„Sie kommt heute Abend ins Nachtkästchen. Dort wird sie neben der silbernen schlafen.“(Biathlon-Olympiasiegerin Magdalena Neuner über den Aufbewahrungsort ihrer ersten Goldmedaille) Foto: Foto: dpa

Deutschland kann stolz sein auf seine Topathletinnen aus dem Werdenfelser Land.

Whistler - Bis zur Wahl zur Sportlerin des Jahres ist es ja noch eine Weile hin. Doch schon jetzt ist im Grunde klar: Es wird ein heißes Duell um die Krone. Zwischen Magdalena Neuner und Maria Riesch - den deutschen Stars der Olympischen Winterspiele 2010.

Von Garmisch-Partenkirchen nach Wallgau ist es nicht unbedingt eine Weltreise. Genau genommen sind es gerade einmal 20 Kilometer. Man kann diese Gegend also beruhigt als recht kleines Fleckchen Erde bezeichnen - das Gold-Aufkommen dort ist allerdings riesengroß. Denn es ist die Heimat von Maria Riesch und Magdalena Neuner.

Man könnte nun auf die Idee kommen und versuchen, Zusammenhänge zu konstruieren. Aber das gelingt nicht einmal den Beteiligten selbst. Zwar ist auch Maria Riesch nicht entgangen, "dass wir beide aus dem Werdenfelser Land kommen", dann aber schaut sie eher ein bisschen fragend, bis ihr dann noch das hier einfällt: "Vielleicht sind wir ja ein besonderer Schlag Mensch."

Das beweisen zu wollen, würde an dieser Stelle zu weit führen. Eines ist aber unbestritten: Sportlich erfolgreich sind sie dort. Magdalena Neuner, die Biathletin, gewann zweimal Gold im Biathlon, dazu noch eine Silbermedaille. Und Maria Riesch, die Skirennläuferin, schaffte mit ihrem Doppelsieg in Kombination und Slalom das, was vor ihr in Deutschland bisher nur zwei Frauen schafften - Katja Seizinger und Rosi Mittermaier.

Die Gold-Rosi von Innsbruck 1976 stand am Freitag in Whistler im Zielraum, als Riesch zu ihrer legitimen Nachfolgerin wurde - und strahlte übers ganze Gesicht. "Die Maria kann man nur bewundern", sagte sie. Denn das Gold von Maria strahlt fast noch ein bisschen heller als das von Magdalena - weil es, gemeinsam mit dem überraschenden Olympiasieg von Viktoria Rebensburg, eine ganze Abteilung des Deutschen Ski-Verbands (DSV) so unglaublich zufrieden macht. "Zusammen mit den WM-Medaillen von vor einem Jahr ist das ein Befreiungsschlag", sagt Maria Riesch, "eine richtige Wiederauferstehung."

1998 in Nagano waren die Alpinen noch als mächtiger Medaillengarant aufgetreten. Sechs Plaketten brachten sie mit nach Hause, davon drei goldene. Doch dann hörte Katja Seizinger auf, dann verletzten sich Martina Ertl und Hilde Gerg immer wieder, und dann gab es ziemlich ernüchternde Olympische Winterspiele 2002 und 2006. Weil auch Maria Riesch, das Riesentalent, erst mal mit zwei Kreuzbandrissen außer Gefecht war. "Wir hatten einen verletzten Star und eine junge Mannschaft", erinnert sich Mathias Berthold an seine Anfangszeit als DSV-Damentrainer, "wir haben auf ganz niedrigem Niveau angefangen." Doch dann ging es stetig bergauf. Dank harter Arbeit und vielen kleinen Schritten. Aber auch dank Maria Riesch. "Sie war immer sehr wichtig, sie hat die Mannschaft mit ihren Erfolgen getragen", sagt Berthold und beschreibt, wie in Rieschs Schatten die anderen sich ohne großen Druck entwickeln konnten.

Die Konkurrenz haben die deutschen Alpin-Damen mittlerweile oft im Griff. Es ist aber nicht nur diese Tatsache, die die Verantwortlichen so zufrieden macht. "Es ist eine extreme Befriedigung", sagt Alpin-Sportdirektor Wolfgang Maier, der immer wieder Geduld forderte und nun endlich die passenden Argumente liefern kann. Und Berthold erklärt: "Die Leute sehen jetzt, dass Deutschland nicht nur ein Volk von Biathleten ist." Dreimal Alpin-Gold gegen zweimal Biathlon-Gold. Das tut den beiden Machern sichtlich gut.

Weil just in der Dürrephase der Alpinen die Disziplinen Langlauf und Biathlon gemessen an Erfolgen bei Großereignissen quasi locker vorbeigezogen waren - und das Kräfteverhältnis innerhalb des DSV ordentlich durcheinanderwirbelten. Nun begegnet man sich wieder auf Augenhöhe, Riesch und Neuner sind mit ihren je zwei Goldmedaillen ein gutes Beispiel dafür. Aber nicht nur das.

Die beiden Olympiasiegerinnen aus Bayern sind nicht nur sportlich erfolgreich, sondern verkaufen ihre Siege auch noch sensationell gut. Selbstbewusst, aber nie arrogant, eloquent, aber nie im Verdacht der Dampfplauderei, sympathisch, aber nie gekünstelt. Und vor allem: Nach wie vor bodenständig. Wäre Maria Riesch nicht schon am Samstag aus Vancouver abgereist, man hätte die beiden wohl zusammen die deutsche Fahne bei der Schlussfeier in Vancouver tragen lassen müssen. So aber kam diese große Ehre Magdalena Neuner zu. "Die Sympathie, mit der das ganze Team aufgetreten ist, sollte noch mal sichtbar gemacht werden", sagte Thomas Bach, der Chef des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), mit stolzer Miene.

Diese Sympathie wird den beiden Wintersportstars nun zahlreiche Angebote bringen, sie werden mehr verdienen als bisher, und sie werden noch häufiger im Rampenlicht stehen. Bleiben sie auch dann noch, wie sie sind - dann sind die Menschen aus dem Werdenfelser Land wohl tatsächlich ein ganz besonderer Schlag.