Michael Sladek will beim Ökostrom „die Kunden überzeugen, nicht kaufen“. Foto: Leif Piechowski

EWS-Chef Sladek: „Stadtwerke Stuttgart können eines Tages jeden zweiten Haushalt abdecken“ – Zurzeit haben sie jedoch Defizite beim Marketing.

Stuttgart - Für Michael Sladek heißt Energiewende nicht nur Ökostrom, sondern auch Konfrontation mit Energiekonzernen. Der Initiator der Elektrizitätswerke Schönau (EWS), die Vertriebspartner der neuen Stadtwerke Stuttgart sind, hat aber Zweifel, ob das hier gewollt ist.


Herr Sladek, die Energiewende ist in aller Munde. Trotzdem kommen die neuen Stuttgarter Stadtwerke nicht vom Fleck. Dafür sind Ihre Elektrizitätswerke Schönau (EWS) als Vertriebspartner mitverantwortlich. Warum wechseln so wenig Stuttgarter zu den Stadtwerken?
Die Energiewende ist zwar in aller Munde, aber sie hat zurzeit ein Imageproblem: Die positive Botschaft, die in ihr steckt – zum Beispiel, dass wir in Deutschland im breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens die Atomkraft geächtet haben und aus dieser Energieerzeugung aussteigen wollen –, wird nicht mehr wahrgenommen. Stattdessen sorgen sich viele Menschen um die Versorgungssicherheit oder befürchten die Zusatzkosten der Energiewende. Außerdem hat jeder zweite deutsche Stromkunde noch niemals seinen Stromanbieter gewechselt.

Die andere Hälfte wechselt aber.
Auch da ist mittlerweile das Tempo raus. Die finanzielle Schieflage diverser Billigstromanbieter verunsichert viele Bürger. Das verschlechtert das Wechselklima zusehends. Darunter leiden auch die Stadtwerke Stuttgart, obwohl sie unternehmerisch und strukturell kerngesund sind.

Ende 2013 sollten die Stadtwerke 30.000 Kunden haben; zwei Jahre später sollten es 40.000 sein. Im Augenblick haben Sie aber nur 2700 Kunden beim Strom und 1300 Kunden beim Gas. So wie es aussieht, erreichen Sie die selbst gesteckten Ziele nicht ansatzweise.
Das ist bedauerlich, aber dafür gibt es Gründe. Über manche haben wir bereits gesprochen. Die 30.000 Kunden waren jedenfalls von vornherein eine utopische Zahl, keine realistische Größe. Die Grundlage für das Erreichen dieser Zahl war der Vertriebsstart Mitte 2012. Das hat sich aber leider bis Februar 2013 verzögert. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Stadtwerke mit ihrer Marke Stuttgart-Energie beim Strom in zwei, drei Jahren schwarze Zahlen schreiben. Außerdem halte ich 4000 Kunden innerhalb von vier Monaten für einen durchaus respektablen Erfolg, zumal wir keine Billigangebote machen und keine Wechselprämie zahlen.

Den 10.000 EWS-Kunden in Stuttgart wurde der Wechsel zu den Stadtwerken angeboten. Nur 2000 haben zugegriffen. Weshalb?
Ich wollte die 10.000 EWS-Kunden gerne als Brautgeschenk in die Ehe mit den Stadtwerken einbringen. Das ist nicht gelungen. Dass die Bindung an die EWS so stark ist, hat mich selbst überrascht. Tatsächlich gewechselt haben nur knapp 1500 EWS-Kunden. Das spricht für die EWS, ist aber ein bisschen misslich für die Stadtwerke.

Die EWS sind mit 40 Prozent an der Stadtwerke Stuttgart Vertriebsgesellschaft beteiligt; 60 Prozent halten die Stadtwerke. Was ist Ihre Aufgabe in der Vertriebsfirma?
Die Aufgaben sind klar verteilt: Martin Rau, einer der zwei Geschäftsführer der Stadtwerke, ist für den kaufmännischen Bereich zuständig. Meine Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, den Vertrieb aufzubauen und die Strom- und Gas-Produkte der Stadtwerke, die über die EWS beschafft werden, den Kunden zu vermitteln.

Sie sind der Außendienst, und Herr Rau macht Innendienst.
So könnte man das beschreiben.

Der Vertrieb soll jährlich 600.000 Euro fürs Marketing ausgeben. Dazu brauchen Sie aber 30.000 Bestandskunden. Ist der Vertrieb zurzeit überhaupt handlungsfähig?
Er ist voll handlungsfähig. Richtig ist aber, dass wir in der Startphase mehr Geld benötigen. Das war von vorneherein klar. Geplant ist, dass die EWS zusätzlich 400.000 Euro Kapital einbringen . . .

. . . und die Stadt Stuttgart 600.000 Euro?
Das würde unseren Anteilen entsprechen. Allerdings müssen die Gremien der EWS und der Stadtwerke, in Stuttgart also der Gemeinderat, der Kapitalerhöhung noch zustimmen. 2014 wird die Vertriebsfirma nochmals eine ähnliche Summe benötigen. Auch das war von vorneherein klar.