Fritz Kuhn im Stuttgarter Rathaus: Bis Ende 2020 ist ihm genug. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski Foto:  

Der Grünen-Politiker auf dem OB-Sessel der Landeshauptstadt will von 2021 an noch einmal etwas anderes machen. Die Entscheidung, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren, fiel ihm aber aus verschiedenen Gründen schwer.

Stuttgart - Fritz Kuhn hat sich anders entschieden, als die meisten Beobachter vorauszusehen meinten – und will im Stuttgarter Rathaus keine Verlängerung anstreben.

Für die Entscheidung, sich bei der OB-Wahl am 8. November nicht um eine zweite Amtszeit zu bewerben, hat das Stadtoberhaupt mit dem Grünen-Parteibuch nach eigener Auskunft freilich noch die Weihnachtszeit gebraucht. Der Entschluss nach Beratungen mit seiner Frau Waldtraud Ulshöfer sei ihm nicht leicht gefallen, sagt Kuhn am Dienstagvormittag. Nachgedacht habe er schon „seit Sommer“, doch diese Überlegungen habe er damals noch „nicht finalisiert“. Bei den städtischen Haushaltsberatungen sei für ihn eben viel zu tun gewesen.

Persönliche Gründe geben den Ausschlag

Den Verzicht begründet Kuhn nun mit familiären und „ganz persönlichen Gründen“, vor allem mit dem Alter. Am Wahltag wird er 65 Jahre alt sein. Die neue Amtszeit könnte er bis zum 73. Lebensjahr absolvieren. „Da ist dann aber die Frage, ob man noch etwas anderes machen will“, sagt er. Jedenfalls sah er sich nicht imstande, den Wählern rund siebeneinhalb Jahre bis zur Altersgrenze zu versprechen. Davon würden die Menschen aber ausgehen, wenn man antrete und mit Mitbewerbern konkurriere, die auch für acht Jahre antreten. Dass sein Parteifreund Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident, sich im kommenden Jahr mit dann 72 Jahren noch einmal zur Wahl stellen will, sei dessen Entscheidung und findet auch Kuhns Zustimmung, aber er selbst habe sich eben anders entschieden, sagt Kuhn.

Was er stattdessen nach dem Ende seiner OB-Zeit von Anfang 2021 an machen will, verrät Kuhn nicht. Nur so viel: „Das ist kein Abschied vom grünen Homo politicus Kuhn.“ Mit anderen Worten: Kuhn habe 40 Jahre Politik für die Grünen gemacht, Kuhn mache weiter grüne Politik – zumal „das Grüne immer wichtiger wird“. Doch über neue mögliche Posten zu reden, wie es manche Journalisten am Dienstag gern hören würden, sei nicht seine Art.

Angst vor Gegenkandidaten? Nein, sagt der OB

Das lässt Raum für Spekulationen, die Kuhn sogleich wieder abräumen will. Nein, sein Entschluss habe nichts mit der Unzufriedenheit mancher Umweltverbände zu tun, denen die städtischen Bemühungen um Klimaschutz und Energiewende nicht weit genug gehen. Er habe auch nichts mit der Affäre um Geschäfte des städtischen Klinikums mit ausländischen Patienten zu tun, die noch immer Prüfer im Regierungspräsidium und die Staatsanwaltschaft beschäftigt und die auch Kritik an Kuhn im Gemeinderat nach sich gezogen hat – wenn auch nicht bei den Grünen dort.

Er habe auch keine Angst gehabt vor möglichen Gegenkandidaten wie dem CDU-Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann oder dem Rathaus-Fraktionschef Alexander Kotz, die an einer Bewerbung interessiert sind, gibt Kuhn zu verstehen. „Wer mich kennt, weiß: Ich wachse eher an Widerstand“, sagt Kuhn, „ich hätte mir sehr wohl zugetraut, die Wiederwahl zu schaffen.“

Einfach auslaufen lassen will es Kuhn nicht

Zumal er seine bisherige Bilanz nicht schlecht findet. Er habe wichtige Spuren hinterlassen und wichtige Weichenstellungen vorgenommen, für die Transformation der Autostadt hin zu moderner Mobilität und urbaner Aufenthaltsqualität, urteilt Kuhn über Kuhn. Er hebt das „ambitionierte Klimaschutzpaket“ hervor, die Verkehrspolitik und die Tarifreform beim Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart, die Maßnahmen für mehr grüne Infrastruktur und für eine Stadt am Fluss, aber auch die Bemühungen um die kulturelle Infrastruktur. Doch dies sei noch nicht die Zeit seiner Bilanz, sagt Kuhn auch. Die folge später.

Es stehe „kein Auslaufjahr“ bevor, versichert er auch: „Die Ente wird nicht lahmen.“ Unter anderem bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sowie bei Weichenstellungen für die Opernhaussanierung und ein neues Pflegeheimkonzept, um dessen Bedeutung und Dringlichkeit die Öffentlichkeit noch nicht wisse, werde er anpacken.