Die Landes-SPD lässt die Statuten sprechen. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Landes-SPD straft das SPD-Mitglied Marian Schreier für dessen „unsolidarisches Verhalten“ bei der OB-Bewerbung in Stuttgart ab. Das wirkt eher verzwungen als überzeugend, findet Lokalchef Jan Sellner.

Stuttgart - Vor lauter Corona hätte man fast vergessen, dass in Stuttgart in diesem Jahr OB-Wahl ist. Die Stuttgarter SPD erinnert uns jetzt auf sehr spezielle Weise an den Wahltermin im November. Kurzfristig informierte sie am Montag die Öffentlichkeit darüber, dass sie ein Parteiordnungsverfahren gegen ihr Parteimitglied Marian Schreier einleiten wird. Der Vorwurf: „unsolidarisches Verhalten“. Der 30-jährige Tengener Bürgermeister hatte der Stuttgarter SPD im Zuge der Kandidaten-Nominierung einigen Ärger bereitet und war Wege gegangen, die von denen der Partei abwichen und die man als Solopfade verstehen kann. Zur Strafe soll Schreier aus der SPD ausgeschlossen werden; als Sofortmaßnahme verfügte der SPD-Landesvorstand, dass dessen Mitgliedschaftsrechte für drei Monate ruhen.

Geht der Schuss nach hinten los?

Besonders einfallsreich ist das nicht. Und auch nicht besonders klug. Die Disziplinierungsmaßnahme könnte vielmehr in die Kategorie fallen: „Schüsse, die nach hinten losgehen“. Parteiausschlussverfahren, das ist in der SPD hinlänglich bekannt, ziehen sich lange hin. Ihr Ausgang ist offen. Der Wahlkampf des von der Stuttgarter SPD nominierten OB-Kandidaten Martin Körner könnte dadurch mit dem Makel behaftet sein, einen unliebsamen Mitbewerber aus dem Feld schlagen zu wollen. Auf den politischen Nachwuchs, mit dem die „alte Tante SPD“ so wenig gesegnet ist wie andere Parteien, wirkt das Vorgehen abschreckend. Und dem Charakter der OB-Wahl als Persönlichkeitswahl wird es überdies nicht gerecht. „Auf den Stimmzetteln stehen Namen, keine Kürzel von Parteien“, wandte der Vorsitzende des SPD-Kreisverbands Konstanz, Tobias Volz, gegen das Abstrafen Schreiers durch die Landes-SPD ein. Damit hat er recht.