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Keiner der 14 Kandidaten erhielt die erforderliche absolute Mehrheit, zweiter Wahlgang am 21. Oktober. Kretschmann gratuliert Kuhn.

Stuttgart - Der Grünen-Politiker Fritz Kuhn hat den ersten Wahlgang der Stuttgarter Oberbürgermeister-Wahl gewonnen und geht nun als Favorit in die Endrunde. Der Bundestagsabgeordnete setzte sich am Sonntag knapp gegen den bürgerlichen Kandidaten Sebastian Turner durch. Da auch Kuhn nicht die absolute Mehrheit erreichte, wird eine Neuwahl am 21. Oktober notwendig. Der parteilose Werbeprofi Turner wird von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützt. Nun kommt es darauf an, ob es Kuhn im zweiten Wahlgang gelingt, die Stimmen aus dem linken Lager auf sich zu vereinen.

Bislang galt der OB-Posten als CDU-Bastion. Nachdem die Union vor eineinhalb Jahren die Landtagswahl gegen Grüne und SPD verlor, wäre ein Scheitern bei der OB-Wahl eine weitere empfindliche Niederlage für sie. Stuttgart wäre die erste Landeshauptstadt, die von einem Grünen regiert wird.

Nach dem vorläufigen Endergebnis des ersten Wahlganges kam Kuhn auf 36,5 Prozent der Stimmen. Turner, der auch von FDP und Freien Wählern unterstützt wird, erreichte 34,5 Prozent der Stimmen. Die Schwäbisch Haller Sozialbürgermeisterin Bettina Wilhelm erhielt 15,1 Prozent der Stimmen. Auf den profilierten Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21, Hannes Rockenbauch, entfielen 10,4 Prozent der Stimmen.

Machen Wilhelm und Rockenbauch weiter?

Der endgültige Ausgang der OB-Wahl wird wesentlich davon beeinflusst, wie sich Wilhelm und Rockenbauch verhalten. Treten sie nicht zurück, droht eine Zersplitterung der Stimmen im linken Lager. Damit würden die Chancen für Turner steigen. Sowohl Wilhelm als auch Rockenbauch ließen ihre Entscheidung zunächst offen.

Der 57-jährige Kuhn zeigte sich am Sonntagabend siegessicher. „Ich habe den Eindruck, dass wir in 14 Tagen gewinnen.“ Das Ergebnis von Turner nannte er „verheerend“. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach von einem „großartigen Ergebnis“ für Kuhn. „Sofern die anderen Kandidaten nicht mehr antreten, hat er nun im zweiten Wahlgang gegen Herrn Turner eine hervorragende Chance, der neue Oberbürgermeister unserer Hauptstadt zu werden.“ Turner gab sich hingegen angriffslustig: „In den nächsten zwei Wochen ist noch viel zu tun. Wir werden jetzt noch ordentlich eine Schippe drauflegen und dann holen wir das“, rief er seinen Anhängern im Stuttgarter Ratskeller zu.

Während Turner vor allem in den Außenbezirken Stuttgarts punkten konnte, lag Kuhn in den innerstädtischen Gebieten deutlich vorne. Zur OB-Wahl in der sechstgrößten Stadt Deutschlands waren 415 000 Bürger aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag bei 46,7 Prozent. Nach 16 Jahren auf dem Chefsessel trat Amtsinhaber Wolfgang Schuster (CDU) nicht mehr an. Er war das dritte Stadtoberhaupt nach dem Krieg und der zweite CDU-Oberbürgermeister. Um seine Nachfolge hatten sich 14 Kandidaten beworben. Der neue Oberbürgermeister wird von Januar an mit einem Gemeinderat zusammenarbeiten, in dem die Grünen vor der CDU die stärkste Fraktion stellen.

Rockenbauch wollte sich am Sonntag nicht festlegen, ob er im zweiten Wahlgang wieder antreten will. Er wolle sich erst einmal mit seinen Wahlhelfern beraten und dann im Laufe dieser Woche eine Entscheidung bekanntgeben. Zu seinem Abschneiden meinte er: „Das ist ein tolles Ergebnis, wenn man überlegt, wo wir gestartet sind.“

Die SPD-Kandidatin Wilhelm will bereits an diesem Montag ihre Entscheidung bekanntgeben, ob sie in zwei Wochen wieder antritt. Sie sagte über ihren dritten Platz: „Klar bin ich enttäuscht. Mit diesem Ergebnis habe ich nicht gerechnet.“ Die Zuspitzung auf einen Zweikampf zwischen Kuhn und Turner in der letzten Woche habe ihr sehr geschadet. SPD-Generalsekretärin Katja Mast sprach von einem „enttäuschenden Ergebnis“, obwohl Wilhelm einen „super Wahlkampf“ gemacht habe. Zu einem denkbaren Rückzug Wilhelms sagte Mast: „Sie wird nun eine Nacht darüber schlafen und dann souverän entscheiden.“

Baden-Württembergs CDU-Landeschef Thomas Strobl sieht in dem eher enttäuschenden Ergebnis für Turner „eine solide Ausgangsbasis für den entscheidenden Wahlgang in zwei Wochen“. Dann müsse das bürgerliche Lager zusammenstehen. „Im Schlussspurt kommt es vor allem auch darauf an, die Mehrheit der Stuttgart-21-Befürworter zu mobilisieren.“ Turner sei der einzige Kandidat, der sich für das Milliarden-Bahnprojekt starkmache, sagte Strobl.

Erste Eindrücke aus dem Rathaus direkt nach der Veröffentlichung des Wahlergebnisses gibt es in unserer Fotostrecke.