Hinter dem Projekt steckt der Musiker und Komponist Alexander Schubert Foto: Pressematerial Schubert

Auf der Homepage Wiki-Piano.Net können Interessierte ein Werk online mitgestalten. Was bei dem Experiment im Rahmen des Podium Festivals in Esslingen herauskommt, bleibt bis zum Schluss eine Überraschung.

Esslingen - Der Bremer Komponist Alexander Schubert stellt beim Esslinger Podium-Musikfestival zum ersten Mal ein interaktives, digitales Werk vor. Das Besondere bei dem Projekt: das Stück ist im Prinzip weder von ihm, noch von einem anderen Komponisten, sondern von vielen unterschiedlichen Mitwirkenden aus aller Welt und steht seit Anfang April unter der Seite wiki-piano.net im Internet für alle Interessierten zur Bearbeitung und Gestaltung bereit.

Es können Noten eingefügt und verändert werden, Videos, Fotos, Audio-Dateien, Texte hochgeladen werden und man kann sogar Anweisungen an den Musiker geben, der das Stück aufführen wird. Am Präsentationstag, dem 26. April, wird dann die Version auf der Bühne aufgeführt, zu der das Werk bis dahin von der Netzgemeinde umgestaltet wurde. Die Vorstellung, dass es sich dabei um ein klassisches Klavierkonzert handelt, ist völlig falsch. „Es wird zusätzlich zu den Noten, dem Text und den performativen Inhalten für den Pianisten auch eine parallel dazu laufende Installation für Visuelles geben“, so der Musiker Schubert. Das Stück werde genau so aufgeführt, wie es sich auf der Website von oben nach unten darstelle.

Unzählige Versionen gab es bereits

Das Projekt Wiki-Piano.net ist ein Teil des bebeethoven-Konzepts der Podium-Macher. „Alexander Schubert will dabei dem revolutionären Geist Beethovens nachspüren und gewohnte Strukturen aufbrechen. Er spielt mit der Idee des multimedialen Komponierens und will gemeinschaftlich ein Stück entwickeln“, erläutert Julia Knobloch aus dem Podium-Team.

Seit dem Start des Online-Projektes wurde das Werk bislang 6527 Mal von insgesamt 192 Nutzern (Stand 16. April, 15:43 Uhr) bearbeitet. Die Bearbeitungsschritte und die Statistik sind ebenfalls auf der Seite dargestellt, sodass die Entwicklung transparent ist. Weder der Komponist Schubert noch die Podium-Macher wissen genau, was tatsächlich am Konzerttag aufgeführt wird. Bis etwa ein bis zwei Tage vor dem Aufführungstag kann man online noch mitgestalten. „Ich glaube, das ist erst die Spitze des Eisbergs. Da ist sicherlich online im Bereich gemeinschaftliches Komponieren noch viel mehr möglich ,“so Schubert.

Doch ihm geht es bei Wiki-Piano.net auch um das zeitgemäße Widerspiegeln der Realität. „Kommentare verfassen und mitgestalten ist seit dem Internet und den sozialen Medien völlig normal. Für uns stellt sich in dem Projekt auch die Frage, wie wir mit irrsinnigen Kommentaren umgehen. Zum Beispiel hat eine Nutzer bei dem Projekt die Anweisung an den Pianisten gegeben, das Klavier anzuzünden. Da müssen wir noch sehen, wie wir damit umgehen“, so der Initiator des Projekts. Auch die Frage, wie lange die Performance seiner Meinung nach auf der Bühne dauern wird, sei noch offen. „Dadurch, dass die Nutzer die Module theoretisch auf null stellen können oder die Anweisung geben können, der Pianist soll zwei Stunden schlafen oder nach Südamerika auswandern, kann ich das nicht vorhersagen. Realistischerweise denke ich jedoch, dass die Aufführung etwa 15 bis 25 Minuten gehen wird.“

Spannend bis zum Schluss

Mit dem Projekt erfüllt sich Schubert übrigens auch einen Wunsch: Einmal Beobachter und nicht Gestalter sein. So dürfte er genauso wie das Publikum gespannt auf den experimentellen Abend sein. „Ich bin extrem neugierig und freue mich am meisten, wenn etwas passiert, mit dem ich nicht gerechnet habe.“

Am 26. April, 20 Uhr, wird das Werk im Komma Esslingen bei der Podium-Veranstaltung „Prolog-Dies alles gibt es also“ aufgeführt.

Hier können Interessierte mitkomponieren
wiki-piano.net