Die Ehningerin Kim Bui am Boden für das deutsche Olympia-Team Foto: dpa

Dank einer Glanzleistung sicherten sich die deutschen Turnerinnen Rang sechs im olympischen Team-Finale. Daran hatten in Elisabeth Seitz, Kim Bui und Tabea Alt auch drei Turnerinnen vom Olympiastützpunkt Stuttgart großen Anteil.

Rio de Janeiro - Sie kreischten, sie hüpften, sie fielen sich in die Arme – als hätten sie gerade eine Medaille gewonnen. Das war nicht der Fall, aber wenigstens fühlten sich die deutschen Turnerinnen so. Und das völlig zu Recht. Fand auch Kim Bui. „Wir haben ein super Ergebnis hingelegt“, meinte die Ehningerin, „dass es so gut laufen würde, hatten wir uns nicht mal erträumt.“

Dank einer Glanzleistung sicherte sich die deutsche Riege Rang sechs im olympischen Team-Finale, es war das mit Abstand beste Ergebnis in den vergangenen 25 Jahren. Daran hatten in Elisabeth Seitz, Kim Bui und Tabea Alt auch drei Turnerinnen vom Olympiastützpunkt Stuttgart großen Anteil. In der Olympic Arena zeigten die Deutschen zwölf starke Übungen, wofür sie mit 173,672 Punkten belohnt wurden. Das waren noch einmal 0,4 Punkte mehr als im starken Vorkampf. „Ich ziehe den Hut, wie heute alle standhaft geblieben sind: Den sechsten Platz zu verteidigen war unser Ziel“, meinte Sophie Scheder (19), „aber da wir nur ein paar Zehntel hinter Rang vier liegen, wäre vielleicht sogar noch mehr drin gewesen.“

„Wir haben einen geilen Wettkampf gemacht“

Die Richtung hatte Tabea Alt vorgegeben. Am Schwebebalken steigerte sich die 16-Jährige vom MTV Ludwigsburg auf 14,60 Punkte und wäre, hätte sie diese Wertung in der Qualifikation erzielt, sogar ins Einzelfinale eingezogen. „Wir sind extrem glücklich und stolz“, meinte Tabea Alt, „wir haben einen geilen Wettkampf gemacht.“ Schließlich war es in diesem Stil weitergegangen bis zum glänzenden Abschluss am deutschen Paradegerät, dem Stufenbarren. „Unsere Devise ist gewesen: Nicht nachdenken, was alles schief gehen kann, uns keinen Stress machen. Das ist wunderbar gelungen“, sagte Seitz (22), die an diesem Donnerstag im Mehrkampffinale steht. Und auch Kim Bui (27) war glücklich: „Am Barren hat Turn-Deutschland gezeigt, was es drauf hat. Dieser Wettkampf war eines der schönsten Erlebnisse meiner Karriere.“

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Entsprechend gut drauf enterte Kim Bui anschließend die Mixed-Zone der riesigen Arena. „Manche verkrampfen bei Olympia total“, erklärte sie den Journalisten mit strahlendem Gesicht und leuchtenden Augen, „wir dagegen haben es geschafft, unsere Leistung gleich zweimal nacheinander abzurufen. Das ist genial!“ Und eine gute Basis, um die nächsten Tage zu genießen.

Da Bui keinen Wettkampf mehr bestreitet, hat sie Zeit genug, in eine neue Rolle zu schlüpfen – als (Olympia-)Touristin. Sie ist zum ersten Mal in Rio und schon gespannt auf Zuckerhut und Christusstatue. Aber auch auf olympischen Sport. Vor allem auf Beachvolleyball, in der Nacht auf Freitag wird sie das letzte Vorrundenspiel von Karla Borger und Britta Büthe besuchen. „Hoffentlich kommen die beiden noch weit“, sagte sie, „dann bin ich öfter dort. Ich wollte hier in Rio jede Sekunde genießen, und das habe ich auch getan. Doch der Genuss ist noch lange nicht zu Ende.“

Olympia-Gold sicherten sich die US-Girls

Erst nach der Rückkehr nach Stuttgart in knapp zwei Wochen will sich Kim Bui damit befassen, wie ihre Karriere weitergeht. Dabei ist doch schon alles klar – erklärte zumindest Ulla Koch. Laut der Bundestrainerin sieht es so aus, als würde die aktuelle Riege komplett weitermachen bis zur Heim-WM 2019 in Stuttgart. Auch Kim Bui, von der Koch allerdings fordert, dass sie nebenher den Master in technischer Biologie macht. „Die berufliche Ausbildung ist wichtig“, erklärte die Nationaltrainerin, die Kim Bui überschwänglich lobte: „Es ist gigantisch, was sie nach ihrer schweren Knieverletzung für ein Comeback hingelegt hat. Sie hat unglaublich hart gearbeitet, um ihr Bein zu stabilisieren und einer erneuten Verletzung vorzubeugen. Davor ziehe ich den Hut. Sie ist eine meiner Anführerinnen im Team.“

Olympia-Gold sicherten sich die US-Girls um die überragende Simone Biles – zum dritten Mal nach 1996 und 2012. Die Riege dominierte mit 184,897 Punkten, turnte in ihrer eigenen Welt. Russland lag auf Rang zwei schon 8,2 Zähler zurück. „Was die US-Amerikanerinnen gezeigt haben“, staunte auch Kim Bui, „war teilweise wie von einem anderen Stern.“ Da wollten auch die 12.000 Zuschauer zu einem unvergesslichen Abend beitragen. Auf der Tribüne fand eine stimmgewaltige Verbrüderung der Anhänger aus den USA und China statt, die auch den Hallensprecher faszinierte: „Das müssten mal die Regierungen sehen.“