Mercedes-Benz erlaubt bis zu 100 Prozent Homeoffice – doch der Konzernchef befürchtet intern: Ohne zwischenmenschliche Dynamik gehe etwas verloren. Er fordert eine offene Debatte.
Das Thema Homeoffice sorgt nicht nur bei Mercedes-Benz für Diskussionen. Seit der Corona-Pandemie ist es für viele Beschäftigte selbstverständlich geworden, einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus zu erledigen. Wie hoch dieser Anteil sein sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Und nicht in jedem Unternehmen gibt es dazu verbindliche Regelungen, etwa mit Pflicht-Präsenztagen. Der Stuttgarter Autohersteller jedenfalls setzt – schon vor der Coronapandemie – auf eine Betriebsvereinbarung. Diese erlaubt eine Homeofficequote von bis zu 100 Prozent, sofern es die betrieblichen Erfordernisse zulassen.
„Bei Mercedes-Benz gibt es kein schwarz-weiß“
Offensichtlich nutzen etliche Mitarbeiter die recht großzügige Vereinbarung und arbeiteten häufig von zu Hause aus. Zu häufig? Mercedes-Chef Ola Källenius hat sich nun bei einem internen Online-Dialog erneut zu dem Thema geäußert. Der Vorstandsvorsitzende befürchte, dass „wenn in 50 Prozent der Zeit keine zwischenmenschliche Dynamik stattfindet, etwas verloren geht.“ Bei Mercedes-Benz gäbe es kein schwarz-weiß. „Es geht nicht um 100 oder 0“. Und weiter: „Aber der jetzige Zustand ist nicht optimal. Ich finde, wir müssen das ganz offen diskutieren und schauen, wie wir das verändern können.“
Das Unternehmen verwies schon in der Vergangenheit darauf, dass es überzeugt sei, „dass sich Kreativität und Innovationsgeist am besten bei persönlichen Treffen vor Ort entfalten können. Das fördere nicht nur den Austausch zu inhaltlichen Fragen, sondern stärke auch das Teamgefühl und intensiviert das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der Belegschaft.
Källenius schrieb bereits einen Brief an die Mercedes-Mitarbeiter
Bereits im Februar 2025 hatte Konzern-Chef Ola Källenius an die im Tarif angestellten Mitarbeiter appelliert, wieder häufiger ins Büro zu kommen. Damals hieß es, dass das Arbeiten von zu Hause zur Regel und die Büropräsenz zur Ausnahme geworden sei. Mercedes-Benz erwarte von seinen Beschäftigten, wöchentlich wieder mehr und regelmäßiger am Arbeitsplatz zu sein. Wohlgemerkt: formuliert als Erwartung, nicht als Pflicht. Die konzernweite Vereinbarung zum Homeoffice gilt weiterhin. Genaue Zahlen zur Anwesenheit nennt das Unternehmen nicht. Doch offenbar hat der Appell bislang nicht den gewünschten Effekt erzielt.
Den rund 2000 leitenden Führungskräften bei Mercedes-Benz wurde bereits Ende 2024 mitgeteilt, dass man „die einheitliche Erwartung“ habe, dass sie „ab Januar 2025 während ihrer Arbeitszeit grundsätzlich an ihrem Arbeitsort anwesend sind“. Gleichzeitig ließ der Konzern aber durchblicken, dass Homeoffice für das Führungspersonal trotzdem nicht kategorisch ausgeschlossen wird und Raum für individuelle Regelungen bleibt. In Ausnahmefällen, etwa bei kranken Kindern oder pflegebedürftigen Eltern, soll Homeoffice weiterhin möglich sein.
Mercedes-Chef arbeitet manchmal selbst im Homeoffice
Der Konzernchef selbst erwähnte in dem Online-Dialog auch, dass er mobiles Arbeiten nicht grundsätzlich ablehne. „Ich nutze es manchmal selbst.“ Nicht jede Aufgabe sei gleich und er wolle nicht mit einem mit einem Rasenmäher drüber gehen. „Man kann selbstverständlich auch mobil produktiv arbeiten“, stellt Källenius klar.
Beschäftigte von Mercedes-Benz in Deutschland müssen sich erstmal wohl nicht auf eine Anwesenheitspflicht einstellen, wie es etwa für Mitarbeiter bei SAP der Fall ist. Dort gibt es seit 2024 drei verpflichtende Präsenztage in der Woche. Insgesamt geht der Trend in den Unternehmen wieder zu weniger Homeoffice. Auch Bosch, Volkswagen, Vodafone oder Otto rufen ihre Mitarbeiter vermehrt wieder ins Büro.