Wenig los in den Apfelbäumen. Der Frostschaden vom April zeigt jetzt seine ganze Wucht.Foto:Lichtgut/Jan Reich Foto:  

Der Frost im Frühjahr hat die Stuttgarter Obstbauern schwer getroffen – es gibt 90 Prozent weniger Äpfel und Birnen. Eine gewisse Entschädigung ist aber in Aussicht.

Stuttgart - Der Anblick ist trotz des spätsommerlichen Wetters ziemlich trist. Markt in Stuttgart. Einige heimische Obstbauern präsentieren ihre kärgliche Apfelernte, die für viele Betriebe nahezu überhaupt nicht stattgefunden hat. Es gibt sehr wenige heimische Äpfel, und die, die es gibt, haben meist Schäden an der Schale wie „Rostflecken“ oder Frostringe. Statt der sonst üblichen etwa zwei Euro für das Kilo sind bei den meisten Anbietern trotzdem drei Euro fällig. Das sind die spürbaren Folgen des fatalen und heftigen Frosteinbruchs zwischen dem 19. und 21. April in diesem Frühjahr. Andreas Siegele, der Obstbauberater der Stadt Stuttgart, hatte damals von einem drohenden Totalausfall für viele Obstsorten in der Landeshauptstadt gesprochen.

Jetzt hat sich seine düstere Prognose in vielen Punkten bestätigt. „Äpfel und Birnen aus Stuttgart gibt es so gut wie keine“, sagt Andreas Siegele. Auch bei den Kirschen liege der Ernteausfall bei rund 90 Prozent. „Und den Rest haben die Vögel gefressen“, sagt Siegele. Auch bei den Zwetschgen konnte maximal 30 Prozent einer normalen Ernte gezählt werden. Und Nüsse gibt es so gut wie gar keine – die Ausfallquote liegt bei 95 Prozent.

Böse Folgen für Äpfel, Birnen, Kirschen und Nüssen

Weniger dramatisch ist der Schaden bei den Beeren: Die frühen Erdbeeren wurden zwar stark geschädigt, da behalfen sich manche Bauern aber unter anderem mit so genannten Frigopflanzen, die kalt gelagert werden und so auch später noch gepflanzt werden können. Bei den Himbeeren waren die Schäden wegen der späteren Blüte minimal, bei den späten Sorten sogar nicht vorhanden. Insgesamt sind die Rückgänge aber erheblich. Die Kälte im Frühjahr traf nämlich auf Obstbäume, die wegen der ungewohnten Wärme im März im Wachstum zwei Wochen weiter waren als normal. „Und das war dann doppelt fatal“, erklärt Andreas Siegele.

Mit bösen Folgen besonders für Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Nüsse. Christian Hörnle betreibt in Weilimdorf einen Obsthof. Auf dreieinhalb Hektar hat er Apfelbäume, die jetzt ein trauriges Bild abgeben. „Das werden maximal zehn Prozent einer normalen Ernte“, klagt Hörnle. Von einigen Sorten habe er so wenige Früchte an den Bäumen, dass „es gerade für unseren Eigenbedarf reicht.“ Ebenso heftig hat es Jens Bauer vom Apfelparadies aus Bad Cannstatt erwischt. Auf seinen acht Hektar mit 22 verschiedenen Sorten beklagt er einen Ernteausfall von 99 Prozent. „Es ist noch schlimmer gekommen, als wir im Frühjahr gedacht haben“, sagt Bauer, der es im Moment „irgendwie deprimierend“ findet, wenn er seine Bäume sieht. Ab und zu hängt mal ein Apfel dran, aber das ist wirklich nicht viel. Als Folge hat er für seinen Betrieb einen Investitionsstopp für dieses Jahr verhängt. Jetzt stehe erst einmal die Existenzsicherung im Vordergrund.

Obstbauberater rechnet mit 60 000 bis 80 000 Euro Schaden pro Hektar

Die drei Millionen Euro Schaden, die Andreas Siegele für die Stuttgarter Obstbauern im April vorhergesagt hatte, sind wohl auch eingetreten. „Ich rechne bei Äpfeln mit 60 000 bis 80 000 Euro Schaden pro Hektar. Insgesamt hat Stuttgart 200 Hektar Anbauflächen für Obst, dazu gehören allerdings auch die Beeren.“ Nachdem das Land den Frost als Naturkatastrophe eingeordnet hat, haben Betroffene allerdings Aussicht auf eine gewisse Entschädigung. Bis zum 31. Oktober können die Bauern Anträge stellen. Berechtigt dazu ist, wer im belegbaren Vergleich zu den Vorjahren einen Ausfall von mindestens 30 Prozent der Ernte hat. „Das fehlende Obst wird dann mit dem Großhandelspreis bewertet. Erstattet werden 50 Prozent der Schadenssumme, allerdings maximal 50 000 Euro“, erklärt Konrad Rühl, der Leiter des Referats Garten-, Obst- und Weinbau im Ministerium für Ländlichen Raum.

Obst aus der Stadt ist also knapp. Und auch in der Region und im Land sieht es oft trüb aus. Zu allem Überfluss sind weitere 500 Tonnen frisch geernteter Äpfel vor einigen Tagen bei einem Großbrand in einer Lagerhalle in Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee vernichtet worden. Die heimische Ernte wird also wohl nur für ein paar Wochen reichen. Dann wird man Ware aus Übersee brauchen.