Das Verkehrsministerium plant Metropol-Express-Bahnen auch auf der Gäubahn bei Herrenberg – der Fahrgastverband Pro Bahn sagt, dazu brauche es dort ein drittes Gleis. Foto: StN

Die Kritiker des Verbands Region Stuttgart finden im Kompromiss zum Streit um Zuständigkeiten im öffentlichen Nahverkehr wenig Neues. Die meisten Inhalte existierten bereits unter einem anderen Etikett.

Die Kritiker des Verbands Region Stuttgart finden im Kompromiss zum Streit um Zuständigkeiten im öffentlichen Nahverkehr wenig Neues. Die meisten Inhalte existierten bereits unter einem anderen Etikett.

Stuttgart - Das Paket, mit dem Land, Region, Landeshauptstadt und die VVS-Landkreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr bis 2025 rund 20 Prozent mehr Fahrgäste in Bus und Bahn bekommen wollen, stößt nicht überall auf Wohlgefallen. Vor allem die Regional-Fraktionen der Freien Wähler und der FDP bemängeln, dass der ÖPNV-Pakt fast nichts Neues enthalte.

Die Regionskritiker sparen nicht mit Spott für den Pakt, vor dem der Streit zwischen Region und Kreisen um Zuständigkeiten für den Busverkehr stand. FDP-Sprecher Kai Buschmann betont, dass seine Fraktion und die Freien Wähler schon im Juni 2013 beantragt hatten, dass der Verband eine Vorschrift zur Finanzierung des Busverkehrs im Einvernehmen mit den Kreisen erlassen soll. Genau dies stehe nun in dem Kompromiss, der kürzlich im Landesverkehrsministerium unterzeichnet wurde. „Dafür hätten wir keinen Minister gebraucht“, so Buschmann, „nur Vernunft.“

Buschmanns Fraktionskollege und FDP-Verkehrsexperte im Landtag, Jochen Haußmann, nennt die Expertenkommission, die wegen der häufig unpünktlichen S-Bahnen eingerichtet werden soll, „alten Wein in neuen Schläuchen“. Mit der Bahn sei längst vereinbart, wie die S-Bahn pünktlicher werden soll. Dieses Arbeitsprogramm soll Mitte des Jahres erste Auswirkungen zeitigen.

Bernhard Maier, Böblinger Ex-Landrat und verkehrspolitischer Sprecher der Freien Wähler, fällt es „schwer, substanzielle Verbesserungen zu erkennen“. Dass die Region kreisübergreifende Expressbuslinien einrichten dürfen soll, sei nicht umstritten gewesen. Die Metropol-Expressbahnen, die das Land außerhalb des S-Bahn-Netzes häufig und innerhalb nur selten halten lassen will, seien wohl erst mit Stuttgart 21 geplant. Haußmann sagt sogar, „dass genau diese zentralen Schienenverkehrsverbesserungen durch S 21 kommen werden“.

Für Maier leidet der Nahverkehr nicht an unklaren Zuständigkeiten, sondern an knappen Kassen: „Insofern werden wir aufmerksam beobachten, wie das Land seine Ankündigungen umzusetzen gedenkt.“ Die FDP verknüpft dies mit einem förmlichen Antrag und fragt, welche Kosten durch den Kompromiss entstehen, wie viel davon auf die Region entfällt, ob die Fahrpreise steigen oder ob die öffentliche Hand drauflegt. Da die Beteiligten klar gemacht haben, dass es noch keine detaillierten Vorhaben gibt, dürfte es so schnell keine Antworten geben.

Kai Buschmann moniert zudem, dass Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) und Verbandsdirektor Jürgen Wurmthaler ihr Verhandlungsmandat verlassen hätten, bei dem es nur um die Bus-Vorschrift gegangen sei. Das betrifft auch die Landräte, deren Kreistage keine zusätzlichen Zuständigkeiten beim Verband wollten. Die Expressbusse galten dort als Kreissache.

Während die Opposition den Vorgang als Schlappe für die machthungrige Mehrheit wertet, hält SPD-Sprecher Harald Raß den Vorstoß seiner Fraktion für mehr Zuständigkeiten für erfolgreich. „Mit den neuen Express-Bussen, dem regionalen Verkehrsmanagement und der Vernetzung der Verkehrsträger hat die Region Instrumente in der Hand, die für das künftige Wachstum des ÖPNV entscheidend sind“, sagt Raß. Auch der Vorsitzende der Regional-CDU Matthias Pröfrock hält die Vereinbarung für „ein gutes Zeichen“, um die S-Bahn zu entlasten.

Der Fahrgastverband Pro Bahn bezweifelt, dass das Konzept ohne größere Investitionen in Gleise funktioniert. Ohne den dreigleisigen Ausbau der Remsbahn oder der Gäubahn werde sich die Situation bei der S-Bahn nur weiter verschlechtern.