Kurden demonstrieren für ihre Rechte – mit dem Bild des PKK-Führers Öcalan. Foto: dpa

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einen Türken zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Der 47-Jährige soll ein Mitglied der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK sein.

Stuttgart - Unter massiven Sicherheitsvorkehrungen hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart am Donnerstag einen PKK-Funktionär zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Der 47-jährige Türke kurdischer Volkszugehörigkeit sei Mitglied der als Terrororganisation eingestuften kurdischen Volkspartei PKK, so der 6. Strafsenat.

Justizwachtmeisterinnen und -wachtmeister sowie die Polizei hatten keine Probleme mit den Anhängern des Angeklagten. Nur einmal wurde es laut im Saal, was allerdings bei PKK-Prozessen schon Usus ist. Immer wenn der Angeklagte vorgeführt wird, erheben sich seine Gesinnungsgenossen und applaudieren. Das war an allen der 44 Prozesstagen seit Beginn der Verhandlung im November vorigen Jahres der Fall. Danach herrschte Ruhe.

Der Angeklagte schwieg vor Gericht

Der 47-Jährige, der vor Gericht keine Angaben machte, soll von Mitte August 2013 bis Juli 2014 den PKK-Sektor Süd 2 mit Sitz in Stuttgart geleitet haben. Im Rahmen der Kaderrotation übernahm er anschließend die Leitung des Gebiets Dortmund, um später Chef in Düsseldorf zu werden. Mitte Februar 2016 war der Mann festgenommen worden.

Seit 1984 führt die PKK einen bewaffneten Kampf in der Türkei. „Dabei geht es um Mord und Totschlag und nicht um das gebetsmühlenartig vorgetragene Recht auf Selbstverteidigung“, so der Vorsitzende Richter Claus Belling. Die PKK beanspruche das alleinige Vertretungsrecht aller Kurden. Unwillige würden drangsaliert, Abweichler hart bestraft – auch mit dem Tod. Allein im Jahr 2015 habe die PKK in der Türkei mehr als 700 Anschläge verübt. Dabei würden auch Selbstmordeinheiten eingesetzt. Meist seien türkische Sicherheitskräfte das Ziel der Bombenanschläge.

„Kein Freibrief für Mord und Totschlag“

Der Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat habe der PKK und deren Ablegern zwar eine gewisse Sympathie eingebracht, aber: „Auch dies ist kein Freibrief für Mord und Totschlag“, sagte der Vorsitzende Richter.

Vor allem das Bundesgebiet gilt als besonders interessant für die PKK, weil in Deutschland rund 800 000 Kurden leben, in Baden-Württemberg sind es ungefähr 1200. Die kurdische Arbeiterpartei gilt als straff hierarchisch organisiert und verfügt über Parteizeitungen, über TV-Sender und Internetplattformen.

„Der Senat verkennt nicht, dass der türkische Staat 2002 das Kriegsrecht über die Kurdengebiete verhängt hat“, so Richter Belling. Die türkischen Behörden reagierten auf Demonstrationen von Kurden oft mit „exzessiver Gewalt“, bis hin zum Tod von Demonstranten. Tausende Häuser seien im Kurdengebiet zerstört worden, ungezählte Menschen litten unter Zwangsumsiedlungen. „Das ist alles furchtbar“, so Belling. Dies alles ändere aber nichts daran, dass die PKK als terroristische Vereinigung eingestuft sei.

In der Türkei gefoltert

Die Aufgabe des Angeklagten sei die Organisation von Veranstaltungen und die Verwaltung von Spendengeldern gewesen. Diese Spenden würden auch mittels massivem Druck eingetrieben. Zudem rekrutierten die Sektionsleiter auch Kämpfer. Der 47-Jährige, der nach Folterungen in der Türkei 2006 nach Deutschland gekommen war, hatte in seinem letzten Wort gesagt, er habe nur legale Veranstaltungen in Deutschland organisiert. Das sei widerlegt, so das Gericht. Die Verteidigung hatte beantragt, das Verfahren einzustellen. Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Strafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert.