Meik Sartorius aus Bönnigheim (Kreis Ludwigsburg) führt in seiner Edelobstbrennerei eine Familientradition fort bei der Herstellung von Williams-Christ-Schnaps. Sein Großvater war der erste Landwirt, der das in den 1950er-Jahren in Deutschland gemacht hat.
Natürlich war es eine Schnapsidee. Was auch sonst? Als Meik Sartorius’ Großvater Adolf zum ersten Mal eine Birne in eine Flasche hineinwachsen ließ, konnte er nicht ahnen, dass ihm das noch einige Leute nachmachen würden. Ende der 1950er-Jahre war es, als der Bönnigheimer Landwirt das Experiment mit einer Apothekerflasche an einem Baum ausprobierte. „In Deutschland war er der erste, der das gemacht hat“, sagt sein Enkel Meik Sartorius nach eingehender Recherche.
Inzwischen hat er den Obst- und Weinbaubetrieb mit Edelobstbrennerei in Bönnigheim übernommen – und einige Neuheiten kreiert, wie etwa seinen preisgekrönten Cutters Gin. Die Familientradition, Williams-Christ-Birnen in Flaschen wachsen zu lassen, führt er aber weiter, auch wenn es ganz schön aufwendig ist. Ende Mai/Anfang Juni geht das Spiel mit Birne und Flasche immer los. Diesmal sogar etwas früher, weil die Natur so Gas gegeben hatte.
Die Flaschen werden eigens angefertigt
Wieder wurden um die 500 Flaschen an den Williams-Christ-Bäumen in der Obstanlage aufgehängt. Und das muss genau zu dem Zeitpunkt geschehen, wenn die Früchte die Größe haben, dass sie gerade noch durch den Flaschenhals passen, erklärt Meik Sartorius. Längst werden keine schweren Apotheker-Flaschen mehr dazu benutzt. Schon sein Großvater hat schnell spezielle Flaschen für das Birnen-Projekt anfertigen lassen. Sie haben einen kurzen Hals und sind recht großvolumig.
Die Flaschen werden mit Schnüren und manche auch mit einem Stück Draht so am Baum befestigt, dass der Flaschenhals nach unten zeigt. Das ist wichtig, damit sich kein Kondenswasser oder Regen in der Flasche sammeln kann. Ein Netz um die Flasche herum fixiert die Flasche zusätzlich am Baum und schützt außerdem die Frucht vor Sonnenbrand.
Und dann heißt es für die Birne: wachsen. Immer wieder schaut Meik Sartorius nach den Flaschen. Sitzen sie noch richtig? Klemmt eine Birne fest? Etwa Mitte August können die Flaschen dann geerntet werden. Dann geht wieder ordentlich Arbeit los. Denn die Flaschen müssen von Hand außen und mit einer speziellen Bürste auch innen gereinigt werden – und zwar so, dass die Birne nicht beschädigt wird. Danach kommt das hauseigene Williams-Christ-Destillat in die Flasche und das Ganze wandert für zwölf bis 24 Monate zum Reifen in den Keller.
Dieser Aufwand hat seinen Preis. 58 Euro kostet die Williams-Christ-Birne in der Flasche. Billigere Varianten gibt es durchaus im Supermarkt, da ist die Birne dann aber nicht in der Flasche gewachsen, sondern über den offenen Glasboden, der dann angeklebt wird, in das Gefäß gekommen.
Je länger man die Flasche dann selbst lagert, desto mehr Aroma gibt es
Zudem ist der Williams-Christ-Birnenbrand mit eingewachsener Birne durchaus eine Anschaffung, die Jahre und sogar Jahrzehnte Freude bereiten kann. Nach den ein bis zwei Jahren Lagerzeit in Sartorius’ Keller, hat die Frucht schon viel Aroma an das Destillat abgegeben. Je länger man die Flasche dann selbst lagert, desto mehr Aroma gibt es. „Das sieht man schon an der Farbe“, sagt Meik Sartorius. „Nach zehn Jahren hat man eine richtig dunkelgelbe Farbe. Das geht dann bis zum Charakter eines Likörs.“ Wer nicht so lange warten will, kann auch schon vorher vom Schnaps trinken. Es empfiehlt sich, dass die Birne immer bedeckt ist, also sollte man auch Schnaps nachschenken, sagt der Experte. „Keinen Obstler“, betont der Bönnigheimer. „Immer Birnendestillat, idealerweise unseres.“
Wovon er abrät ist, nach dem Leertrinken die Flasche zu zerstören, um die Birne zu verspeisen. „Wer eine Birne essen möchte, soll sich frisches Obst kaufen“, sagt Meik Sartorius. „Und es ist schade um die Flasche. Da füllt man lieber wieder auf.“
Im Hofladen vom Apfelland Sartorius, wo man unter anderem den Birnenbrand mit eingewachsener Frucht kaufen kann, haben Meik Sartorius und zuvor schon die Eltern und Großeltern über die Jahrzehnte übrigens eine interessante Beobachtung gemacht: Schwaben legen offenbar mehr Wert aufs Destillat. Jeder Kunde darf sich im Hofladen die Flasche selbst aussuchen. Dabei zeigt sich, dass Norddeutsche zum Beispiel gerne Flaschen mit besonders großen Birnen nehmen. Schwaben hingegen entscheiden sich in der Regel für eher kleine Birnen. Weil dann mehr Schnaps drin ist.