Der Leonberger Hauptamtsleiter Peter Höfer (rechts) erklärt Tobias Degode, Marisa Betzler, Marion Beck, Willi Kerler und Josefa von Hohenzollern (von links) das Procedere der Kandidatenvorstellung. Foto: Simon Granville

Was muss sich im Rathaus in Leonberg ändern? Wie geht es mit dem Krankenhaus weiter? In der Stadthalle äußern sich die Bewerber bei der offiziellen Vorstellung der Stadt.

Wer führt vom 1. Dezember an die Geschicke im Leonberger Rathaus? Diese Frage treibt viele um. Nachdem beim Kandidaten-Talk unserer Zeitung die Stadthalle übervoll gewesen ist, bietet sich tags drauf ein ähnliches Bild. Bei der offiziellen Vorstellung aller zugelassener Kandidaten durch die Stadtverwaltung herrscht erneut starker Andrang.

 

Oberbürgermeister Martin Georg Cohn, der zur Wahl am 28. September nicht mehr antritt, erklärt die Spielregeln: Jeder der fünf Kandidaten kann sich 20 Minuten lang vorstellen. Danach gibt es weitere zehn Minuten, um Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Die Mitbewerber dürfen die jeweiligen Vorträge nicht mitverfolgen und müssen in einem Nebenraum warten. Die Reihenfolge orientiert sich an der Auflistung auf den Wahlzetteln.

OB-Wahl in Leonberg: Marion Beck eröffnet Kandidatenvorstellung

Demnach beginnt die Vorstellungsrunde mit Marion Beck. Die Leiterin des Amtes für Kultur und Wirtschaftsförderung in Herrenberg kann sich auf eine lautstarke Anhängerschar im Saal stützen. Sie wird mit großem Applaus begrüßt, sogar vereinzelte Jubelrufe erschallen. Die 55-Jährige spielt die lokale Karte. Sie schwäbelt zwischendurch und weist auf ihren langjährigen Wohnort Hausen an der Würm hin.

Der amtierende OB Martin Cohn erklärt den Ablauf der Vorstellungen. Im Vordergrund ist der Gong zur Redezeit-Begrenzung. Foto: Simon Granville

Dass sie aus dem Handel kommt, interpretiert Beck als einen ihrer Pluspunkte: „Breuninger steht für Service und Kundenorientierung.“ Eigenschaften, die sie auch als Oberbürgermeisterin einbringen würde. In einem Führungsprinzip von „Offenheit und klarem Kurs“ will sie sich selbst in Pflicht nehmen und beim Engagement und der Selbstdisziplin Vorbild sein.

OB-Wahl in Leonberg: Josefa von Hohenzollern tritt sachlich auf

Wie schon im Talk mit unserer Zeitung bekennt sich Marion Beck klar zum Krankenhaus. Mit Gemeinschaftspraxen und Gesundheitszentren will sie die medizinische Versorgung insgesamt verbessern. Von ihrer Ursprungsidee, den Wochenmarkt auf dem Marktplatz zu holen, ist sie abrückt. Stattdessen schweben ihr themenbezogene Einzelmärkte vor. Bewusst trete sie als unabhängige Kandidatin an. Sie wird von den Grünen und der SALZ-Fraktion unterstützt.

Die Gesundheitsversorgung stellt Josefa von Hohenzollern in der Mittelpunkt ihres sachlich gehaltenen Vortrags. „Wer wohnortnahe Kliniken schließt, versteht nicht, was die Leute wollen“, sagt die Erste Bürgermeisterin von Leonberg und verweist auf das beschlossene Aus des Krankenhauses in Herrenberg. In Leonberg müsse die hebammengeführte Geburtshilfe erhalten bleiben, sagt sie – auch unter dem Eindruck ihrer eigenen Erfahrungen als Mutter. Über den Verbleib des Rettungshubschraubers Christoph 41 will sie mit der künftigen Landesregierung neu verhandeln. Und um neue Ärzte zu gewinnen, müsse diesen „der rote Teppich ausgerollt“ werden, ähnlich wie in Sindelfingen Renningen oder Rutesheim.

Die Kandidaten ziehen: Die Stadthalle ist zum zweiten Mal in Folge gut gefüllt. Foto: Granville

Um erfolgreich zu führen „muss die Chemie an der Spitze stimmen“, sagt die 51-Jährige mit Blick auf ihren Dauerkonflikt mit dem amtierenden OB. Sie setze auf Teamarbeit und möchte den Amtsleitern wieder den direkten Kontakt zum Gemeinderat gestatten. Durch eine gelöstere Stimmung und ein besseres Image werde es auch leichter, qualifiziertes Personal zu gewinnen.

„Diese Frage würde einem Mann nicht gestellt“ entgegnet sie einer Zuhörerin unter großem Applaus, die von ihr wissen will, wie sie ihre Rolle als Mutter eines Kleinkindes mit den Aufgaben einer Rathauschefin unter einen Hut bringen wolle. „Ich kämpfe dafür, dass es möglich ist und habe eine Familie, die mich unterstützt.“ Josefa von Hohenzollern verweist auf die Oberbürgermeisterin von Lindau, die in ihrer Amtszeit drei Kinder zur Welt gebracht hat.

OB-Wahl in Leonberg: Tobias Degode sorgt sich um „Arbeitgebermarke Leonberg“

Forsch stellt sich Tobias Degode dem Publikum vor: „Im Rathaus geht es nicht vorwärts“, sagt der jetzige Verwaltungsleiter im Düsseldorfer Kulturamt. „Es braucht eine Stadtspitze, die führt und ins Handeln kommt.“ Das hätte auch positive Auswirkungen auf die Fluktuation: „Wenn die Führung nicht stimmt, verlieren die besten irgendwann die Lust.“ Momentan sei die „Arbeitgebermarke Leonberg kaputt“, sie habe in Fachforen „katastrophale Werte“.

Schon als 16-Jähriger habe er während eines Praktikums in einem Düsseldorfer Amt die dienende Funktion einer Verwaltung verinnerlicht: „Der Chef hat am Telefon immer gefragt: Was kann ich für Sie tun?“ Diese Devise will der 38-Jährige dauerhaft einführen: „Ich bin jung genug, um drei Amtszeiten zu übernehmen.“

Für die Grundversorgung müsse das Krankenhaus erhalten bleiben, aber: „Gesundheit endet nicht an einer Kliniktür.“ Großes Ziel des von der CDU und den Freien Wählern unterstützten Kandidaten ist ein Campus mit einem medizinischen Versorgungszentrum, das viele Arztpraxen beinhaltet. Sowohl Tobias Degode als auch Marion Beck können sich im Falle eines Wahlsiegs eine Zusammenarbeit mit Josefa von Hohenzollern grundsätzlich vorstellen.

OB-Wahl in Leonberg: Vor den Auftritten von Willi Kerler und Maria Betzler wird es im Saal leerer

Der Saal leert sich zusehends, als die beiden verbliebenen Kandidaten Willi Kerler und Maria Betzler antreten. Ersterer stellt sich erst als auf Nachfrage eines Zuhörers als Jurist vor. Der 57-Jährige zeichnet ein düsteres Bild von seiner Heimatstadt, spricht von „falschem Branchenmix, Gettobildung und Wohnungsprostitution“. Um die Stadt von einer pleitebedingten Eingemeindung zu retten, bedürfe es „tiefer Einschnitte, die nicht ganz unblutig ausgehen“ würden.

Marisa Betzler stellt sich als gelernte Bürokauffrau vor, die derzeit in der Bezirksverwaltung in Stuttgart-Vaihingen arbeitet und dort im Personalrat ist. Als „theoretisches“ Ziel nennt die 34-Jährige einen Schuldenabbau binnen fünf Jahren. Personal will sie wieder zurückgewinnen: „Ich kann ja als OB nicht alles alleine stemmen.“ Marisa Betzler ist für die Erhaltung des Krankenhauses. Ein Campus könne dabei unterstützend wirken.