Trainerin Kim Raisner wehrt sich dagegen, als Tierquälerin bezeichnet zu werden. (Archivbild) Foto: imago images / Camera 4/Eberhard Thonfeld

Nach dem Reit-Drama im Modernen Fünfkampf bei Olympia in Tokio müssen Trainerin Raisner und Athletin Schleu weiter Kritik einstecken. Die Bundestrainerin empfindet die Vorwürfe als „zu hart“.

Tokio - Das Reit-Drama um Annika Schleu und der Ausschluss von Trainerin Kim Raisner haben auch zum Olympia-Abschluss für Debatten in der deutschen Sportwelt gesorgt. Die 48 Jahre alte Raisner setzte sich nach ihrem Olympia-Aus durch den Weltverband gegen Vorwürfe der Tierquälerei zur Wehr. „Ich bin weit davon entfernt, Tiere zu quälen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Tokio. „Ich liebe Tiere, ich liebe Pferde, genauso wie Annika. Wir verdreschen unsere Pferde nicht“, ergänzte die langjährige Trainerin.

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Raisner und Schleu mussten nach den Szenen beim Olympia-Wettkampf viel Kritik und Hasskommentare in den sozialen Netzwerken hinnehmen. Der Berufsverband der Trainerinnen und Trainer im Deutschen Sport forderte einen „fairen Umgang mit der Bundestrainerin und der Athletin“. Der Verband betonte aber, dass das Verhalten der beiden „falsch“ gewesen sei und „zu Recht öffentlich kritisiert“ werde.

Bilder gehen um die Welt

Die 31 Jahre alte Schleu hatte für verstörende Bilder gesorgt, als sie aufgelöst und verzweifelt mehrfach die Gerte gegen das ihr zugeloste Pferd Saint Boy eingesetzt hatte. Bundestrainerin Raisner hatte die Berlinerin - im Fernsehen deutlich hörbar - aufgefordert: „Hau mal richtig drauf! Hau drauf!“ Schleu hatte bis zum Reiten auf Gold-Kurs gelegen, ehe dann das ihr zugeloste Pferd verweigerte.

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Der Weltverband schloss Raisner anschließend von den Spielen mit der Begründung aus, die Trainerin habe das Pferd mit der Faust geschlagen. „Ich weiß, auch dieser Klaps auf den Hintern, der hätte nicht sein müssen, aber der war nicht doll“, sagte Raisner dazu.

Debatte über Regeländerung

Auch über mögliche grundlegende Konsequenzen für das Reglement im Modernen Fünfkampf wird weiter debattiert. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, forderte „eine grundsätzliche Überarbeitung der Frage: ist ein kurzfristiges Zulosen eines Lebewesens überhaupt verantwortbar“.

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Der Funktionär sagte der Deutschen Presse-Agentur auch mit Blick auf die kurze Kennenlernphase zwischen Pferd und Reiter vor dem Wettbewerb: „Es handelt sich um ein Tier aus Fleisch und Blut. 20 Minuten, um dann in den weltwichtigsten Wettbewerb zu gehen, sind im Grunde eine viel zu kurze Zeit.“

Schleu verpasste nach Platz vier in Rio de Janeiro 2016 durch das Reit-Drama erneut ihre erste olympische Medaille. Ob sie 2024 in Paris zu ihren vierten Olympischen Spielen antreten will, ließ die Athletin zunächst offen. „Dass diese Entscheidung noch offen ist, war aber bereits vor den Geschehnissen klar“, sagte sie. „Wie es für mich im Sport weitergeht, habe ich noch nicht entschieden.“