Volles Haus: Rund 450 Zuschauer verfolgen die Talkshow mit dem Herausforderer Matthias Knecht und dem Amtsinhaber Werner Spec. Weitere Fotos sehen Sie in unserer Bildergalerie. Foto: factum/

Buh-Rufe und Applaus: Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec und sein Herausforderer Matthias Knecht stellen sich im Scala bei der Talkshow von StZ und STN kritischen Fragen.

Ludwigsburg - Am Ende des Abends im Scala geben die Männer, die den Kampf um das Amt des Ludwigsburger Oberbürgermeisters aller Wahrscheinlichkeit nach unter sich ausmachen werden, ein überraschendes Bekenntnis ab. Auf die Frage der Moderatoren Tim Höhn und Rafael Binkowski, was sie am jeweils anderen nicht mögen, antwortet Werner Spec: „Matthias Knecht ist ein toller Mensch, ich finde überhaupt nichts Schlechtes an ihm.“ Und die Antwort von Matthias Knecht klingt so: „Persönlich habe ich überhaupt nichts an Herrn Spec auszusetzen.“

So viel Einmütigkeit und Wertschätzung darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es während der eineinhalbstündigen Talkshow, die die Ludwigsburger Redaktion unserer Zeitung veranstaltet hat, teils heftige Schlagabtausche gegeben hat. Ein Überblick über die dominanten Themen.

Die Motivation

Mangels echter Konkurrenz hat Werner Spec (Freie Wähler) weder für seine erste noch für seine zweite Amtszeit so kämpfen müssen wie nun. Als er erklärt, dass er seine Arbeit in den Dienst der Menschen stellen will und nichts auf Befindlichkeiten gibt, bekommt er viel Applaus. Spec verweist auf das „unglaublich viel“ Erreichte – und darauf, dass es weiter viel zu tun gibt: „Dazu braucht es einen Kapitän, der in den Themen drin ist.“ Dass CDU, SPD und Grüne Matthias Knecht unterstützen, sieht Spec nicht als Problem. Das Bild sei differenzierter als in den Medien dargestellt, und er sei überzeugt, dass eine gute Zusammenarbeit im Gemeinderat weiterhin möglich sei.

Matthias Knecht (parteilos) wiederum bekommt viel Applaus, als er unter Verweis auf den ehrwürdigen Manfred Rommel sagt, ein „Stadtvater“ als OB sei in einer Zeit wie heute eine gute Lösung. Knecht versucht erkennbar deutlich zu machen, dass er kein „Traumtänzer“ sei, der kuscheln will. Vor Diskussionen sei ihm nicht bange. Er wolle aber zu Ergebnissen kommen, ohne „dass wir hinterher Gräben zuschütten müssen“.

Die Stadtbahn

Das Thema, das im vergangenen Jahr die Kommunalpolitik im Landkreis geprägt – und auch gespalten – hat, ist noch immer brisant. Denn zuletzt hat Werner Spec Zweifel daran aufkommen lassen, dass er sich der so genannten Doppelstrategie – also der parallelen Planung von Schnellbussen und einer Stadtbahn – verpflichtet fühlt. Im Scala sagt Spec, dass er zu dem Kompromiss stehe.

Er prophezeit aber auch, dass die Frage aufkommen werde, ob die Eingriffe für eine Stadtbahn überhaupt noch nötig sind – wenn die BRT-Busse erst einmal fahren und „gut funktionieren“. Laute Buh-Rufe erntet der 61-Jährige, als er Matthias Knecht belehrt: Von einem ernsthaften Kandidaten sei zu erwarten, dass er sich öffentlich einsehbare Beschlüsse genau anschaue. Tatsächlich sei nicht der Bau einer Stadtbahn beschlossen worden, sondern die Planung. Knecht betont, dass er zur Doppelstrategie stehe – dass man bezüglich der potenziellen Busstrecken durch die Stadt allerdings genau schauen müsse, was wo sinnvoll sei. Denn auch sie würden große Eingriffe nötig machen.

Der Arsenalplatz

Emotional wird es auch bei dem Areal, über dessen Zukunft die Stadt seit Jahrzehnten immer wieder diskutiert: Soll der Arsenalplatz ein Parkplatz bleiben oder ein Park werden? Werner Spec weist im Scala „die Unterstellung“ zurück, er habe sich den Freien Wählern verpflichtet gefühlt, als er voriges Jahr völlig überraschend dafür sorgte, dass 40 der 140 Parkplätze vorerst erhalten bleiben. Vielmehr, erklärt er auf dem Podium unserer Zeitung: „Ich habe den großen Ängsten des Einzelhandels Rechnung getragen, der durch eine radikale Politik gegen das Auto Umsatzeinbußen zu befürchten hat.“ Für sein Plädoyer für eine „schrittweise Umsetzung“ bekommt Werner Spec starken Applaus.

Auch Matthias Knecht bekommt viel Applaus, als er erklärt, dass eine autofreie Umgestaltung des Platzes die Attraktivität der Innenstadt steigere, was auch dem Einzelhandel zugute komme. Eine radikale Politik gegen das Auto will auch der 43-Jährige nicht. Aber er sagt: „Es gibt so viele Parkhäuser in der Innenstadt, dass jeder der mit dem Auto in die Stadt kommt, einen Parkplatz findet.“

Fahrverbote

In einer umstrittenen Broschüre und auf großen Bannern an einigen Ortseingängen verkündet die Stadt seit Neuestem, die Gefahr von Fahrverboten sei in Ludwigsburg definitiv gebannt. Matthias Knecht, will solche Verbote zwar verhindern, wie er im Scala sagt – „rechtlich sind wir aber noch nicht so weit“, fügt er mit Blick auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe und unter lautem Applaus hinzu.

Werner Spec widerspricht „klar“. Das Land habe die Maßnahmen geprüft, mit denen die Stadt die Luftqualität verbessern möchte und bestätigt, dass die Ziele erreicht würden. Obwohl das offizielle Verfahren noch nicht abgeschlossen ist und auch eine Gerichtsentscheidung aussteht, ist Spec überzeugt: „Die Deutsche Umwelthilfe wird sich an Ludwigsburg die Zähne ausbeißen.“ Als er an Knecht gewandt, sagt: „Sie als Rechtsprofessor müssten eigentlich wissen...“, wird Spec von heftigen Buh-Rufen unterbrochen.

Wohnungsbau

Dass in Ludwigsburg dringend mehr Wohnungen benötigt werden, proklamieren beide Kandidaten. Während sich Knecht im Scala auch für den Ausbau von Dachgeschossen und einem „Miteinander“ mit den privaten Bauträgern stark macht, kündigt Spec 2700 neue Wohnungen bis zum Jahr 2023 an. Nach jahrelangen Vorarbeiten mit „größtem Hochdruck“ werde nun geliefert. Gleichzeitig verteidigt Spec die aktive Bautätigkeit der städtischen Wohnbautochter WBL, gegen den private Bauträger geklagt haben. „Ich habe keinen Streit von Zaun gebrochen“, betont Spec im Scala. Letztlich werde ein Gericht über die städtische Baupolitik entscheiden. „Ich bin gespannt, was da raus kommt.“