Ein Dreifach-Triumph war möglich – nach einem kuriosen Finale blieb den deutschen Nordischen Kombinierern Bronze für Fabian Rießle. Und die Frage: Gibt’s jetzt Streit im eigenen Lager?

Ein Dreifach-Triumph war möglich – nach einem kuriosen Finale blieb den deutschen Nordischen Kombinierern Bronze für Fabian Rießle. Und die Frage: Gibt’s jetzt Streit im eigenen Lager?

Sotschi - Was für Bilder, was für Kontraste, was für ein unglaubliches Szenario. Dort ein strahlender Held, der mit einem Satz auf das Siegerpodest hüpfte, sich über seinen dritten Platz freute und immer wieder ungläubig den Kopf schüttelte. Dort zwei Geschlagene, der eine bitterlich weinend, der andere verärgert. Und mittendrin ein Trainer, der nicht so recht wusste, was er von der ganzen Sache nun halten sollte. Sich freuen? Sich ärgern? Hermann Weinbuch entschied sich für: beides. „Ich habe gemischte Gefühle“, sagte der Bundestrainer der Kombinierer. Und gab zu, dass er sich einerseits freute, dass im Wettbewerb von der Großschanze und auf der Zehn-Kilometer-Strecke Fabian Rießle Platz drei belegt hatte. Er sich aber auch ärgerte, weil „wir die einmalige Chance hatten, ein ganz großes Ding zu drehen“.

Als das Rennen seinem Finale entgegen gegangen war, hatte es nahezu perfekt ausgesehen für die deutsche Mannschaft. Zwar war Eric Frenzel, der durch eine Erkältung geschwächte Olympiasieger von der Normalschanze, schon zurückgefallen. In der fünfköpfigen Spitzengruppe befanden sich neben zwei Norwegern aber immer noch drei deutsche Athleten. „Da wären mindestens die Plätze zwei und drei drin gewesen“, meinte Weinbuch, sogar ein Dreifachtriumph war in Reichweite – doch am Ende musste der Coach schon froh sein, dass es neben Bronze nicht noch einen handfesten Streit unter seinen Schützlingen gegeben hatte.

Zunächst hatte Björn Kircheisen das Tempo angezogen und versucht, sich von der Gruppe zu lösen – was gegen den Plan von Weinbuch geschehen war. „Er hat zu früh angegriffen, wenn er nicht überzieht, gewinnt er das Ding“, ärgerte sich der Coach über den 30-Jährigen, dem im Schlussspurt der entscheidende Tick Kraft gefehlt hatte. „Das ist ganz, ganz bitter“, klagte der Mann aus Erlabrunn nach Rang vier. In der vorletzten Kurve, die eine Richtungsänderung um 180 Grad vorsah, war zudem ein weiterer deutscher Starter aller Chancen beraubt worden – von seinem Teamkollegen.

Johannes Rydzek und Fabian Rießle steuerten in etwa gleichauf diese Kurve an, Letzterer versuchte, innen vorbei zu ziehen, wurde aber ein wenig nach außen abgetragen. Er fuhr Rydzek in die Parade, der kam ins Straucheln, stürzte – und war raus aus dem Rennen um Gold. Rießle verlor viel Tempo, kämpfte aber weiter und sicherte sich zumindest Bronze. „Das ist Wahnsinn“, jubelte der 23-Jährige aus Breitnau im Schwarzwald. Völlig ungehemmt freuen konnte er sich aber nicht.

Schon im Ziel hatte er sich einige derbe Worte von Rydzek anhören müssen, auch Weinbuch sagte: „Ich mache Fabian keinen Vorwurf.“ Der Bundestrainer erklärte aber auch: „In so einer Situation muss man vorsichtiger sein.“ Und: „Wir haben eine Medaille verschenkt.“ Denn am Ende profitierten die Norweger Joergen Graabak und Magnus Moan vom innerdeutschen Dreikampf und feierten Gold und Silber. Den Konkurrenten blieb nur der Trostpreis – und die Hoffnung auf die nächste Chance am Donnerstag im Mannschaftswettbewerb. Wobei: Ist dieses Team bis dahin überhaupt schon wieder zusammengerückt?

Angeblich: Ja. Diesen Eindruck versuchten die vier Kombinierer jedenfalls gleich nach dem emotionalen Finale am Fuße der Schanze im Russki Gorki Sprungzentrum zu vermitteln. Rießle sagte: „Es tut mir leid.“ Und er versprach: „Wir raufen uns zusammen, da gibt es keinen Stress.“ Sein „Opfer“ Rydzek hatte sich auch wieder beruhigt und kündigte an: „Wir trinken ein Versöhnungsbier, Fabian konnte ja nicht wirklich was dafür.“ Und Weinbuch war sich sicher: „Am Donnerstag greifen wir wieder an.“ Ob in der gleichen Besetzung wie am Dienstag, das ließ er aber offen.

Im zweiten Wettbewerb der Kombinierer war Tino Edelmann nur Zuschauer gewesen, womöglich kommt er am Donnerstag noch einmal zum Einsatz – zum Beispiel dann, wenn Eric Frenzel weiterhin seine Krankheit zu schaffen machen würde. „Jetzt haben wir erst einmal Zeit, um zu regenerieren“, sagte Weinbuch und formulierte einen Wunsch im Sinne des sportlichen Erfolgs – und der Harmonie im Team: „Vielleicht gibt es ja eine Happy End wie bei den Skispringern.“ Was für eine schöne Vorstellung.