Susanne Syring-Heinrich hat Ende September ihr Kompetenzzentrum für die Seele in Freiberg eröffnet. Foto: Simon Granville

Angehörige von psychisch erkrankten Menschen fühlen sich häufig hilflos und überfordert. Die Freibergerin Susanne Syring-Heinrich sieht hier eine Versorgungslücke und bietet Hilfe an – ohne Warteliste.

777 Menschen waren laut Gesundheitsatlas 2020 im Kreis Ludwigsburg aufgrund psychischer Erkrankungen oder Verhaltensstörungen in einem Krankenhaus. Zahlen, wie viele Menschen in ambulanter Behandlung sind, sind unbekannt. Dahinter: Eltern, Geschwister, Partner, Freunde, die sich hilflos und überfordert fühlen, nicht wissen, wie sie den Betroffenen helfen können.

 

Immer mehr Angehörige brauchen selbst Unterstützung, doch die Warteliste für Therapieplätze ist lang. Susanne Syring-Heinrich, ausgebildete Lebensberaterin und Seelsorgerin, hat dafür das Kompetenzzentrum für die Seele in Freiberg eröffnet. Ihr Ziel: niemanden wegschicken zu müssen. Wie kann das gelingen? In einer Zeit, in der die durchschnittliche Wartezeit bis zu einem Erstgespräch bei 142 Tagen liegt?

Syring-Heinrich sieht Versorgungslücke für Angehörige

Die 57-Jährige habe in ihrem Umfeld Situationen erlebt, in denen sie Angst gehabt habe, es mit ihrem Verhalten und ihren Worten noch schlimmer zu machen. „Das traumatische Erlebnis betrifft auch das Umfeld“, sagt sie. In ihrer Angst, Trauer und Wut, entscheidet sie 2010 eine Seelsorgeausbildung zu machen. Zwölf Jahre später kündigt sie ihren Job als Versicherungskauffrau und macht sich selbstständig. Sie erkennt eine Lücke im Versorgungssystem. „Angehörigen bekommen keine Unterstützung, es geht immer darum, wie es den Betroffenen geht“, sagt sie. „Aber das ist wie im Flugzeug. Sie müssen erst ihre eigene Maske aufziehen.“

Damit keine Warteliste entsteht, bildet Susanne Syring-Heinrich Andere zu Fachbegleitern aus. Lehrer, Führungskräfte, Organisationen, Privatpersonen: In einem zwei-, oder von der EU geförderten, zwölftägigem Seminar gibt sie eine Methode weiter, die sie selbst entwickelt hat. Die SSH-Methode steht für sicher, stärkend Halt geben. Damit möchte Syring-Heinrich Menschen ermuntern, ihre eigene Betroffenheit zu erkennen, zu realisieren, dass Angehörige nur bis zu einem gewissen Grad helfen können. Im Mittelpunkt ihrer Beratung und Schulungen: der Mensch, nicht die Diagnose. Diejenigen, die zu ihr kommen, würden sich häufig ein Rezept, eine Schritt-für-Schritt-Anleitung wünschen, wie sie selbst den Boden unter den Füßen zurückbekommen, erzählt sie. „Die gibt es aber nicht“, sagt Syring-Heinrich. Stattdessen versuche sie zuzuhören, aufzuklären, herauszuhören, was die Person für sich braucht.

„Das ist kein Ersatz für eine Therapie“

Nicht allen kann sie helfen. „Die Sitzungen sind kein Ersatz für eine Therapie“, sagt die Coachin. Wenn sie sehe, dass jemand therapeutische Unterstützung brauche, ermutige sie dazu, sich die zu suchen. Um genügend Zeit für die Kunden zu haben, begleitet Syring-Heinrich zehn bis 12 Personen zwischen vier und sechs Monaten. Seit Dezember haben zehn Personen ihr Seminar zur SSH-Fachbegleiter besucht und in Stuttgart, Heilbronn und Schwäbisch Gmünd weitere Standorte eröffnet. „Meine Vision ist es, dass es die irgendwann deutschlandweit gibt.“

Weitere Hilfe: Der Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. bietet telefonische Beratung und führt auf seiner Webseite Selbsthilfegruppen auf. Im Landkreis Ludwigsburg gibt es ein Angebot in Markgröningen und Freiberg.