Seit über 40 Jahren engagieren sich Anneliese und Heinz Möhle als begeisterte Gärtner ehrenamtlich für den Obst- und Gartenbauverein Hegensberg-Liebersbronn. Foto: /Gaby Weiß

Heinz Möhle, scheidender erster Vorsitzender des OGV Hegensberg-Liebersbronn, ist seit 41 Jahren im Vorstand und ein genauer Beobachter der Veränderungsprozesse im privaten Obst- und Gartenbau.

Als Heinz Möhle 1983 seinen Schwiegervater zur Mitgliederversammlung des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Hegensberg-Liebersbronn begleitete, kam er als gewählter Kassier nach Hause: „Ich hätte ja auch ‚nein‘ zum Ehrenamt sagen können“, lacht der 77-Jährige heute. 41 Jahre – davon 18 als Kassenwart, neun als zweiter und 14 Jahre als erster Vorsitzender – hat er die Entwicklung des Vereins mit all ihren Veränderungen aufmerksam begleitet. Im Jubiläumsjahr des OGV, der vor 90 Jahren gegründet wurde, scheidet Heinz Möhle nun aus seinem Amt aus, will dem Verein aber weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen.

 

In den Anfängen als OGV-Kassier sammelte Heinz Möhle noch bei jedem der damals 60 Mitglieder persönlich an der Haustür den Vereinsbeitrag ein. „Die Umstellung auf Bankeinzug war das Erste, was ich verändert habe“, erinnert er sich. Heute ist man digital gut aufgestellt, eine Webseite informiert über die Vereinsaktivitäten, und 90 Prozent der mittlerweile 200 OGV-Mitglieder sind per E-Mail erreichbar: „Für die restlichen zehn Prozent gibt es die Vereinsinfo aber immer noch per Brief, den Helfer austragen“, erzählt Möhle.

Trockenheit und Schädlinge stellen zunehmend Herausforderungen dar

Als erfahrener Garten- und Stücklesbesitzer, dessen Eltern zuhause einen Selbstversorger-Garten hatten, kann Heinz Möhle bei vielen Fragen rund um den Obst- und Gartenbau selbst Auskunft geben. Oder er vermittelt Ratsuchende an Fachleute im Verein. Vieles hat sich seit Möhles Einstieg verändert. „Heute prägen vor allem Diskussionen über Naturschutz und Klimawandel unsere Gespräche“, berichtet er von Problemen mit zunehmender Trockenheit und mit Schädlingen, die über den weltweiten Warenverkehr eingeschleppt und aufgrund des sich wandelnden Klimas auch hier heimisch werden: „Die Kirschessigfliege, der Laubholzbock oder die Walnussfruchtfliege zum Beispiel. Wir Hobbygärtner beobachten die Entwicklung aufmerksam, und wir überlegen sehr genau, welche Pflanzen künftig hier gedeihen können.“

Der Vereinsvorstand organisiert Schnitt- und Veredelungskurse, Fachvorträge, Gartenbegehungen, Blütenrundgänge, Ausflüge und gesellige Aktivitäten. Immer wieder müssen Debatten geführt werden, weil nach dem Landschaftsschutzgesetz häufig weder der Neubau von Geschirrhütten noch das Einzäunen von Streuobstwiesen erlaubt ist. „Wer hat denn in heutigen Wohnungen noch Platz für Rasenmäher und Gartengeräte? Die er dann auch noch jedes Mal im Auto auf seine Wiese transportieren müsste. Und wir haben immer wieder Klagen über Wildschweine, die Grundstücke am Waldrand komplett umpflügen, die nicht eingezäunt werden dürfen“, gibt Heinz Möhle zu bedenken. „Das Landschaftsschutzgesetz soll eigentlich die Landschaft schützen. Aber diese Landschaft mit ihren oft steilen Lagen ist eine Kulturlandschaft. Und die existiert nur durch die Bearbeitung und Pflege durch den Menschen. Wenn der Mensch irgendwann keine Lust mehr hat, sie zu pflegen, weil ihm zu viele Steine in den Weg gelegt werden, dann ist die Kulturlandschaft gefährdet.“

Ein wichtiges Ziel des Vereins ist es, der Überalterung des Baumbestandes, der zum Großteil aus der Vor- und Nachkriegszeit stammt, entgegenzuwirken und die Grundstücksbesitzer zur Neupflanzung von Bäumen zu motivieren. In Jahren mit großer Trockenheit sei das jedoch nicht einfach: „Ein neu gepflanzter Baum muss in den ersten drei, vier Jahren in trockenen Sommern regelmäßig gegossen werden, sonst geht er kaputt. Das ist auf einer Streuobstwiese eine Herausforderung: Nicht jeder kann Hunderte Liter Wasser transportieren“, weiß Heinz Möhle.

Vielen jüngere Besitzer machen lieber Partys auf dem Stückle

Und er weiß auch, dass viele Grundstücksbesitzer ihre Wiesen aus Altersgründen nicht mehr selbst mähen und ihre Bäume nicht mehr selbst schneiden und abernten können. Häufig werden dann die Grundstücke vererbt oder verkauft, wie Möhle beobachtet: „Neue Besitzer wollen oft keinen Selbstversorger-Garten bewirtschaften, der viel Arbeit macht. Sie legen lieber eine Wiese an und veranstalten Partys. Das verwandelt die Landschaft. Außerdem gibt es ja mittlerweile so viele Freizeitangebote, da will nicht jeder einen Garten pflegen.“

Trotz all dieser Veränderungen hat Heinz Möhle den OGV immer mit großem Engagement geführt, auch dank seiner Ehefrau Anneliese, die ihn dabei stets unterstützt hat: „Dieses Amt ist super. Man kann aktiv sein, lernt ganz viele Menschen kennen, man lernt organisieren. Und wenn es gut läuft, darf man das hinterher auch feiern.“ Heinz Möhle, der dem Verein weiterhin als Berater und Reise-Organisator treu bleiben wird, ist guter Dinge, dass sich ein Nachfolger für den Vorsitz finden wird: „Der OGV-Vorstand ist ein sehr gut funktionierendes Team, in dem jeder seine Stärken einbringt.“

Rund um Obst- und Gartenbau

Der OGV
Der Obstbauverein Hegensberg-Liebersbronn wurde 1935 gegründet. Damals sollten die Obstbauern ihre Erträge steigern, um die Versorgung der städtischen Bevölkerung zu gewährleisten. Nachdem immer mehr Obst eingeführt wurde und die Erlöse zurückgingen, wurde häufig nur noch für den Eigenbedarf angebaut. In den 70er-Jahren wurde der Verein zum Obst- und Gartenbauverein erweitert, um über den Obstbau und die Streuobstwiesenpflege hinaus auch gartenbauliches Fachwissen weiterzugeben.

Gemeinschaft
Besonders am Herzen liegt dem Verein das gesellschaftliche Leben mit den regelmäßigen OGV-Stammtisch-Treffen, mit dem Ausrichten von Festen gemeinsam mit „Wir vom Berg“, bei denen Most gepresst und Crepes gebacken werden, sowie mit dem Adventskranzbinden. Und natürlich mit den Ausflügen: Rund 60 Reisen haben Anneliese und Heinz Möhle schon für die Vereinsmitglieder organisiert, im August geht es für fünf Tage an die slowenische Adria, nach Triest und ins kroatische Istrien.

Ehrung
Am 24. Februar wird Heinz Möhle für seine ehrenamtliche Arbeit durch die Stadt Esslingen ausgezeichnet. Und bei der OGV-Mitgliederversammlung am 28. Februar wird ihm vom Landesverband der Obst- und Gartenbauvereine die Bronzene Medaille überreicht.