Lea Ruof stand drei Wochen lang täglich um 4.30 Uhr auf, um für das Stadtradeln im Kreis Ludwigsburg Kilometer zu sammeln. Die Oberriexingerin wollte eine Wette gewinnen.
Stiftung Wadentest – so heißt das Team von Lea Ruof. Den Test bestand die 22-Jährige aus Oberriexingen mit Bravour. Sie legte beim Stadtradeln binnen drei Wochen 2247,7 Kilometer zurück. „Am Ende war ich schon etwas fertig“, sagt sie, die jeden Morgen um 4.30 Uhr aufstand. Eine bärenstarke Leistung, bestätigen Insider des Spaßwettbewerbs, der im Kreis Ludwigsburg seit vielen Jahren Tausende Teilnehmer auf die Fahrräder lockt.
Ein Geschäftskollege zweifelte an den Fähigkeiten
Auf die Idee, die 2000er-Marke in Angriff zu nehmen, kam Lea Ruof im Tischtennisverein. Beim TSV Oberriexingen bringt sie Kindern und Jugendlichen das Einmaleins des Pingpongs bei. Als ein 14-Jähriger sich dort 2000 Kilometer als Ziel setzte, nahm sie sich vor mitzuhalten. Ein Geschäftskollege zweifelte und wettete dagegen. Jetzt darf er ihr dreimal das Fahrrad putzen.
Ohne Fleiß gab es jedoch keinen Preis. Der Ehrgeiz der Sportlerin war geweckt: „Ich wollte unbedingt die Wette gewinnen.“ Dazu brauchte Lea Ruof einen Plan. Die Industriekauffrau erweiterte ihren Weg zur Arbeit, indem sie morgens erst in die andere Richtung an der Enz bis nach Vaihingen fuhr und dann „oben herum“ über Sersheim und Sachsenheim nach Bietigheim-Bissingen. Die gut 30 Kilometer lange Strecke toppte sie noch mit einem etwa 80 Kilometer langen Rückweg, der über Marbach, Ludwigsburg und Vaihingen wieder zurück führte.
Überhaupt, das Stadtradeln in Oberriexingen: Lea Ruof ist nicht die einzige in dem 3300-Einwohner-Ort, die sich vom Radfieber hat anstecken lassen. Das belegt eine vorläufige Auswertung im Ranking der 39 Kreiskommunen. Da belegt die Stadt Platz eins mit ihren aktuell rund 51 000 Kilometern. Gemessen an der niedrigen Einwohnerzahl kommt jeder Oberriexinger auf einen Spitzendurchschnittswert von 15,1 Kilometern.
Ihre Städterivalen hängen die Oberriexinger mit ihren Pro-Kopf-Kilometern um Längen ab. Und das nicht zum ersten Mal. „Wir machen erst zum dritten Mal mit, haben aber immer gewonnen“, so Susanne Grieble vom Bürgeramt. Allenfalls Schwieberdingen mit seinen vielen Bosch-Mitarbeitern könnte gefährlich werden. Aber die mit derzeit rund 95 000 Kilometern notierte Gemeinde erreicht bislang nur einen Pro-Kopf-Schnitt von etwa 8,0 Radelkilometern.
Was ist das Geheimnis des Oberriexinger Erfolgs? Nicht nur Spitzenwerte wie die von Lea Ruof, sondern auch die Kilometer und eingesparten CO2 -Werte der Vereine werden bei der „Summernight“, einem Fest zu Ferienbeginn auf dem Kronenplatz, öffentlich gewürdigt. Susanne Grieble und ihre Kollegin Kathrin Hüeber verteilen ein „Festles-Paket“ mit Gutscheinen vom Getränkehändler und Caterer für die ortsintern siegreiche Feuerwehr. Geehrt werden außerdem die kilometerstärksten Über-80-Jährigen ebenso wie die besten U10- und U18-Teilnehmer wie auch die Spitzenreiter wie Lea Ruof. Und selbst eine Dreijährige darf mit ihren zwölf zurückgelegten Radkilometern mit vor die Bühne treten. Da staunt der Interimsbürgermeister Gerd Maisch und applaudiert.
Die Gründe für den Oberriexinger Fahrrad-Hype dürften vielfältig sein. Einerseits spreche sich das Stadtradeln herum, auch in den Vereinen, sagt Susanne Grieble. Aber auch die intensive Werbung durch die Kommune sei ein Faktor. Eigens gelabeltes „Stadtradler“ gebe es beim Fest und Älteren werde beim Eintragen des Tagesergebnisses geholfen, wenn sie mit der App auf dem Handy nicht klarkommen.
Und wie sieht es in Kommunen auf den hinteren Rängen aus? Der Hessigheimer Bürgermeister Günter Pilz will nicht glauben, dass seine Gemeinde mit 2200 Kilometern und 0,86 Kilometern pro Einwohner auf dem letzten Platz rangiert: „Wir hatten voriges Jahr 11500 Kilometer und 51 Teilnehmer.“ Allerdings habe die Verwaltung auch viele Pflichtaufgaben und sei unterbesetzt. „Da ist es vielleicht aus dem Blick geraten.“
Der Rekord im Landkreis liegt in diesem Jahr bei 3050 Kilometern
Das Landratsamt Ludwigsburg wertet das Stadtradeln derzeit aus, wartet aber noch auf Nachträge, die noch möglich seien. Lea Ruof halte mit ihrem Ergebnis nicht den Rekord – der liege in diesem Jahr bisher bei 3050. „Mit 2000 Kilometer gehört man aber auf jeden Fall zu den ganz Fleißigen“, sagt der LRA-Sprecher Andreas Fritz.
Der Landkreis Ludwigsburg ist übrigens mit dem 11. Platz im Bundesranking der Städte über 500 000 Einwohner ein ganz starker Wettbewerber und spielt in einer Liga mit Städten wie Berlin, Münster und Köln. Die Teilnehmerzahl sei erstmals rückläufig, aber die Kilometerwerte bewegten sich nach wie vor auf einem stabilen Niveau.
Welches ist das beste Team im Landkreis Ludwigsburg?
Bestes Team
Das Mörike-Gymnasium Ludwigsburg liegt bei den Teams im Kreis Ludwigsburg vorne. Die Schule hat offenbar viele Mitradler: 1423 Personen schafften rund 70 000 Kilometer. Das bedeutet Rang 3 in der Landeswertung der Schulen. Die rege Bosch-Gruppe brachte es als Zweite auf 52 000 Kilometer, hatte aber nur 176 Radler, was sich im hohen Pro-Kopf-Wert von 296 Kilometern widerspiegelt. Dieser liegt beim Mörike-Gymnasium bei 49 Kilometern. Den höchsten Pro-Kopf-Wert im Kreis Ludwigsburg erreichten einzelne Radler.
Nachtragefrist
Registrierte Teilnehmer können bis sieben Tage nach Aktionsende Kilometer nachtragen, die sie gesammelt haben, teilt Stadtradeln mit.