Omar Ceesay arbeitet in einer Schreinerei an einer Kreissäge. Foto: dpa/Felix Kästle

Vor vier Jahren begann Omar Ceesay eine Schreinerlehre am Bodensee. Der Weg dorthin war nicht leicht für den Flüchtling aus Gambia - aber er startete mit großer Hoffnung in seine neue Zukunft. Was ist heute aus ihm geworden?

Meckenbeuren - Konzentriert arbeitet Omar Ceesay an einem Türrahmen. Er schleift die Kanten ab, fährt mit den Fingern darüber und kontrolliert jede kleinste Unregelmäßigkeit. Von den Gesprächen, die in der Schreinerwerkstatt um ihn herum zu hören sind, scheint er nichts mitzubekommen, so versunken ist er in seine Arbeit. „Das macht mir viel Spaß“, sagt er kurze Zeit später nach seinem Feierabend. „Ich lerne hier richtiges Handwerk, wir stellen sehr unterschiedliche Sachen her.“

Seit mehr als einem Jahr arbeitet der 32-Jährige als Geselle in einer Schreinerei in Meckenbeuren am Bodensee. Der Weg dorthin war nicht immer leicht - denn Omar kam erst vor wenigen Jahren als Flüchtling aus Gambia.

Schreiner ist froh über die Bewerbung

Seine Flucht führte ihn aus seinem Heimatland über Libyen und Italien an den Bodensee - und dann noch mal zurück nach Italien, wohin Omar kurz vor Beginn seiner Ausbildung als Schreiner abgeschoben wurde. Erst wenige Tage vor dem Start als Azubi erhielt der Flüchtling ein Visum, mit dem er wieder nach Deutschland zurückkehren konnte. Bis dahin wusste selbst die Schreinerei nicht, ob ihr Lehrling überhaupt anfangen konnte.

„Das hat Kraft und Energie gekostet“, sagte Omar bereits 2015. „Ich habe zwischendurch keine Zukunft mehr gesehen.“ Doch in den nachfolgenden Jahren hat sich für ihn viel verändert. Nach Abschluss der Lehre bewarb er sich unter anderem bei Peter Sauter, der schon länger auf der Suche nach einem neuen Gesellen war. Er sei froh über die Bewerbung Omars gewesen, sagt der Schreiner Sauter. „Es gibt niemanden auf dem Markt.“

Viele Geflüchtete kommen in Beschäftigung

Die Vollbeschäftigung im Südwesten und der anhaltend hohe Bedarf an Arbeitskräften führten dazu, dass viele Geflüchtete auch in Beschäftigung gekommen seien, sagt Benjamin Lachat vom Städtetag Baden-Württemberg. „Vielfach in Helfertätigkeiten, beim Vorliegen oder Erwerb erforderlicher Qualifikationen auch in qualifizierte Beschäftigungsverhältnisse.“

Ähnlich äußert sich das Sozialministerium in Stuttgart: 47 Prozent der Geflüchteten in Deutschland übten eine Helfertätigkeit aus, 48 Prozent eine Fachkraft- und 5 Prozent eine Spezialisten- oder Expertentätigkeit. Das deute darauf hin, dass die Potenziale vorhandener Qualifikationen sowie praktischer und selbstständiger Tätigkeiten aus den Herkunftsländern noch nicht voll genutzt würden.

Sozialministerium spricht von positiver Entwicklung

Firmen suchen händeringend nach Arbeitskräften. Die grün-schwarze Landesregierung hatte Mitte Dezember vereinbart, mit einer Bundesratsinitiative das Bleiberecht für Flüchtlinge auszuweiten, die gut integriert sind und arbeiten, aber eigentlich ausreisen müssten. Nun streiten Grüne und CDU seit Wochen darüber, wie man bis dahin mit diesen Fällen umgeht und wie viel Ermessensspielräume die Verwaltung hat. Nach Angaben von Innenminister Thomas Strobl (CDU) werden bereits alle rechtlichen Spielräume genutzt, um arbeitende und gut integrierte Flüchtlinge von der Abschiebung zu verschonen. An diesem Mittwoch wollen Grüne und CDU versuchen, sich zu einigen.

Das Sozialministerium spricht bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt von einer positiven Entwicklung: Laut amtlicher Statistik der Bundesagentur für Arbeit habe sich im Südwesten die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den Hauptherkunftsländern - also Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien - zwischen Mai 2016 und Mai 2019 von 13 714 auf 41 921 Menschen erhöht. Zudem habe eine repräsentative Befragung unter Geflüchteten im Land im Frühsommer 2018 eine Beschäftigungsquote von 26 Prozent ergeben.

Gefälle zwischen Männern und Frauen

Allerdings besteht ein erhebliches Gefälle zwischen Männern und Frauen: „Während die Beschäftigungsquote bei den Männern 31 Prozent betrug, waren es bei Frauen lediglich 11 Prozent.“ Eine Ursache könne sein, dass rund drei Viertel der geflüchteten Frauen, aber weniger als ein Drittel der Männer Kinder haben. Wichtig seien daher der Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie spezielle Fördermaßen und Angebote für Frauen, heißt es beim Ministerium.

Sozialminister Manne Lucha (Grüne) hebt die Bedeutung der rund 1200 Integrationsmanager im Land hervor, die Flüchtlinge beraten und unterstützen. Sie seien ein „Schlüssel für eine gelingende Integration in Arbeit und Gesellschaft“.

Rückkehr in sein Land wieder möglich

Omar Ceesay möchte in den kommenden Jahren weiter in der Schreinerei arbeiten - um Geld für eine Selbstständigkeit in Gambia zu sparen. Nach einem Regierungswechsel sei eine Rückkehr in sein Land wieder möglich, sagt er.

Und noch etwas zieht ihn in die Heimat: Der 32-Jährige wurde dort - in Abwesenheit - verheiratet. Seine Familie und die Brautleute hätten ein großes Fest veranstaltet, erzählt er. Und er? „Ich war arbeiten“, sagt er lachend. „Das ist bei uns so.“ In wenigen Tagen will er nach Gambia fliegen und seine Frau das erste Mal persönlich treffen. Ein bisschen nervös mache ihn das schon. „Wir haben aber schon telefoniert.“