Einer der strittigen Punkte in der Koalition: Braucht es beim Bau neuer Wohnungen eine zahlenmäßige Vorgabe für Fahrradplätze? Foto: dpa

Grün-Schwarz hat sich auf Kompromisse bei der neuen Landesbauordnung und einen Fonds für Städte und Gemeinden verständigt. Entspannt sich dadurch der Wohnungsmarkt im Südwesten?

Stuttgart - In Baden-Württemberg fehlt insbesondere in Städten und Ballungszentren bezahlbarer Wohnraum. Um Anreize für den Bau neuer Wohnungen zu schaffen, hat sich das grün-schwarze Regierungsbündnis nach zähem Ringen auf Maßnahmen für eine Wohnraumoffensive verständigt.

Unter anderem wird ein Fonds eingerichtet, über den Städte und Gemeinden besser gefördert werden sollen – etwa, wenn sie Grundstücke kaufen oder selbst Wohnungen bauen. Ein im Wirtschaftsministerium angesiedeltes Kompetenzzentrum soll den Kommunen zudem helfen, Ideen zur Schaffung von Wohnraum zu kreieren. Der Kommunalfonds startet zunächst mit 50 Millionen Euro. Die Summe war im Jahr 2017 eigentlich für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen, aber nicht abgerufen worden. 2018 blieben aus dem gleichen Topf mehr als 100 Millionen Euro übrig. Ob dieses Geld ebenfalls in den Fonds fließt, darüber muss die grün-schwarze Koalition noch entscheiden.

Neben den neuen Förderangeboten soll auch eine Novellierung der Landesbauordnung (LBO) dazu beitragen, dass Bürokratie und damit Bauhemmnisse abgebaut werden. Mit beiden Aspekten schaffe man „wichtige Anreize, um den Wohnungsbau im Land weiter nachhaltig anzukurbeln“, teilten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und die für Wohnungsbau zuständige Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) mit.

Grundsätzliche Einigung im Juli 2018

Bereits vor fast zehn Monaten hatten die Spitzen der Regierungsfraktionen und der Ministerien eine grundsätzliche Einigung für die neue LBO erzielt. Zuletzt stellten das Staats- und Verkehrsministerium – beide grün-geführt – dann noch mal neue Bedingungen bei den Themen Fahrradstellplätze und Elektro-Ladesäulen für die untergesetzlichen Regelungen für eine Zustimmung. Diese wollte wiederum Hoffmeister-Kraut nicht mittragen.

Am Ende wurde ein Kompromiss gefunden. So sollen die Kommunen über die Zahl der Stellplätze für Fahrräder flexibel nach Bedarf entscheiden und sich dabei an den Empfehlungen von Fachgesellschaften orientieren. In neuen Wohnhäusern sollen Leerrohre für Kabel für mögliche Ladestationen verlegt werden. Und bei Garagen von Nichtwohngebäuden – zum Beispiel eine Tiefgarage eines Supermarkts oder eines Firmengebäudes – soll es einen Ladesäulenanschluss pro zehn Stellplätze geben.

Gemeindetag begrüßt die späte Einigung

Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut zeigte sich zufrieden. „Wichtig war mir, dass wir die notwendige Flexibilisierung erreichen konnten. Starre Vorgaben sind in einer komplexen Welt nur selten zielführend.“ Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) war froh, dass eine Lösung gefunden worden sei, die „einen Mindestrahmen für die Förderung nachhaltiger Mobilität“ darstelle.

Die Opposition wertete das Ergebnis von Grün-Schwarz nicht als Befreiungsschlag beim Mangel an Wohnraum. Daniel Born (SPD) kritisierte es als „Stückwerk“. Zielführender wäre aus seiner Sicht eine Landesentwicklungsgesellschaft für Wohnungsbau und Quartiersentwicklung, die die SPD vorschlage. Und Gabriele Reich-Gutjahr (FDP) erklärte, die Einigung verschrecke private Investoren. Der Kommunalfonds zementiere den Irrweg, dass nur die öffentliche Hand Wohnungen in großer Zahl schaffe. Er ändere nichts daran, dass zu wenig Bauland ausgewiesen werde.

Gemeindetagspräsident Roger Kehle begrüßte die Einigung. Es sei „höchste Zeit“ für eine Lösung gewesen, jetzt komme es auf eine schnelle Umsetzung der Pläne an. „Städte und Gemeinden müssen die Maßnahmen und Instrumente aus dem Kommunalfonds und der novellierten LBO schnell einsetzen können, um den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen“, sagte er.