Was es im vergangenen Jahr zu wenig gab, hängt nun im Überfluss an den Bäumen: die Obsternte ist in diesem Jahr überdurchschnittlich ausgefallen. Foto: Eppler

Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Nüsse – das alles ist in diesem Jahr im Überfluss vorhanden. Was das für die Ernte des kommenden Jahres bedeutet? Der Obstbauberater Johannes Eder wagt eine Prognose.

Rems-Murr-Kreis - Überfluss, wohin das Auge schaut: Wer dieser Tage durch die Streuobstwiesen in der Region spaziert, sieht vollbeladene Bäume, die zum Teil unter der Last ihrer Früchte zusammenbrechen. Der Obstbauberater des Rems-Murr-Kreises, Johannes Eder, verrät, ob das aktuelle Jahr tatsächlich ein Rekordjahr ist, was die Gründe für die reiche Ernte in diesem Jahr sind und was uns im kommenden Jahr voraussichtlich erwartet.

War das aktuelle Jahr ein Rekordjahr in Sachen Obsternte?

Von einem Rekordjahr will Johannes Eder dann doch nicht sprechen. Er bezeichnet 2018 aber als ein überdurchschnittlich gutes Jahr, was indes für Fachleute keine große Überraschung sei. Sind doch solche ausgesprochen guten Erntejahre laut Eder ganz typisch, wenn es im Jahr zuvor – so wie im vergangenen Jahr 2017 beispielsweise durch Frost – eine extrem schlechte Ernte oder gar einen Totalausfall gegeben hatte. Diese Schwankungen im zweijährlichen Rhythmus nennt man im Fachjargon Alternanz.

Wie kommt es zu solchen Schwankungen bei den Ernteerträgen?

Die Bäume, zum Beispiel Apfelbäume, bilden ihre Blütenknospen für das darauffolgende Jahr bereits von Mitte Juli bis August des Vorjahres aus. Die Knospen für 2018 sind also bereits im Sommer 2017 angelegt worden. Damals hatten die Bäume, die wegen der Frostschäden so gut wie keine Früchte trugen, sehr viel Energie, um Blütenknospen anzulegen, was sich nun in einer reichen Ernte bemerkbar macht.

Wie sieht die Ernteprognose für 2019 aus?

Für das kommende Jahr geht Johannes Eder von einer „maximal durchschnittlichen“ Ernte aus. Denn durch die vielen Früchte, welche die Bäume ausgebildet haben und derzeit noch tragen, bleibt weniger Energie, um neue Knospen anzulegen.

Was kann man als Baumbesitzer gegen Schwankungen tun?

Mit einem fachmännischen Baumschnitt lässt sich laut dem Obstbauberater der Ernteertrag des kommenden Jahres in einem gewissen Maße steuern. Entdeckt man beim Winterschnitt also beispielsweise sehr viele Blütenknospen an den Zweigen, sollte man den Baum stärker beschneiden und ihm dadurch etwas Entlastung für das kommende Jahr verschaffen.

Leidet in einem Jahr mit reicher Ernte die Qualität des Obstes?

Bedingt durch die große Fülle an Äpfeln pro Baum werden nach der Einschätzung des Fachmanns die einzelnen Früchte wohl etwas kleiner ausfallen.

Gibt es Probleme mit Schädlingen?

Ungeziefer ist in diesem Jahr beim Obst laut Johannes Eder kein großes Thema. Der gefürchteten Kirschessigfliege, die sich an Kirschen, Zwetschgen, Mirabellen und allerlei Beeren gütlich tut, sei das Wetter in diesem Jahr schlicht zu heiß und zu trocken gewesen.

Viele erledigen die Ernte gerne in einem Durchgang. Darf man dazu Äpfel vom Baum schütteln?

Jede Apfelsorte hat ihren optimalen Erntezeitpunkt, der eigentlich auch beachtet werden sollte. Der Klarapfel zum Beispiel wird schon Mitte Juli reif, der Brettacher dagegen erst Mitte Oktober. Häufig werden Bäume allerdings schon zu früh geschüttelt, so dass auch unreife Äpfel herabfallen, die eigentlich noch eine Weile hängen bleiben sollten, um ein besseres Zucker-Säure-Verhältnis zu erreichen.

Wo man Obst anbieten und finden kann: Obstbörsen im Landkreis

Obstbörsen: Die einen haben mehr Obst, als sie verbrauchen können, die anderen würden gerne ernten, haben aber kein Grundstück. Da kann die Online-Obstbörse des Vereins Schwäbisches Mostviertel helfen: Unter www.schwaebisches-mostviertel.de kann man unter der Rubrik „Mostviertel-Börse“ Angebote und Gesuche einstellen, also etwa Bäume zum Abernten anbieten oder suchen. Der Landkreis bringt unter www.streuobstwiesen-boerse.de ebenfalls Anbieter und Suchende zusammen.

Afterbergen: Der schwäbische Brauch erlaubte es früher jedermann, nach einem bestimmten Stichtag, meist dem 16. Oktober, zu ernten, was es noch zu holen gab – egal, ob man Eigentümer des Stückles war oder nicht. Dieses Recht besteht heute nicht mehr.