Der Oktober gilt als Brustkrebsmonat. Der Onkologische Schwerpunkt Stuttgart beteiligt sich mit einem Infotag – und betont, wie überlebenswichtig eine gute Versorgung ist.
Im Oktober steht seit Langem international das Thema Brustkrebs im Blick der Öffentlichkeit. Die Kampagne, bereits 1985 von der American Cancer Society ins Leben gerufen, soll Vorsorge, Früherkennung, Behandlung und Erforschung von Brustkrebs stärker ins Bewusstsein rücken. In der Landeshauptstadt übernimmt diese Aufgabe der Onkologische Schwerpunkt Stuttgart (OSP). Das Ziel des Vereins: Die Behandlung von Krebspatienten soll stetig verbessert werden.
Das gelingt mit gutem Erfolg, wie eine große Brustkrebs-Studie, die sogenannte WIZen-Studie, belegt hat. Danach haben 84,4 Prozent der Patientinnen, die in einem der vier im OSP engagierten Stuttgarter Organkrebszentren behandelt wurden, auch fünf Jahre nach der Diagnose ihre schwere Krankheit überlebt. Der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten Krebszentren lag bei 79 Prozent. Bei Patientinnen, die in Kliniken behandelt wurden, die nicht den Status eines Krebszentrums haben, lag die Überlebenswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren bei 73 Prozent. OSP-Geschäftsführer Friedhelm Brinkmann stellt dazu fest: „Die Behandlung in zertifizierten Zentren ist mit einem Überlebensvorteil verbunden.“
Krebspatienten werden in Stuttgart standortübergreifend behandelt
Bereits 1986 haben sich die vier hiesigen Krankenhäuser, das Klinikum Stuttgart, das Robert-Bosch-Krankenhaus, das Marienhospital und das Diakonie Klinikum, in der Sache zusammengetan. Seit 2018 ist auch die Stuttgarter Ärzteschaft Teil des OSP. Es handle sich dabei um eine „einzigartige Kooperation in Baden-Württemberg“, betont der OSP-Geschäftsführer. Die vier Häuser stehen zwar auf vielen Feldern in Konkurrenz zueinander, im OSP aber arbeitet man interdisziplinär zusammen. Man entwickelt Behandlungsleitlinien und Fortbildungen, es finden mitunter fast täglich gemeinsame Tumorkonferenzen statt. Dazu gehört auch das Benchmarking, also die Frage: Wer macht was am besten? Brinkmann spricht von einem „Wettbewerb zum Wohle der Patienten“.
Je nach Behandlungsbedarf werden Patienten „auch standortübergreifend in mehreren Krankenhäusern versorgt“, sagt Maria Dämpfert, die Leiterin des OSP-Geschäftsbereichs Forschung. Der Vorteil: „Man hat keine weiten Wege“, so Dämpfert. Und der OSP hat für die Betreuung schwerkranker Patienten ein Team „Brückenpflege“, das aus erfahrenen Palliativ-Care-Kräften besteht. Zu den Aktivitäten des OSP gehören außerdem Informationsveranstaltungen für Betroffene und Angehörige von Krebspatienten.
Brustkrebs ist häufigste Krebsdiagnose bei Frauen
Nicht zuletzt verfügt Stuttgart dank des OSP inzwischen über ein eigenes, sehr umfangreiches Krebsregister mit 217.000 Patientendaten, die man seit dem Beginn der 1990er Jahre zusammengetragen und ausgewertet hat. Etwa 35.700 dieser Datensätze stammen von Brustkrebspatientinnen. Aus diesen haben die Biometriker des OSP etwa ermittelt, dass Frauen, die im Jahr 2004 mit einer Brustkrebsdiagnose konfrontiert wurden, mit einer Wahrscheinlichkeit von 65,9 Prozent auch zehn Jahre später noch gelebt haben. Diese Zehn-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit ist bei Frauen, die im Jahr 2014 eine Brustkrebsdiagnose erhielten, durch eine verbesserte Versorgung auf 69,7 Prozent gestiegen.
Und dieser Wert soll weiter steigen. Zwar ist Brustkrebs der häufigste bei Frauen auftretende Krebs, er ist sehr gut erforscht und die Therapien sind weit entwickelt, Frauen nehmen im Allgemeinen auch weit mehr als Männer Vorsorgeuntersuchungen wahr. Dennoch gehen auch diese nur „zu 47 bis 49 Prozent zum Mammographie-Screening“, sagt Maria Dämpfert. So gut, wie man mitunter vielleicht meint, wird das Angebote dann doch nicht angenommen.
Stuttgart bei Krebsbehandlungen bundesweit mit an der Spitze
Allein im vergangenen Jahr wurden in den vier OSP-Häusern insgesamt 18.391 Krebspatienten behandelt, 11.831 davon waren in Stuttgart oder in Kliniken außerhalb neu diagnostizierte Fälle. Das Einzugsgebiet reicht über die Region hinaus. 2024 kamen 36 Prozent der behandelten Krebspatienten aus Stuttgart, rund 48 Prozent aus den Landkreisen der Region, knapp 16 Prozent von weiter her. Mit der hohen Patientenzahl stehe man bundesweit unter den nicht universitären Krebszentren „mit an der Spitze“, betont Friedhelm Brinkmann.
Die vier OSP-Krankenhäuser betreiben insgesamt 32 spezielle Organkrebszentren. Das bedeutet, dass sich diese Zentren jeweils auf die Krebsbehandlung eines Organs spezialisiert haben – etwa Brustkrebs, Darmkrebs oder Prostatakrebs. Beim großen Maximalversorger, dem Klinikum der Stadt, gibt es 15 dieser Organkrebszentren, im Robert Bosch Krankenhaus sind es sieben, im Marienhospital und im Diakonie Klinikum sind es jeweils fünf Zentren.
Zertifizierte Brustkrebszentren haben alle vier Häuser, hier wurden im vergangenen Jahr zusammen 3802 Patientinnen behandelt. Hoch sind auch die Behandlungszahlen bei Krebs des Blut- und Lymphsystems (2151 Fälle). Eine starke Anziehungskraft in der Region haben auch die beiden Lungenkrebszentren im Robert-Bosch-Krankenhaus und im städtischen Klinikum, das durch die Übernahme der Lungenfachklinik des Rot-Kreuz-Krankenhauses hier aufgeschlossen hat (insgesamt 2915 Fälle).
Auch Organkrebszentren für Kopf-Hals-Tumore wie im Marienhospital und im städtischen Klinikum gibt es nicht überall (1305 Fälle). Die Urologien im Diakonie Klinikum und im Großklinikum der Stadt ziehen mit ihren Zentren für Krebs der Prostata, der Blase und der Niere viele Patienten an (alle zusammen 2805 Fälle). Und das Klinikum Stuttgart hat mit seiner Neurochirurgie, dem Kinderhospital Olgäle und Zentren für Speiseröhrenkrebs oder Sarkome onkologische Alleinstellungsmerkmale in der Region.
In manchen Bereichen habe man zusammen sogar mehr Behandlungsfälle als die Unikliniken in Tübingen oder Ulm, erklärt Friedhelm Brinkmann. Auch angesichts der Tatsache, dass in den vier OSP-Häusern insgesamt 160 Studien zur Krebsforschung laufen, erklärt der Geschäftsführer: „Stuttgart muss sich vor den Universitätskliniken nicht verstecken.“
Informationen zum Thema Brustkrebs
Informationstag
Der Onkologische Schwerpunkt Stuttgart (OSP) veranstaltet am Freitag, 17. Oktober, im Kursaal in Bad Cannstatt (Königsplatz 1) von 14 bis 18 Uhr einen Informationstag Brustkrebs für Betroffene, Angehörige und Interessierte. Im Rahmen des Vortragsprogramms wird etwa über passende Therapien, Möglichkeiten des Brusterhalts bei einer OP und über Unterstützungsangebote gesprochen. Die Zahlen aus dem Stuttgarter Krebsregister werden vorgestellt. Referenten sind Fachärzte von Krankenhäusern, die dem OSP angeschlossen sind, Experten des OSP selbst sowie der Krebsberatungsstelle Stuttgart.