Heute teuer, morgen billig: Wer seinen Urlaub im Internet bucht, ist mit Preisschwankungen konfrontiert. Hotels, Airlines und Buchungsportale setzen auf variable Preise durch Rechenprogramme. Das birgt aber auch Chancen.

Eine Reise im Internet zu buchen, ist eine bequeme Sache. Mit ein paar Klicks nur ist der Urlauber seinem Traumziel einen großen Schritt näher: Man sucht sich eine schöne Unterkunft aus, wählt Abflughafen und gewünschten Reisezeitraum aus und klickt auf „Verfügbarkeit prüfen“. Die Überraschung folgt prompt. Nach der Verfügbarkeitsprüfung zeigt das Buchungsportal statt des zunächst beworbenen Preises von 1300 Euro für den zweiwöchigen Pauschalurlaub nach Fuerteventura plötzlich 1500 Euro - das ist eine Steigerung von 15 Prozent. „Der Reiseveranstalter meldet eine Preiserhöhung“, heißt es dann lapidar. Oder: „Diese Reise ist leider schon ausgebucht.“ Wie kann das sein?

„Die Angebote auf Buchungsportalen sind in der Regel nicht vakanzgeprüft, das Ergebnis kommt aus dem virtuellen Speicher“, erklärt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV). Der Grund: Die Reservierungssysteme würden sonst unter der Vielzahl an Zugriffen (Traffic genannt) zusammenbrechen. Zudem kostet jede Anfrage den Anbieter bares Geld. Bei mehreren Millionen Anfragen pro Woche kommen beträchtliche Summen zusammen. Das können Buchungsportale wie Aidu oder Expedia nicht leisten.

Deshalb ist die Trefferliste nicht vakanzgeprüft. Das bedeutet, es werden bloß die (statischen) Katalogpreise angezeigt. Prüft man die tatsächliche Verfügbarkeit des Angebots und ist dieses bereits ausgebucht, landet man in der nächsthöheren Buchungsklasse - das Angebot wird entsprechend teurer. Anders ist es im stationären Reisebüro: „Dort erstellt der Mitarbeiter eine Liste mit buchbaren Preisen in Echtzeit und nicht aus dem Speicher“, so Schäfer. Die Preisfluktuation ist ein normaler marktwirtschaftlicher Vorgang.

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis

Dass die Ferienwohnung auf Mallorca im Winter billiger als im Sommer ist, dürfte ebenso wenig überraschen wie die Tatsache, dass Hotelzimmer während Messeveranstaltungen besonders teuer sind. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Aber im Online- Geschäft können sich die Parameter minütlich ändern. Der Internetnutzer kennt das: Gerade hat man im Internet ein günstiges Angebot für einen Flug von Frankfurt nach New York entdeckt und möchte wenige Minuten später buchen - doch dann wird ein ganz anderer Preis angezeigt.

Dahinter steckt keine Lotterie, sondern ein ausgeklügeltes System. Airlines, Hotels und Buchungsportale setzen zunehmend auf dynamische Preisgestaltung. Dabei werden die Preise mit Hilfe von Algorithmen angepasst - eine Art Handlungsanweisung für einen Computer, vergleichbar mit einem Kochrezept. Fluggesellschaften machen dabei ihre Tarife von der Tageszeit abhängig. Flüge am Morgen sind tendenziell teurer als abends, weil man dann mehr vom Tag hat. „Flüge sind eine verderbliche Ware wie Joghurt oder Fisch“, erklärt der Ökonomieprofessor Benny Moldovanu von der Universität Bonn. Die Algorithmen richten ihre Preisgestaltung in Abhängigkeit verschiedener Faktoren wie die durchschnittliche Stornoquote der Konkurrenz, Auslastung und Anzahl verbleibender Tage bis zum Abflug aus - in Echtzeit, versteht sich.

Für die Airlines hat das einen entscheidenden Vorteil: Sie können besser kalkulieren und schneller auf die Marktlage reagieren. Ist die Nachfrage hoch, kann die Fluggesellschaft den Preis anziehen. Stagniert die Nachfrage, kann sie versuchen, die verbliebenen Plätze mit Billigpreisen attraktiver zu machen und so freie Kapazitäten besser auszunutzen. Auf Grundlage von Buchungsdaten der vergangenen Jahre und dem Suchverhalten im Netz ermitteln Computer, wie sich die Nachfrage in der Zukunft entwickeln wird.

Daran passen sie das Preisgefüge an. Doch für den Verbraucher ist oft nicht ersichtlich, warum derselbe Flug zur selben Uhrzeit bisweilen das Vierfache kostet - die Preisbildung ist intransparent geworden. Ist es aus Verbrauchersicht fair und transparent, wenn Computer und nicht mehr Menschen den Preis bestimmen? Eine Sprecherin des Bundesverbands der Verbraucherzentrale (VZBV) teilt auf Anfrage mit: „Selbstlernende Algorithmen können in Echtzeit eine Vielzahl an Informationen berücksichtigen, die Verbrauchern nicht zur Verfügung stehen und die die Preisbildung schwer nachvollziehbar machen. Wenn zunehmend selbstlernende Algorithmen auf Basis großer Datenmengen Preise gestalten, führt dies zu einer erheblichen Informationsasymmetrie zulasten der Verbraucher.

Die Buchung im Internet wird zur Lotterie

Sie wissen zwar in der Regel, dass sich Flugtickets verteuern, je näher das Abflugdatum rückt; wenn aber Preise auf Smartphones höher sind als am Computer oder wenn sich Preise aufgrund nicht nachvollziehbarer Mechanismen im Minutentakt ändern, kann das Verbraucher sehr verunsichern.“ Zudem stellt sich die Frage, wie Preisvergleiche Transparenz im Markt schaffen sollen, wenn sich Preise zunehmend hochdynamisch ändern oder sogar individuell an die vermeintliche Zahlungsbereitschaft einzelner Nutzer anpassen.

Die Buchung im Internet wird so zur Lotterie. Urlauber können sich die Schwankungen der Preise aber auch zunutze machen. Das Berliner Start-up-Unternehmen DreamCheaper bietet mit einem technischen Kniff kostengünstige Buchungen an. Es funktioniert so: Man bucht ganz normal ein Hotelzimmer und kreiert auf DreamCheaper (www.dreamcheaper.com) einen Account, wo man seine Reservierung eingibt. Die Algorithmen scannen bis 48 Stunden vor dem Check-in Hunderte von Reisewebseiten, um das günstigste Angebot zu finden. Wird die Software fündig, reserviert die App automatisch das günstigste Zimmer und storniert die alte Buchung.

Die Differenz bekommt der Kunde rücküberwiesen. „Wir optimieren zwei von drei Reservierungen erfolgreich - und sparen dabei im Durchschnitt unglaubliche 65 Euro!“, wirbt das Portal auf seiner Website. Ganz ähnlich funktioniert die Seite TripRebel (www.triprebel.com). Gleichwohl: Durch die systematisierte Stornierung gerät der Reisemarkt noch mehr durcheinander. Die Hoteliers und Fluggesellschaften haben weniger Planbarkeit - und müssen die zusätzliche Fluktuation mit einkalkulieren.

Das Schweizer Internetportal Watson.ch zum Beispiel hat ein Jahr lang jeden Tag denselben Flug gebucht: Ein Hin- und Rückflugticket von Zürich nach London-Gatwick. Ergebnis: Der Rückflug am 22. Oktober 2014 kostete am ersten Versuchstag umgerechnet 97 Euro, am letzten 222 Euro. Das Beispiel macht deutlich: Bei der Buchung zählt vor allem der Zeitpunkt. Bloß, den richtigen zu finden, ist gar nicht so einfach.