Ulrike Baumgärtner will bei der nächsten Wahl zur Oberbürgermeisterin von Tübingen antreten. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Im Streit mit Amtsinhaber Palmer haben sich die Grünen in Tübingen für eine Urwahl zur Bestimmung eines Kandidaten für die OB-Wahl entschieden. Palmer selbst tritt bei der Wahl im Herbst als unabhängiger Kandidat an. Seine Konkurrentin heißt Baumgärtner.

Die Grünen in Tübingen schicken Ulrike Baumgärtner ins Rennen bei der Oberbürgermeisterwahl im Herbst. Die 42-Jährige Ortsvorsteherin im Tübinger Stadtteil Weilheim erhielt bei einer Urwahl am Sonntag 149 Ja-Stimmen (55 Prozent), 103 (38 Prozent) wahlberechtigte Mitglieder des Stadtverbands stimmten gegen sie. Es gab 19 Enthaltungen (7 Prozent). Auf den umstrittenen Amtsinhaber Boris Palmer entfielen 14 Stimmen, obwohl er an der Urwahl gar nicht teilgenommen hatte. Möglich war dies durch ein Freifeld, in dem auch ein anderer Name als der der offiziellen Kandidatin eingetragen werden konnte. Die Stimmen für Palmer sind jedoch ungültig. Es gab 496 Wahlberechtigte. Gewählt haben 287 Wahlberechtigte (58,9 Prozent).

Baumgärtner sagte nach ihrer Wahl: „Es ist ein eindeutiges Ergebnis. Es ist ein klares Zeichen für eine neue Debattenkultur und für eine ganzheitliche grüne Kommunalpolitik in Tübingen. Wir Grünen haben den Anspruch im Herbst auf Platz eins zu landen.“

Streit mit Palmer

Marc Mausch vom grünen Stadtverband zeigte sich zufrieden mit dem Wahlverlauf. Die Urwahl sei von den Mitgliedern gut angenommen worden. Unregelmäßigkeiten seien von der zwölfköpfigen Wahlkommission nicht festgestellt worden. „Die grüne Partei feiert in der Tübinger Craft-Brauerei Freistil das Ende des innerparteilichen Wahlkampfs“, sagte Carsten Schuffert von der Wahlkommission.

Die Mitgliederversammlung der Grünen in Tübingen hatte im Streit mit Palmer im vergangenen Jahr beschlossen, ihren Kandidaten für die OB-Wahl am 23. Oktober erstmals in einer Urwahl zu bestimmen. Baumgärtner warf wenige Tage danach ihren Hut in den Ring. Mitte Januar teilte Palmer mit, bei der OB-Wahl seiner Stadt im Herbst nicht als Kandidat der Grünen antreten zu wollen. Er werde sich wegen des Parteiausschlussverfahrens gegen ihn nicht am Nominierungsprozess beteiligen. Der 49-Jährige ist seit 2007 OB in der Universitätsstadt.

In ihrem Fahrplan für die Urwahl legten die Grünen fest, dass die Mitglieder bei der Urwahl auch die Möglichkeit bekommen sollten, eine andere Person auf einem Freifeld zu nennen. Um zu vermeiden, dass sie bei der Urwahl ohne Ergebnis dastehen, wurde ein bestimmtes Vorgehen beschlossen: Damit bei der Urwahl beispielsweise Palmer viele Stimmen bekommt, aber gar nicht gewählt werden will, sollte der Name auf dem Freifeld nur gültig sei, wenn sich Palmer bis zum Beginn der Urwahl dazu äußert, ob er das Votum annehmen würde. Sonst seien die Stimmen ungültig.

Seit Jahren umstrittener Rathauschef

Kurz vor der Urwahl reagierte Palmer. „Bekanntlich habe ich erklärt, dass ich mich am Urwahlverfahren nicht beteiligen kann, weil parallel ein Ausschlussverfahren läuft. Daran hat sich nichts geändert. Nun wie gefordert zu erklären, dass ich „die Wahl annehmen“ würde, (...) würde auf eine verdeckte Kandidatur hinauslaufen. Das hielte ich für unlauter und kann diese gewünschte Erklärung daher nicht abgeben“, heißt es in einem der dpa vorliegendem Schreiben Palmers an den Vorstand. Nach dieser Antwort Palmers beschloss der grüne Vorstand in Tübingen, Stimmen für Palmer bei der Urwahl als ungültig zu werten.

Dem bundesweit bekannten, aber in seiner Partei seit Jahren umstrittenen Rathauschef droht der Ausschluss, weil ihm die Grünen kalkulierte Tabubrüche und Entgleisungen vorhalten. Auslöser für das Verfahren war ein Facebook-Beitrag Palmers im Mai über den früheren deutschen Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, in dem Palmer das sogenannte N-Wort benutzt. Mit diesem Begriff wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Palmer beteuerte, seine Äußerung sei ironisch gemeint gewesen. Doch für die Grünen war das Maß voll.