Mission Olympiagold: Snowboard-Superstar Shaun White will hoch hinaus Foto: dpa

Er ist Superstar, Werbeikone, Multimillionär. Und alles andere als unumstritten. In Südkorea will der Snowboarder Shaun White zum dritten Mal Olympiasieger werden. Und danach das Metier wechseln – für die Sommerspiele 2020 in Tokio.

Pyeongchang - Der Superbowl ist ein Sportereignis der Superlative. Und ein riesiges Geschäft. Rund fünf Millionen Euro kostet ein 30-Sekunden-Werbespot. Trotzdem räumte der übertragende TV-Gigant NBC vor einer Woche Zeit frei, um während des NFL-Finales zwischen den Philadelphia Eagles und den New England Patriots für sein Olympiaprogramm zu trommeln. Mit den fünf bekanntesten Gesichtern des US-Wintersports. Allen voran natürlich mit Shaun White (31).

Der Snowboarder gilt als lebende Legende. Bei den X-Games, dem Mekka für Action- und Trendsportler, holte er 15 Goldmedaillen im Snow- und Skateboarden. Doch im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, die sich den Strukturen und Wettbewerben von Verbänden nicht unterwerfen mochten und die hochkommerzialisierten Olympischen Spiele ablehnten, wollte Shaun White genau dorthin. Auf die ganz große Bühne des Sports. Auf den Olymp.

Seinen Platz dort hat sich der bekannteste und reichste Snowboarder der Welt längst gesichert. Doch der König denkt noch nicht ans Abdanken. Nach Turin 2006 und Vancouver 2010 will er nun in Pyeongchang seine dritte Goldmedaille gewinnen. Und damit zeigen, dass er immer noch der Größte ist – nachdem zuletzt heftig an seinem Thron gekratzt wurde. Zum Beispiel vor vier Jahren in Sotschi, wo seine Mission Olympiasieg fehlschlug.

White wollte damals sogar in zwei Wettbewerben siegen. In seiner Paradedisziplin Halfpipe und im Slopestyle. Doch nach einem Sturz im Training musste er auf den Hügelschanzen passen, und in der Halfpipe wurde er völlig überraschend nur Vierter. Seine Erklärung damals: „Da habe ich mir wohl etwas zu viel zugemutet.“ So viel Bescheidenheit ist ihm eigentlich fremd.

Beeindruckende Flugshow

In Südkorea startet White nur in der Halfpipe, und er scheint ganz gut drauf zu sein. Zuletzt beim Weltcup in Aspen zeigte er jedenfalls eine beeindruckende Flugshow, die mit der Maximalpunktzahl 100 belohnt wurde. „Mann, ich flippe aus! Das ist unwirklich, ich weine fast“, erklärte White, um seinen Konkurrenten auch gleich noch eine wichtige Botschaft mit auf den Weg zu geben: „Ich denke nicht, dass wir meinen besten Lauf schon gesehen haben.“

Sein härtester Konkurrent im Finale an diesem Mittwoch (2.30 Uhr/MEZ) dürfte Ayumu Hirano sein, der in Sotschi als 15-Jähriger Silber holte. Der Japaner hat im Januar bei den X-Games als erster Snowboarder zwei Sprünge nacheinander mit jeweils vierfacher Umdrehung gezeigt, er garantiert eine spektakuläre Show. „Ich freue mich, gegen ihn anzutreten“, meint White, „er treibt unseren Sport voran und hat eine unglaubliche Kombination gezeigt, an der ich selbst auch arbeite.“ Fehlen wird dagegen Sotschi-Olympiasieger Iouri Podladtchikov. Der Schweizer war bei den X-Games gestürzt, hatte sich eine schwere Gehirnerschütterung und einen Nasenbeinbruch zugezogen. Wäre er in Pyeongchang gestartet, hätte er bleibende Schäden riskiert. Podladtchikov, Spitzname iPod, ist bereits am Samstag wieder nach Hause geflogen.

Doch auch ohne ihn dürfte es am Mittwoch ein beeindruckendes Flugfestival geben. Schließlich will Shaun White unbedingt noch einmal auf dem obersten Podest landen, ehe er sich einem anderen Ziel zuwendet. Der Mann, den andere wahlweise als kalten Roboter, rücksichtslosen Geschäftsmann oder arroganten Athleten bezeichnen („Ich habe halt immer im Leben die Limits gepusht“), will auch im Sommer Olympiasieger werden. Im Skateboarden, das 2020 in Tokio seine olympische Premiere feiern wird. Und für 2022 peilt White seine letzten Spiele an, dann in Peking. Ein gewagter Plan? Sicher. Aber ihm ist alles zuzutrauen. Das zeigt seine Geschichte.

Profi mit 13 Jahren

Der US-Amerikaner kam mit einem Herzfehler auf die Welt, zwei Operationen retteten ihm das Leben. Mit sieben Jahren hatte er seinen ersten Sponsor, mit 13 wurde er Profi. Wer heute mit seinem Gesicht oder Namen werben will, muss dafür angeblich mindestens zwei Millionen Euro hinblättern. Pro Jahr. Auch weil White ein Social-Media-Star ist. Auf Facebook hat er knapp 2,4 Millionen Follower, bei Instagram über eine halbe Million. Obwohl er sein früheres Markenzeichen, die langen roten Haare, mittlerweile kürzer trägt, gibt es in den USA keinen bekannteren Trendsportler. Schließlich ist er auch noch Gitarrist in der Band „Bad Things“, und sein Flegelimage pflegt er zudem: Vor sechs Jahren löste er angetrunken in einem Hotel den Feueralarm aus, so dass alle Gäste evakuiert werden mussten. Bei seiner Festnahme erklärte er: „Die Feier ist etwas aus dem Ruder gelaufen.“

Nun will der Snowboard-König Shaun White in Pyeongchang das nächste Fest folgen lassen. Auf der Bühne, auf der er am allerliebsten die Hauptrolle spielt.