Kretschmann ist mit einer Seite auf Facebook präsent, mit regelmäßigen Interviews beim Videoportal You Tube, bald will die Landesregierung auch bei Flickr (to flicker: flimmern) dabei sein, ein Internetportal, in dem man Bilder hochladen und mit anderen Nutzern teilen kann.

"Die baden-württembergische Landesregierung ist in dieser Hinsicht fortschrittlicher als andere Landesregierungen", sagt Gregor Hackmack, der Mitbegründer der Internetplattform Abgeordnetenwatch.de. Doch neue Kommunikationskanäle wie Twitter dürfe man nicht unterschätzen, sagt er. "Viele Politiker machen sich gar nicht klar, dass man auf Nachrichten der Nutzer auch antworten sollte." Soziale Netzwerke würden schließlich nicht als Einbahnstraße funktionieren.

Hackmack kennt Beispiele, wie man es nicht man sollte. Zum Beispiel wie Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Sie berichte via Twitter regelmäßig über ihren Politiker-Alltag. "Rückkoppelungen lässt sie nicht zu." Doch genau die seien so wichtig, wenn man soziale Netzwerke effektiv nutzen wolle. "Man darf Twitter nicht ausschließlich fürs Selbstmarketing nutzen." Und wer sich umfassend über die Veranstaltungen der Landesregierung informieren wolle, sei mit einer Tageszeitung sowieso besser bedient als mit Twitter. "Den klassischen Journalismus wird das nicht ersetzen."