Stellen sich den Wählern: Johannes Söhner, Fridi Miller, Wolfgang Lützner und Stefan Belz (von links) Foto: factum/Granville

Der Amtsinhaber Wolfgang Lützner wird von seinen Kontrahenten Stefan Belz und Johannes Söhner stark angegriffen. Bei der Kandidatenvorstellung in der Kongresshalle warfen sie ihm zahlreiche Versäumnisse vor. Der Oberbürgermeister konzentrierte sich dagegen darauf, seine Vorstellungen von Böblingen in acht Jahren zu beschreiben.

Böblingen - Die Wahl des Böblinger Oberbürgermeister stößt offenkundig auf großes Interesse: Etwa 1200 Bürger kamen am Dienstagabend in die Kongresshalle. Die Kandidaten hatten bei der Vorstellungsrunde 15 Minuten Zeit, um ihr Programm zu erklären. Dann stellten sich der Amtsinhaber Wolfgang Lützner, seine Herausforderer Stefan Belz und Johannes Söhner sowie die Dauerbewerberin Fridi Miller Fragen aus dem Publikum. Gewählt wird am 4. Februar.

Drei Gründe für die Bewerbung

Drei Gründe nannte Stefan Belz für seine Bewerbung als Oberbürgermeister. „Böblingen ist meine Heimat“, sagte der 38-Jährige, der seit 2014 grüner Stadtrat ist. Als Raumfahrtingenieur interessiere er sich außerdem sehr für Zukunftsfragen. Und drittens werde Böblingen „weit unter Wert verkauft“. Er versprach dem Publikum, die Stadt bis zum Jahr 2025 staufrei zu bekommen – mit der Einführung eines Stadttickets, einem geschlossenen Radwegenetz und einer intelligenten Verkehrsplanung. „Einen Ort, wo es wieder lebendig zugeht“, will er auf dem Schlossberg installieren und ein Stadtmuseum aufbauen. Neue Treffpunkte für Jugendliche, billigere Mieten für Vereine und mehr Bürgerbeteiligung stehen auf seiner Agenda.

Werbung für seine Person machte Stefan Belz auch auf Kosten des Amtsinhabers. „Ihm fehlt es an Weitblick“, sagte er, der Jurist verrenne sich im Kleinklein. Mangelnde Bürgernähe warf er ihm ebenso vor wie die Vernachlässigung des Schlossbergs. Zum Thema Sanierung von Schulen und Kindertagesstätten seien die Eltern auch schon lange nicht mehr gehört worden. „Ich habe Ziele, Klarheit und Verbindlichkeit für die Stadt“, sagte Stefan Belz.

Wolfgang Lützner hielt sich nicht lange mit seiner Bilanz auf. Er habe alle seine Versprechen eingehalten, erklärte der 59-Jährige – darunter neue Arbeitsplätze, die zur Fußgängerzone umgebaute Bahnhofstraße sowie hunderte von zusätzlichen Kitaplätzen. In diesem Jahr sei auch der Startschuss für die Sanierung der Schulen gefallen. Bis zum Jahr 2026 versprach er weniger Verkehr in der Stadt – durch den Bau der Querspange vom Thermalbad bis zum Flugfeld und den Ausbau der A 81, mit intelligenten Ampeln und einem verbesserten Radwegenetz. „Böblingen ist sauberer und grüner geworden“, lautete eine seiner Visionen für die Zukunft, die beim Publikum teilweise für Lacher sorgten, weil es klang, als spräche er von der Gegenwart.

Mit Erfahrung und Kompetenz wirbt der Amtsinhaber

Wolfgang Lützner warb mit dem Abriss des City-Centers und der Neubebauung des Areals mit Wohnungen für sich sowie mit den Plänen, ein Kultur- und Bürgerhaus auf dem Postareal zu bauen. „Der Masterplan Schlossberg ist in die Tat umgesetzt“, sagte er über das Jahr 2026, und in der Schönaicher Straße gebe es noch einen Supermarkt. Als Böblinger Oberbürgermeister sei er Chef einer großen Verwaltung mit 1100 Mitarbeitern und 150 Millionen Euro Umsatz, betonte Wolfgang Lützner am Ende. „Erfahrung und Kompetenz sind entscheidend für den Erfolg der Stadt“, erklärte er.

Fridi Miller will als Oberbürgermeisterin den Bürgerhaushalt und Bürgerentscheide zu praktisch jedem Thema einführen. Die Dauerbewerberin, die nach eigenen Angaben bei 50 Bürgermeisterwahlen angetreten ist, hält die in der Bundesrepublik herrschende Demokratie für eine Diktatur. Den Gemeinderat bezeichnete sie als „mafiaähnliches Konstrukt“. Sie wolle mit „den Mauscheleien, die hinter verschlossenen Türen stattfinden“, aufräumen.

Johannes Söhner kennt „die Bedürfnisse der Böblinger“. Der Diakon stellt sich zur Wahl, weil in der Stadt zwar viel passiert sei in den vergangenen acht Jahren, „aber so gut wie nichts, was den Menschen nutzt“. In seiner Rede kritisierte er in erster Linie Wolfgang Lützner – fachlich und persönlich. „Mehr Verwaltung und viele leere Versprechungen“ warf er ihm vor. Der Amtsinhaber verschanze sich hinter Paragrafen, Zahlen und verkrusteten Strukturen. Sich selbst beschrieb der Diakon dagegen als einen Oberbürgermeister, „der begeistert, auf Teamwork und Bürgernähe setzt“. Er werde schuften für die Bürger und transparent sein. Er sei „ein erfolgreicher Macher, Vernetzer und Gestalter“.

Von Böblingen zeichnete er ein düsteres Bild – mit vermüllten Straßen, maroden Schulen, einer verlassenen Fußgängerzone. Der 52-Jährige sieht überall erheblichen Verbesserungsbedarf. Wenn er gewählt werde, müsse er „erst einmal aufräumen und Böblingen auf ein normales Level bringen“. Mehr Bürgerbeteiligung würde er als Oberbürgermeister einführen und die Bürger selbst bestimmen lassen, „was gut für sie“, erklärte Johannes Söhner.