Nach guter Luthersitte gaben die Referenten mit ihren Vorträgen Impulse. In den anschließenden Diskussionen ging es aber nicht nur um das Thema Freiheit. Foto: Alexandra Kratz

Fünf Referenten und knapp 50 Gäste widmen sich bei Tisch Martin Luthers Thesen. Kai Müller von der Gemeinschaftsredaktion der Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten sprach über die Meinungs- und Pressefreiheit.

Kaltental - Die ökumenische Reihe der evangelischen Thomasgemeinde und der katholischen St.-Antonius-Gemeinde hat eine lange Tradition. Im Lutherjahr stehen der Reformator und seine Schriften im Mittelpunkt. Am 31. Oktober 1517 – vor 500 Jahren – soll Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben.

Im Franziskus-Saal ging es am Freitag um die Frage „Wie ist das mit der Freiheit?“. Das beschäftigte seinerzeit auch Luther. Er verfasste im Jahr 1521 die Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Der ehemalige Oberkirchenrat Heinrich Küenzlen und die katholische Gemeindereferentin Gabriele Fischer führten durch den Abend. Fünf Referenten beleuchteten das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Dazwischen sangen Katharina Wirths und Vincent Rotter Lieder über die Freiheit.

Zwischen Selbstbestimmung und Unterordnung

Kai Müller, der stellvertretende Ressortleiter der Lokalredaktion von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, sprach über die Meinungs- und Pressefreiheit. Um die Frage „Freiheit mit oder ohne Kirche?“ ging es in den Beiträgen des kirchennahen Christen Malte Sell und des Gymnasiallehrers Ralf Kellermann, der sich selbst als Atheist bezeichnet. Zudem ging es um das Spannungsfeld zwischen „Selbstbestimmung und Unterordnung“. Dabei standen sich die Beiträge der Pädagogin Isabel Kaufhold von der Freien aktiven Schule und der Franziskanerin Nicola Kreß gegenüber.

Zu Luthers Zeiten war es üblich, dass sich die Gelehrten in den Häusern zum Essen trafen. Sie hielten kurze Tischreden, um zur Diskussion anzuregen. So war es auch am Freitagabend im Franziskus-Saal. Der Ökumene-Arbeitskreis hatte ein Drei-Gänge-Menü organisiert.

Protestanten, Katholiken und Atheisten sitzen in einem Boot

Kaufhold stellte das Konzept der Freien Aktiven Schule vor. Diese ist eine Montessori-Schule, in der die Kinder selbst wählen können, wann sie was mit wem und wo lernen. Die Freiheit habe aber immer auch Grenzen, betonte die Lehrerin, nämlich dort, wo die Freiheit der anderen beginne. „Was schränkt die Freiheit ein?“, fragte auch die Ordensschwester Kreß in die Runde. Viele Antworten seien möglich: der Ehemann, der Chef oder der Wille Gottes. Eine Ordensfrau sei nicht weniger frei als jeder anderer auch. Denn wie in jeder anderen zwischenmenschlichen Beziehung gehe es auch in einer Ordensgemeinschaft darum, sein eigenes Tun mit den Menschen um einen herum abzustimmen.

Für Sell bietet der Glaube eine Orientierung in der Freiheit, in dem er eine Werteordnung vorgibt. Kirchengemeinde bedeutet für ihn vor allem Freiheit in der Begegnung. Kellermann bezog sich in seinem Beitrag direkt auf Luther. Sein Freiheitsbegriff meine vor allem, dass der Mensch allein verantwortlich für sein Tun sei. „Da Sitzen Protestanten, Katholiken und Atheisten in einem Boot“, sagte Kellermann.

Am Ende war das die zentrale Botschaft. Und so ging es bei den Tischgesprächen nicht nur um das Thema Freiheit, sondern vor allem darum, einander besser kennenzulernen, neue Kontakte zu knüpfen, kurzum: nach guter Luthersitte gemeinsam einen schönen Abend zu verbringen.