Der 40-jährige Marco Steffens tritt im Dezember das Amt des Oberbürgermeisters an. Foto: privat

Der CDU-Kandidat Marco Steffens holt in Offenburg die absolute Mehrheit. Mit 52 Prozent der abgegebenen Stimmen zieht er seinen fünf Mitbewerbern davon. Der Zweitplatzierte Harald Rau erhält 32,9 Prozent, keine Chance hat der AfD-Bewerber.

Offenburg - Die mittelbadische Kreisstadt Offenburg (Ortenaukreis) bekommt nach 16 Jahren Amtszeit von Edith Schreiner (CDU) einen neuen Oberbürgermeister. Die 60-Jährige war nicht mehr zur Wahl angetreten. Bereits im ersten Wahlgang siegte am Sonntag Marco Steffens (40), der Bürgermeister der Offenburger Nachbargemeinde Willstätt, mit 52 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der von SPD und Grünen favorisierte parteilose Kandidat Harald Rau (56), amtierender Sozialdezernent von Köln, blieb mit 32,9 Prozent weit hinter den Erwartungen seiner Unterstützer zurück. Von den vier weiteren Kandidaten konnten nur der 29-jährige Tobias Isenmann (7,8 Prozent) und der AfD-Landessprecher Ralf Özkara (5,4 Prozent) nennenswerte Ergebnisse erzielen. Zwei weitere Kandidaten erhielten 1,6 beziehungsweise 0,3 Prozent der Stimmen. Wahlberechtigt waren 48 600 Wähler, die Wahlbeteiligung lag bei 47,7 Prozent.

Der Sieg ist für viele eine Überraschung

Der Sieg des CDU-Kandidaten im ersten Wahlgang wurde von den knapp 1000 vor dem historischen Rathaus versammelten Bürgerinnen und Bürgern allgemein als überraschend wahrgenommen. Bei sechs Bewerbern schien ein zweiter Wahlgang geradezu unumgänglich. Zudem haben sich deutliche Unterschiede im Profil der beiden Hauptkontrahenten selten gezeigt. Sowohl Steffens als auch Rau haben sich als erfahrene Fachleute mit Detailwissen präsentiert. Der Willstätter Bürgermeister Steffens konnte kommunalpolitische Erfahrung vorweisen. Er ist seit 2007 Bürgermeister der knapp 10 000 Einwohner zählenden Kommune. Der Kölner Sozialdezernent Rau verwies dagegen auf seine Leitungs- und Führungskompetenz, die er als zeitweiliger Leiter eines sozialen Unternehmens im Pflege- und Gesundheitsbereich erworben hatte.

Politische Unterschiede zeigten sich im Bereich der Sicherheitspolitik. CDU-Mann Steffens befürwortet die Einrichtung eines kommunalen Ordnungsdienstes, Rau plädierte für eine Stärkung der Polizei und der präventiven Sozialarbeit. Einer Verengung der Sicherheitspolitik auf straffällige Asylbewerber sind jedoch beide Favoriten entgegengetreten. Ausschließlich dieses Feld hatte der AfD-Landessprecher Ralf Özkara beackert, der die Sicherheitslage in Offenburg als „desaströs“ bezeichnet hatte. Die AfD hatte nach dem Mord an einem Offenburger Arzt im August kurzfristig ihren baden-württembergischen Spitzenmann ins Rennen geschickt. Der Arzt war von einem offenbar geistig verwirrten somalischen Asylbewerber mit einem Messer angegriffen und getötet worden. Die Hintergründe der Tat sind bis heute nicht aufgeklärt. Dass die AfD aus dem Verbrechen keinen politischen Profit ziehen konnte, ist bei der Bekanntgabe des Ergebnisses mit spontanem Beifall aufgenommen worden.

Enttäuschung bei Harald Rau

Während sich der Wahlsieger Steffens nach einem selbst dirigierten Ständchen der Stadtmusik mit Familie, Freunden und Anhängern zum Feiern in ein Brauhaus zurückzog, sagte der unterlegene Harald Rau auf dem Rathausvorplatz, er habe „eine tolle Stadt kennengelernt, viele besondere Menschen, und in diesen Wochen eine ganz besondere Zeit erlebt“. Seine Niederlage nannte er „enttäuschend“, es mache ihn „traurig, dass ich so viel Hoffnung gespürt habe. So viele Menschen, die mitgemacht haben, um ihr Offenburg zu gestalten.“

Der in Villingen-Schwenningen geborene neue Offenburger Oberbürgermeister Steffens hat Verwaltungswissenschaften an der Universität Konstanz studiert. Er war von 2005 bis zu seiner Wahl in Willstätt im Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum in Stuttgart persönlicher Referent des Ministers Peter Hauk (CDU). Beobachter des Wahlkampfes attestierten dem 2015 in Willstätt mit 95,6 Prozent wiedergewählten Steffens, in Offenburg einen professionellen Wahlkampf mit hoher persönlicher Präsenz geführt zu haben.