Jörg Ebermann, hier mit seiner Tochter Maria, ist Wirt aus Leidenschaft. Foto: Horst Rudel

Jörg Ebermann und seine Mitstreiter helfen den erschöpften Messebesuchern in Halle 6 schnell wieder auf die Beine. Der Linde-Wirt aus Oberboihingen ist seit dem Jahr 1996 im Auftrag der Tourismusgesellschaft des Landes für das leibliche Wohl des CMT-Publikums zuständig.

Oberboihingen/Stuttgart - Ganz rund, das gibt er ehrlich zu, läuft es nicht mehr bei Jörg Ebermann. 35 Berufsjahre an vorderster Front als Küchenchef und Gastwirt gehen eben ordentlich auf die Knochen. Doch seine liebste Sportübung, den gastronomischen Spagat, schafft der 60 Jahre alte Wirt aus Leidenschaft noch immer problemlos. Ob das Leberkäs-Weckle oder die Sauren Kutteln für den erschöpften CMT-Bummler an den Stehtischen der SWR-Showbühne oder leckere Schnittchen im abgegrenzten Bereich für die hochrangigen Ehrengäste der Tourismusgesellschaft Baden-Württemberg – in der Messehalle 6, in Jörg Ebermanns gastronomischem Reich, kommt jeder auf seine Kosten.

Es ist eine Herrschaft auf Zeit. Zehn Tage dauert der kulinarische Messeeinsatz auf den Fildern. In Oberboihingen leitet der Küchenchef dagegen seit dem Jahr 1982 das Gasthaus Linde. Seitdem wird seine Küche von den strengen Restaurantkritikern des Guide Michelin mit einem Bip Gourmand ausgezeichnet. In der Branche gilt das als der Ritterschlag, als der kleine Michelin-Stern. „Das ist genau das, was wir anstreben“, sagt Ebermann. Der Bib Gourmand bewegt auch schon mal Geschäftsreisende und Touristen, von der Autobahn abzufahren und einen Umweg über Oberboihingen zu machen. „Wir bemühen uns, dem Gast mit normalem Geldbeutel eine besondere Qualität zu bieten“, verspricht ihnen der Chef.

„Preiswürdig“ im eigentlichen Sinne des Wortes

Im Ebermannschen Stammhaus kostet das Tagesessen weniger als acht Euro. „Preiswürdig“ zu sein im eigentlichen Sinne des Wortes, das ist der Anspruch. „Wenn ein Gast das Lokal betritt, gibt es für ihn keinen besseren Empfang als ein lebendiges Stimmengewirr und fröhliches Lachen“, sagt der Wirt. Dazu brauche es keine Kellner auf Stelzen, so sein verschmitzter, aber unmissverständlicher Seitenhieb auf die überkandidelte Sterne-Gastronomie.

Wenn Stimmengewirr der Maßstab ist, dann ist Ebermanns Messetheke in Halle 6 die gastronomische Top-Adresse dieser Tage. Bis zu 250 Gästen kann die eingespielte Linde-Mannschaft dort gleichzeitig verköstigen. Der Chef ist überall – mal in der Küche, mal am Tresen und nicht selten räumt er sogar die Teller mit den Essensresten von den Tischen. „Da komme ich als Koch wenigstens auch mal raus“, sagt er.

Sein Arbeitstag auf der Messe beginnt um 7 Uhr – wenn es das erste Pressefrühstück vorzubereiten gilt, und endet nach 22 Uhr, wenn auch der letzte Messeempfang in Auflösung begriffen ist. Während der Chef durcharbeitet, lösen sich die bis zu zwölf Mitarbeiter pro Schicht ab.

Mit drei Stehtischen hat alles begonnen

Begonnen hat alles im Jahr 1996. „Damals haben wir auf dem Killesberg drei Stehtische in einen Gang gestellt“, erinnert sich Ebermann. Seither ist der Oberboihinger als Platzhirsch gesetzt, auch wenn er betont, dass er sich auf die Ausschreibung hin jedes Mal wieder neu um den Zuschlag für die CMT bewerben muss. „Das Pfund, mit dem wir punkten, ist Zuverlässigkeit“, sagt er. Aus dem Stand einen zuvor nicht angekündigten Empfang mit 30 Gästen zu stemmen, das schaffe nur eine eingespielte Mannschaft.

Um beim Bild aus dem Sport zu bleiben: Zeit zum Trainieren haben der Teamchef und seine Mitstreiter genug. Seit dem Umbau der Stadthalle in Nürtingen schwingt Ebermann auch dort den Kochlöffel. „Der Start war mühsam, aber jetzt ist es eine tolle Geschichte“, sagt der umtriebige Gastronom, der nebenbei auch ein erfolgreiches Catering-Unternehmen betreibt – und räumt den nächsten Teller vom Tisch.