Die Verwaltung in Oberstenfeld (Kreis Ludwigsburg) will in der Ortsmitte Fußgänger besser schützen. Das will sie mit einer Tempo-20-Zone erreichen. Andere Kommunen haben das schon gemacht. Wie sind dort die Erfahrungen?
Die Ortsmitte von Oberstenfeld gilt als lebendig. Das liegt an an einer attraktiven Mischung aus Ärzten und Geschäften – und genügend Parkplätzen. Der Nachteil im mitunter quirligen Geschehen: Autofahrer müssen sich mit Fußgängern arrangieren und umgekehrt. Die Gemeindeverwaltung will das Miteinander nun auf eine neue Basis stellen: Tempo 20 statt 30.
In Zeiten, in denen so mancher Autofahrer schon mit 30-Stundenkilometer-Grenzen hadert, könnte ein Ja des Gemeinderats am Donnerstag auch Kritik hervorrufen. Tempo 20 als neues Tempo 30 – und damit ein weiterer Markstein, um das Autofahren zu vergällen? Aber das wäre wohl zu kurz gedacht. Einige Kommunen des Landkreises Ludwigsburg haben bereits in engen Innenstadtbereichen auf Tempo 20 umgestellt.
Eine wichtige Zielgruppe in Oberstenfeld sind viele der etwa 300 Mädchen und Buben der Lichtenberggrundschule. Jahrelang regierte morgens das Chaos vor dem Schulgebäude. Zu viele Elterntaxis fuhren vor – Schule und Verwaltung reagierten. Eltern setzen ihre Kinder am Sammelpunkt vor dem Bürgerhaus ab. Von dort gehen die Kinder in zehn bis 15 Minuten durch die Ortsmitte hinauf zu Schule. Größtes Problem dabei: die Großbottwarer Straße. Die Kinder müssen die stark befahrene Verkehrsader überqueren – was mitunter sogar gefährlich ist.
Die Arbeitsgemeinschaft Sicherer Schulweg in Oberstenfeld tritt nun für Tempo 20 ein. „Wir haben die Situation mit dem ADAC und dem Landkreis analysiert“, sagt ein Vorstandsmitglied des Grundschulfördervereins. Die Tempo-20-Zone in der Ortsmitte werde auch vom Landratsamt Ludwigsburg als beste Lösung angesehen. „Das bringt mehr Sicherheit für die Kinder“, findet die Mutter. Und auch Erwachsene seien geschützter.
Landratsamt: In Wohngebieten gibt es keine 20er-Zonen
Offiziell heißt die Tempo-20-Zone „verkehrsgeschützter Geschäftsbereich“. Ein hoher Fußgängeranteil und der Aufenthalt in der Innenstadt sind laut Landratsamt Kennzeichen. „In Wohngebieten könnten solche Bereiche nicht umgesetzt werden“, sagt Andreas Fritz, Pressesprecher des Landratsamtes Ludwigsburg. Für eine Tempo-20-Zone sei auch die Trennung von Gehweg und Fahrbahn wesentlich – im Unterschied zu einem „verkehrsberuhigten Bereich“ mit einer Höchstgeschwindigkeit von nur sieben Stundenkilometern , erklärt Fritz weiter.
Das Rumpeln auf dem Kopfsteinpflaster in historischen Stadtkernen bietet ein zusätzliches Argument für Tempo 20. Denn die langsamer fahrenden Autos lösten weniger Erschütterungen aus, heißt es im Wikipedia-Artikel zu den 20er-Zonen. Die Substanz von denkmalgeschützten Gebäuden leide weniger, auch würden weniger Abgase ausgestoßen als bei Tempo 30.
Die Nachbarstadt Großbottwar hat seit 20 Jahren die Tempo-20-Zone
Gute Erfahrungen hat die Stadt Großbottwar gesammelt. „Unser Tempo-20-Bereich für die komplette Altstadt gilt schon seit 20 Jahren“, sagt der Bürgermeister Ralf Zimmermann. In den verwinkelten Gassen hielten sich die Autofahrer größtenteils daran. „Beschwert hat sich bis jetzt noch niemand.“
Eine Verbesserung strebte die Stadt Bönnigheim an, als sie vor vier Jahren ihre umgestaltete Innenstadt auf Tempo 20 festlegte. „Wichtig sind uns Gastronomie und Einzelhandel“, sagt der Bürgermeister Albrecht Dautel. Vorher sei der Bereich verkehrsberuhigt gewesen, da Gehsteige und Fahrbahn nicht getrennt waren. Dautel erkennt nach dem Wechsel keinen großen Unterschied.