Eddie Edwards, 1988: Nur 55 Meter bei den Olympischen Spielen, aber glücklich dabei zu sein Foto: dpa

Er war der schlechteste Skispringer seiner Zeit, aber der Liebling der Massen: Eddie the Eagle wurde 1988 bei den Winterspielen in Calgary zum Sinnbild des olympischen Credos: Dabei sein ist alles. Heute kritisiert er den Kult um Gold und Geld. „Olympia braucht wieder mehr Eddie the Eagles“, sagt der Engländer, der viele Höhen und Tiefen durchlebte.

Stuttgart -

Guten Tag, Mister Edwards . . .
. . . sagen Sie ruhig Eddie zu mir. So nennt man mich schon, solange ich lebe.
Aber offiziell heißen Sie Michael.
Das ist korrekt. Als Michael Edwards führe ich meinen Stuckateur-Betrieb, Eddie Edwards ist aber nach wie vor der Name für meine Werbeauftritte.
Sie hatten Ihren großen Auftritt als Eddie the Eagle vor 30 Jahren bei den Olympischen Winterspielen in Calgary. Wie sieht das Leben des Adlers heute aus?
Ich habe unheimlich viel zu tun. Vor zwei Jahren kam ja der Film mit meiner Geschichte als Skispringer in die Kinos. Seither bin ich extrem eingespannt und reise kreuz und quer durch die Welt. Die Winterspiele in Calgary sind ja dreißig Jahre her, aber mir kommt es vor, als seien sie erst gestern gewesen.

Gast in Fernsehshows

Sie sind noch immer ein Liebling der Massen.
Es scheint so. Ich werde als Redner zu Firmenfesten und Motivationsseminaren eingeladen, ich bin Gast bei TV-Shows oder Empfängen, ich mache Werbung in Funk und Fernsehen. Es nimmt kein Ende.
Sind Sie gerne so populär?
Ja, klar. Es macht Spaß. Nur wenn ich es eilig habe, muss ich manchmal den Kopf senken und ziemlich schnell gehen. Sonst erkennt mich jemand und stellt mir tausend Fragen (lacht). Das passiert am häufigsten in meiner Heimatstadt Cheltenham.
Sie haben sich äußerlich stark verändert. Sollte der alte Eddie irgendwann ins Archiv?
Nein, nein. Da steckt kein Plan dahinter. Das hat sich eben so entwickelt. Die Figur ändert sich, die Haare werden weniger. Und so dicke Brillengläser wie vor dreißig Jahren braucht heute auch niemand mehr zu tragen. Ich denke, die Aufmerksamkeit um meine Person hält jetzt vielleicht noch ein oder zwei Jahre an. Danach werde ich wohl wieder ganz normal in dem Beruf arbeiten, den ich gelernt habe: Stuckateur.
Vom Sport- und Filmstar zum Handwerker?
Ich war jetzt natürlich lange weg. Aber es geht schon. Diese Arbeit verlernt man nicht. Ich habe trotz aller Verpflichtungen bei jeder Gelegenheit an meinem Privathaus gearbeitet. Ich mag die Abwechslung.
Stehen Sie noch immer auf Skiern?
Wann immer sich die Möglichkeit bietet. Ich bin mal für ein Wochenende in den italienischen Alpen, zuletzt war ich in Schottland. Ich reise auch mal zum Skilaufen in die USA. Aber meistens verbinde ich das mit irgendwelchen PR-Terminen.

Zu 40 Metern reicht es noch

Und Sie springen noch von der Schanze?
Nein, wir haben ja leider keine Schanzen in Großbritannien.
Aber Sie würden sich das noch zutrauen?
Sicher, ich bin zwar 20 Jahre lang keine Schanze mehr runtergefahren, aber im vergangenen Dezember war ich für einen Werbefilm in Norwegen. Da bin ich noch einmal gesprungen.
Wie weit?
40 Meter! Das war ganz nett.
Fahren Sie zu den Winterspielen in Pyeongchang?
Ich glaube nicht. Es kann sein, dass ich für Eurosport hier in England als Co-Kommentator arbeite, möglicherweise auch für das Fernsehen in Katar. Außerdem habe ich hier noch die eine oder andere Verpflichtung.
Aber Sie werden vom Fernseher kaum wegkommen?
Das hängt sehr davon ab, wie viel Zeit ich haben werde. Ganz sicher sehe ich mir die alpinen Abfahrtsrennen an, auch Ski-Cross und Boarder-Cross. Und natürlich das Skispringen. Curling oder Eiskunstlaufen interessiert mich weniger.
1988 in Calgary holte der Finne Matti Nykänen dreimal Gold, der eigentliche Star beim Skispringen waren aber Sie. Haben Sie noch Kontakt zu ihm?
Nein, nicht mehr. Ich habe ihn seither ein-, zweimal getroffen. Ich war mal mit ihm in einer Fernsehsendung in Finnland. Er hat mich danach mit nach Hause genommen, und wir haben zusammen eine Tasse Tee getrunken. Es war schwierig, den Kontakt zu halten: Er spricht nicht Englisch, und ich kann nicht Finnisch.
Haben Sie seinen weiteren Lebensweg verfolgt?
So weit ich das konnte. Er war ein großer Sportler, ein überragender Skispringer. Aber er hat unter seiner Popularität und dem Ruhm gelitten, er ist im Leben außerhalb des Sports nicht damit klargekommen. Zuletzt schien es mir, als sei es ziemlich einsam um ihn geworden. Er hätte noch viele Jahre sehr erfolgreich sein können – so wie in Deutschland Jens Weißflog. Es ist ein Jammer.