Wie wird das Verkehrskonzept im Kreis fortgeschrieben? Das ist offen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Streit um die Zukunft des ÖPNV sorgt sich manche Kommune, abgehängt zu werden: Vor dem Verkehrsgipfel im Kreishaus werden Allianzen geschmiedet.

Strohgäu - Sind es die nichtöffentlichen Ratssitzungen in Korntal-Münchingen und Schwieberdingen, ist es der nahende Stadtbahngipfel im Landratsamt, ist es der Besuch des CDU-Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger in Ditzingen? Vermutlich spielt alles eine Rolle, und Fakt ist: Die Diskussion um den öffentlichen Personennahverkehr im Kreis nimmt an Fahrt auf.

Öffentlich und hinter den Kulissen wird heftig um die Frage des Ausbaus des ÖPNV gerungen. Offen ist, ob sich der Landrat mit einer weiteren Bahn oder der Ludwigsburger Oberbürgermeister mit Überlandbussen durchsetzt. Nun bringt sich auch der Korntal-Münchinger Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos) in Stellung.

Ditzingen, Schwieberdingen und Korntal-Münchingen haben, bei allen unterschiedlichen Interessen, ein Ziel: Sie setzen auf den Ausbau des Stadtbahnnetzes. „Ein Buskonzept würde uns nichts bringen“, sagt der Korntal-Münchinger Rathauschef Joachim Wolf und distanziert sich damit klar von dem Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec. „Auf der B 10 ist das Verkehrschaos schon, da müssen wir keinen Bus hinschicken“, verweist Wolf auf die täglichen Staus rund um den Doppel-Ort.

Stadtbahngipfel im Kreishaus

Wolfs Position beim Stadtbahngipfel im Landratsamt ist damit bekannt. Für den 6. Juli haben die Stadt Ludwigsburg und das Landratsamt beteiligte Kommunen, Kreis- und Stadträte zu einen ÖPNV-Erörterungstreffen eingeladen. Sowohl der Landrat als auch der Ludwigsburger Oberbürgermeister werden ihre Projekte vorstellen: Rainer Haas wird für die Erweiterung des Stadtbahnnetzes werben, der Rathauschef Spec hingegen für Schnellbusse und elektrisch betriebene Züge zwischen Markgröningen und Ludwigsburg. Letztlich wird sich ein System durchsetzen. Denn beides, das bekräftigte der Kreistag vor wenigen Wochen, ist nicht finanzierbar.

Damit hatte sich der Kreistag im Kern von dem Kompromiss verabschiedet, den Haas und Spec im Jahr zuvor nach hitziger Debatte gefunden hatten. Demnach sollte der Landkreis die Niederflurstadtbahn planen. Die Stadt wiederum würde die Planung eines Schnellbussystems sowie die Reaktivierung der Eisenbahnstrecke nach Markgröningen vorantreiben.

Der Streit um das zukunftsträchtigere System, der sich am Ludwigsburger Oberbürgermeister und dem Landrat manifestiert, brachte Bewegung in eine jahrzehntealte Diskussion. Der Schwieberdinger Bürgermeister Nico Lauxmann verweist auf ein Gutachten aus dem Jahr 2008, das die Reaktivierung der Bahntrasse zwischen Ludwigsburg und Markgröningen untersuchte. „Schwieberdingen war mit dabei, aber das Gutachten empfahl zum damaligen Zeitpunkt, Schwieberdingen herauszunehmen, um das Projekt nicht zu gefährden“, sagt Lauxmann. Der Kosten-Nutzen-Faktor war zu gering, das Projekt wäre nicht wirtschaftlich gewesen. Aber zu jeder Zeit sei klar gewesen, dass sich die Gemeinde abermals positionieren würde, wenn die Diskussion vorangeschritten sei, so der Bürgermeister. „Jetzt ist der Zeitpunkt gut gewählt“, meint er. Zumal Lauxmann den großen Arbeitgeber Bosch hinter sich weiß. „Wir haben ein Interesse, dass Schwieberdingen an das Stadtbahnnetz angebunden wird“, sagt die Standortsprecherin Christiane Spindler. In Schwieberdingen arbeiten 6000 Beschäftigte. Die Stadtbahnanbindung bedeute eine Attraktivitätssteigerung des Arbeitsplatzes, sagt Spindler auch im Hinblick auf die Gewinnung neuer Mitarbeiter. Die Anbindung sei ein Dauerthema, „doch der Zeitpunkt ist eine gute Chance, dass sich etwas verändert“.

Schwieberdingen kommt in der Debatte eine gewisse Schlüsselrolle zu. Die Gemeinde schafft die Verbindung zwischen der alten Bahntrasse von Ludwigsburg nach Markgröningen im nördlichen Landkreis und dem regionalen Gewerbeschwerpunkt Korntal-Münchingen. Dieser Knoten wiederum ließe sich über Stammheim und Zuffenhausen an Stuttgart anbinden. Der Korntal-Münchinger Rathauschef weiß, dass die zwei Jahre alten Pläne nicht einfach umzusetzen sind. Er habe sie aber wieder aufgreifen wollen, nachdem die Diskussion in Ludwigsburg intensiviert wurden, deren Nachteile er befürchtet. „Nicht, dass der Zug abgefahren ist.“ Zudem habe er die Pläne bereits im Gespräch mit Regionalräten platziert.

Staatssekretär zu Gast in Ditzingen

Mag sein, dass auch Steffen Bilger diese Überlegungen bereits kennt. Der Ludwigsburger CDU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium ist an diesem Mittwoch auf Einladung der Christdemokraten in Ditzingen zu Gast

Der Landrat Rainer Haas hält sich mit einer Bewertung der neuerlichen Entwicklung zurück. „Das ist sicher eine neue Dynamik, die wir beim Stadtbahngipfel am 6. Juli nicht außer Acht lassen dürfen. Wir werden uns entsprechend vorbereiten“, teilt er dazu mit. Aber er sagt auch, es sei seines Erachtens ein großer Vorteil des Modells, „dass es abschnittsweise realisiert werden kann. Dadurch kann immer wieder flexibel auf neue Anforderungen und Gegebenheiten reagiert werden“.

Sowohl der Schwieberdinger Gemeinderat als auch jener von Korntal-Münchingen wird sich diese Woche nichtöffentlich mit dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs befassen. Die Ditzinger hingegen werden das Thema nächste Woche öffentlich beraten. Dort wird der Chefplaner der Stuttgarter Straßenbahnen (AG), Volker Christiani, Pläne für eine Verlängerung der Linie U 13 von Stuttgart-Hausen nach Ditzingen vorstellen.

Die SSB hatte nach langer Debatte in Stuttgart-Hausen einen Standort für den Betriebshof gefunden. Weil dieser unmittelbar an der Markungsgrenze zu Ditzingen liegt, schaltete sich der Oberbürgermeister Michael Makurath mit einer Forderung ein. Er verband die Zusage seiner Kommune zu den Plänen des Nachbarn mit der Anbindung seines Ortes an die Stadtbahn der Linie 13. Diese soll in Stuttgart-Weilimdorf nach Hausen abzweigen. Die Pläne dafür sind bereits weit gediehen.