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Keine Lust auf weiteres Risiko: Skirennläufer Marco Büchel wechselt von der Piste ins Fernsehen

Whistler - Das Betrachten von alpinen Skirennen der Herren, speziell Abfahrt und Super-G, war aus deutscher Sicht in den vergangenen Jahren nicht immer besonders originell. Es gewannen Schweizer, Österreicher oder sonst wer. Und die deutschen Athleten, so denn welche am Start waren, kamen oft erst dann, wenn im Fernsehen längst wieder Rodeln oder Biathlon übertragen wurde. Für all jene, die deshalb keinen Spaß mehr hatten an Übertragungen von Skirennen, gibt es nun eine gute Nachricht. Das Ganze wird deutlich unterhaltsamer.

Nun ist es nicht so, dass die Herren Keppler und Strodl über den Sommer zu Superstars werden. Aber nun ist Marco Büchel dabei - als Co-Kommentator. Und dann ist vor allem eines gesichert: dass Klartext geredet wird.

Marco Büchel ist mittlerweile 38 Jahre alt, er ist der älteste Sieger einer Weltcup-Abfahrt - und er findet, dass es nun gut ist mit der aktiven Karriere. Nicht weil seine Beine, sein Rücken oder die Bauchmuskulatur müde sind. Körperlich hätte er sich schon noch das eine oder andere Jahr im alpinen Skizirkus zugetraut. Er hört nach dieser Saison dennoch auf. Weil er sagt: "Der Kopf lässt nach." Oder anders gesagt: Der Kopf meldet sich mittlerweile viel zu oft - und zwar in Situationen, in denen es eigentlich ganz gut ist, wenn man das Nachdenken für eine gewisse Zeit mal sein lässt. Zum Beispiel bei Weltcup-Abfahrten. "Da muss man bereit sein", sagt Büchel, "das Unterbewusstsein auszuschalten, Grenzen zu überschreiten und Risiken einzugehen." Sein Kopf allerdings sei nun nicht mehr bereit, "stets alles zu riskieren". Heute, im Super-G-Rennen der Herren, will er es aber noch ein einziges Mal schaffen.

Es ist das letzte große Rennen des Liechtensteiners, der zwar keiner der Seriensieger war, kein Dominator und auch keiner, der es zu einem internationalen Titel geschafft hat. Dafür ist der 38-Jährige das, wovon es mittlerweile nicht mehr viele gibt im alpinen Skizirkus: Er ist ein Typ.

Und er ist witzig. Die Sekunden vor dem Start in Kitzbühel beschrieb er einmal so: "Ich weiß: Gleich wird die Hölle heiß. Ich stehe dann immer dort oben und spreche zu mir selbst: Marco, jetzt wird es wild, sei ein Mann, sei tapfer, gib dein Bestes." Außerdem findet der Mann, der in seiner Freizeit bis vor kurzem Basejumping betrieb, dass es zwischen eben dieser Beschäftigung und dem Rennen auf der Streif kaum Unterschiede gibt. Büchel kann aber auch anders.

Immer dann, wenn über die Sicherheit im alpinen Skirennsport diskutiert wird, ist der Liechtensteiner, der meistens mit dem Schweizer Team trainiert, dabei. Und auch zu den Olympischen Spielen hat er so seine ganz eigene Meinung. Zum sechsten Mal ist er nun dabei, besonders erfolgreich war er bislang nie. Es ist aber etwas anderes, was ihn an dieser Veranstaltung stört. Er fühlt sich schlicht und ergreifend eingeschränkt. Seine Frau Doris kommt nicht ins olympische Dorf, er muss neue Klamotten tragen, obwohl er sie zigfach zu Hause hat ("Reine Verschwendung"), seine Sponsoren kommen nicht zum Zug, und als Sportler werde man bei dieser Veranstaltung ganz generell entmündigt. "Wir gelten hier als Amateure und dürfen offiziell nichts verdienen - aber das Internationale Olympische Komitee verdient Milliarden." Vermutlich ist er froh, wenn diese Spiele vorbei sind.

Am liebsten wäre es ihm dennoch, wenn er sich nicht still und heimlich verabschieden müsste - sondern mit einem großen Knall. Also einem Platz auf dem Podest. Dann allerdings braucht er nicht nur seine vielen neuen Skiklamotten - sondern auch seine Badehose. Seinem Servicemann hat Marco Büchel nämlich einen Urlaub auf Hawaii versprochen, sollte es mit einer Medaille klappen.

Wenn es nicht klappen sollte, ist es auch nicht tragisch. Dann kommt "Büxi" im nächsten Winter zurück - zumindest ins deutsche Fernsehen. 


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