Sie sei Deutschland dankbar, sagt Olga Bysyk in Freiburg. Foto: Christoph/Link

Olga Bysyk aus der Ukraine arbeitet für die Caritas International in Freiburg – und bloggt über die Lage in ihrer Heimat, aus der sie mit ihren beiden Kindern geflohen ist.

Eigentlich war Olga Bysyk selbst einmal Helferin, Mitarbeiterin der Caritas in der Ukraine. Dass sie nun im Frühsommer selbst fliehen musste mit ihren beiden Kindern und in Deutschland Schutz suchen, ist für sie immer noch eine Zäsur in ihrem Leben: „Ich hätte nie gedacht, dass ich selbst einmal Hilfe brauche.“ Bei der Caritas in Kiew war sie für Fundraising zuständig, bei Caritas International in Freiburg – die einzige in Baden-Württemberg bundesweit tätige humanitäre Hilfsorganisation – arbeitet die 34-Jährige in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.

Sie nennt es kleine Kriegsgeschichten

Sie hält täglich Draht zu ihrer Familie, Bekannten und Arbeitskollegen in der Ukraine und informiert in einem Blog mögliche Spender und Hilfsorganisationen in Deutschland, der Schweiz und Österreich. „Kleine Kriegsgeschichten“, nennt sie ihre Beiträge. Der Alltag sei durch die ständigen Stromabschaltungen sehr schwer geworden, sagt Olga Bysyk. „Es gibt die angekündigten und die unvorhersehbaren Stromsperren.“ Seit Oktober hat Russland seine Angriffe mit Drohnen und Raketen auf die Ukraine intensiviert, die Energieversorgung ist das Ziel, immer wieder fallen Licht, Wasser und Heizung aus. Laut Regierungsangaben in Kiew sind seit Kriegsbeginn im Februar schon 700 Ziele der „kritischen Infrastruktur“ der Ukraine getroffen worden.

Wäschewaschen tief in der Nacht

Auf den Dörfern könnten die Menschen eventuell mit Holz und Kohle heizen, in den Städten – vor allem in den Hochhäusern – sei die Lage prekär, sagt Olga Bysyk. Viele Ukrainer hätten Elektroöfen. „Die Leute waschen nachts um drei, wenn sie wissen, da kommt Strom.“ Oft blieben Lifte stecken, ältere Menschen, die beispielsweise im 20sten Stock wohnten, würden deshalb kaum noch die Wohnung verlassen. Manche kochten mit Kerzen, andere stellten Camping-Kocher in der Küche auf – ein gefährliches Unterfangen. Schüler machten ihre Hausaufgaben mit Helmlampen oder im Kerzenlicht. Von Romantik sei da keine Spur. „Die Generatoren sind ausverkauft. Kriegt man noch einen, kann der bis zu 1000 Euro kosten.“ Wegen der häufigen Blackouts verließen Mitarbeiter ihr Homeoffice und kehrten lieber in die Büros zurück.

Dankbar für deutsche Hilfe

Olga Bysyks Ehemann ist in Kiew zurückgeblieben und arbeitet dort. Sie verließ die Hauptstadt nach den ersten Luftangriffen im März. „Ab ins Auto, weg in den Westen“, sagt Olga Bysyk. Zunächst kam sie mit den Kindern – neun und sechs Jahre alt – bei Verwandten in Lwiw unter, doch da war ihnen der Krieg noch zu nahe. „Wenn Nachts ein lautes Auto vorbeifuhr, schreckten die Kinder hoch, dachten, es sei eine Bombe.“ Sie sei „glücklich“ in Freiburg untergekommen zu sein und sie sei „Deutschland dankbar“ für all die Hilfe, sagt Olga Bysyk.

1000 Caritas-Mitarbeiter in der Ukraine

Mit der Caritas in der Ukraine hat die deutsche Caritas enge Verbindungen. Die Schwesterorganisation in Kiew betreibt 42 regionalen Caritas-Zentren und 181 Notunterkünfte, rund 1000 Mitarbeiter und viele Freiwillige sind für sie im Einsatz. Seit Beginn des Krieges habe man mehr als zwei Millionen Menschen helfen können, so Caritas-International-Sprecher Reiner Fritz. Kriegsbedingt sind jetzt mobile Teams der Caritas im Einsatz, die als Winterhilfe schon 3000 Häuser repariert haben, vor allem kaputte Fenster, Dächer und Türen. Die Caritas Ukraine konzentriere sich insbesondere auf die Binnenvertriebenen, sagt Fritz, sie stellten warme Mahlzeiten, Decken, Kleider und geschützte Schlafplätze bereit. Ein Alleinstellungsmerkmal im Hilfeangebot sei, dass fünf der Caritas-Zentren auch Hauskrankenpflege für alte Menschen anbieten.

Eine 91-Jährige hat alles verloren

Die Älteren sind vom Krieg vielleicht am schlimmsten betroffen: Olga Bysyk erzählt die Geschichte von einer 91-Jährigen aus Mykolaljiw, deren Sohn und Enkel im Krieg getötet wurden, deren Haus zerstört ist. Sie sei nach Odessa gegangen, allein mit ihrer 17 Jahre alten Katze: „Sie sagt, diese Katze allein sei jetzt ihre Familie. Sie hat alles verloren.“

Über die politische Gesamtlage sagt Olga Byzyk, dass die Menschen ihrer Ansicht nach nicht „ängstlich, sondern wütend“ seien. „Wenn wir mit Soldaten sprechen sagen die, wir müssen stark bleiben, wir warten auf den Sieg der Ukraine.“