Heldenhafter Auftritt: Trotz schwerer Verletzung setzte Andreas Toba den Wettkampf fort. Foto: EPA

Die Diagnose ist nun offiziell: Der deutsche Mehrkampfmeister Andreas Toba hat sich eine komplexe Knieverletzung zugezogen. Trotzdem hatte er heldenhaft den Wettkampf beendet.

Rio de Janeiro - Andreas Toba lag auf einer Pritsche in der Nebenhalle, die Augen feucht und das Kreuzband gerissen, als er seinen heldenhaften Entschluss fasste. „Alter“, sagte er sich, „das ist hier keine Gau-Meisterschaft, das muss irgendwie gehen!“ Toba stand auf, humpelte ans Pauschenpferd und quälte sich ein letztes Mal. „Ich hatte große Angst, dass es höllisch wehtun wird.“ Und das tat es auch. Der deutsche Mehrkampf-Meister verzog bei der Landung unter größten Schmerzen das Gesicht. Wenn er an diesem ersten Olympiatag aber eines ganz sicher nicht wollte, dann seine Kollegen in der Riege der deutschen Kunstturner im Stich lassen. „Man ist ja nur alle vier Jahre bei den Olympischen Spielen und wir sind fast wie eine Familie“, sagte Toba, „ich wollte ihnen unbedingt noch einmal unter die Arme greifen.“ In der Qualifikation fürs Teamfinale hatte der zuverlässige Punktelieferant aus Hannover „eine komplexe Knieverletzung mit unter anderem einem Riss des vorderen Kreuzbandes und einer Verletzung des Innenmeniskus“ erlitten, wie die Ärzte mitteilten. Das Drama ereignete sich bereits am Boden, dem zweiten Gerät. Es war ein herber Schlag für die zarten Finalhoffnungen der DTB-Asse.

Unmenschliche Leistung von Toba

Doch die Mannschaft um den früheren Reck-Weltmeister Fabian Hambüchen erreichte mit 261,518 Punkten als Achte gerade so den Endkampf am Montag (ab 16.00 Uhr OZ/21.00 Uhr MESZ) - auch dank der schier unmenschlichen Leistung von Toba. „Andi hat eindrucksvoll bewiesen, dass er ein großes Kämpferherz hat und kein Weichei ist. Das war eine starke Nummer“, lobte Wolfgang Willam, Sportdirektor des Deutschen Turner-Bundes (DTB). Und als Toba später in den Katakomben gestand, dass er „wie ein kleines Kind geheult“ hatte, schwärmte auch Deutschlands bekanntester Turner vom unbändigen Willen des 25-Jährigen. „Ich habe den allergrößten Respekt vor Andi. Ich will nicht wissen, was für Schmerzen er hatte, das hätte ganz sicher nicht jeder gemacht“, sagte Hambüchen. Der 28-Jährige, der an seinem Paradegerät als Qualifikationsbester ins Finale am 16. August einzog, machte auch das aktuelle Punktesystem für die Verletzung verantwortlich. Dieses verleite jeden Turner zu „mehr Risiko, und so wird es gefährlicher“. Als noch gar nicht sicher war, ob die Deutschen das Finale erreichen würden, hegte Toba bereits den verrückten Plan, dort anzutreten. Über „weitere Behandlungsmaßnahmen und einen eventuellen vorzeitigen Rücktransport“ werde am Sonntag entschieden, hieß es vom Verband. Die Hoffnungen ruhen derweil mehr denn je auf dem Wetzlarer Hambüchen. „Ich freue mich, dass es noch weitergeht“, sagte er, „das war ein turbulenter Wettkampf.“ Toba hatte großen Anteil daran.