Am 30. Juni sind die Ludwigsburger zur Oberbürgermeisterwahl aufgerufen. Foto: factum/Archiv

Eine skurrile Debatte geht der OB-Wahl in Ludwigsburg voraus: Die Stadtverwaltung will keine öffentliche Kandidatenvorstellung. Der Stadtrat ist in der Frage gespalten – und streitet schon mal kräftig.

Ludwigsburg - Die Wahl eines Oberbürgermeisters folgt Regeln und Ritualen. So wird die Stelle spätestens zwei Monate vor dem Wahltermin ausgeschrieben. Mancherorts streitet man sich beim Anzeigentext um die Formulierung „Der Amtsinhaber bewirbt sich wieder“. So in Böblingen im Jahr 2018, als der Gemeinderat diese Floskel wegließ, obwohl sich Wolfgang Lützner zur Wiederwahl stellte. Letztlich wurde er abgewählt.

In Ludwigsburg will der Amtsinhaber ebenfalls wieder antreten, was auch in der Stellenausschreibung steht, die am 29. März veröffentlicht werden soll. Zoff gab es jetzt im Gemeinderat aus anderem Grund: Soll es eine öffentliche Kandidatenvorstellung der Stadt dazu geben? Diese ist ein weiteres Ritual bei der Wahl von Rathauschefs – und für die Wähler oft die einzige Chance, alle Bewerber gleichzeitig erleben zu können.

Die Polemik der Grünen

Für die OB-Wahl am 30. Juni will die Stadtverwaltung darauf verzichten. Wie schon 2003 und 2011. Damals mit der Begründung, es gebe außer dem Amtsinhaber Werner Spec nur „Spaßkandidaten“. Dies ist für den diesjährigen Urnengang nicht zu erwarten. Die Grünen scharren mit den Hufen, und auch bei der SPD soll man eifrig auf der Suche sein, wie man hört.

Daher haben Grüne, SPD und die Gruppe Ökolinx beantragt, man möge sich doch die Option einer öffentlichen Kandidatenvorstellung offen lassen. Es mündete in eine Kampfabstimmung. Dabei hätte sich ein breiter Konsens im Rat entwickeln können. Denn die CDU signalisierte, dem Ansinnen einer Bewerberschau durchaus zustimmen zu können. Doch der Grünen-Fraktionschef Michael Vierling zerstörte alle schwarz-grünen Bande mit einer Polemik, als er den Antrag begründete. „Ich frage mich schon, warum der OB seine Verwaltung vorschlagen lässt, ihm unliebsame Konkurrenz vom Hals zu halten“, polterte der sonst so bedächtig auftretende Professor. Die Vorlage atme einen bestimmten Geist: „Wer sollte es schon wagen, gegen Werner Spec anzutreten?“ Da wolle wohl ein Platzhirsch sein Revier verteidigen.

Schlagartig passte sich das politische Klima im Gemeinderat demjenigen außerhalb des Kulturzentrums an – und lag im Minusbereich. „Sie liegen mit Ihrer Einschätzung völlig daneben“, mahnte der Baubürgermeister Michael Ilk, der für den befangenen Werner Spec die Sitzung leitete. „Ihre Wortwahl ist unangemessen.“

Wie war das noch 1984?

Der CDU-Häuptling Klaus Herrmann, der sich immer mehr als wandelndes kommunalpolitisches Lexikon entpuppt, verwies auf die OB-Wahl in Stuttgart 1984: „Damals ist Ulrich Maurer (SPD) gegen Manfred Rommel (CDU) angetreten, jeder hatte fünf Minuten, die 20 Spaßkandidaten auch.“ Bei der OB-Wahl 1996, als Wolfgang Schuster gegen Rezzo Schlauch angetreten sei, habe es noch mehr gegeben. Deswegen habe der Landtag die Gemeindeordnung geändert: Früher war eine Kandidatenvorstellung vorgeschrieben. „Jetzt ist es eine Kann-Vorschrift“, beendete Herrmann seine historischen Ausführungen.

Sein Argument: Es gebe Podiumsdiskussionen von privaten Einrichtungen, das reiche. Der FDP-Mann Jochen Eisele wagte einen Seitenhieb gegen den Grünen-Mann Vierling: „Sie schießen sich mit Ihrer Wortwahl manchmal selbst ins Knie.“

Robert Nitzsche, der im Rathaus fürs Personal zuständig ist, verwahrte sich: Der Vorschlag stamme mitnichten von OB Spec, man habe peinlich darauf geachtet, dass dieses Thema nicht über seinen Schreibtisch gegangen sei.

So standen die bekannten Fronten gegenüber: Kampfabstimmung mit Ergebnis 17 zu 17. Patt – Antrag abgelehnt. Kurioserweise könnte es aber dennoch eine Kandidatenvorstellung geben. Klaus Herrmann schlug das Sekunden vor, nachdem er dagegen gestimmt hat: „Wir können das immer noch spontan entscheiden.“

Und dann gab es noch einen weiteren Streitpunkt: Soll in der Stellenausschreibung das Kürzel „m/w/d“ auch signalisieren, dass sich Männer, Frauen und Diverse bewerben dürfen? Aus Sorge vor Anfechtungen votieren am Ende nur fünf Räte gegen diesen Passus. Diese aufregende Debatte war sicher nur ein Vorspiel für den OB-Wahlkampf, man darf gespannt sein.

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