Der Amtsinhaber dominiert – der Sozialdemokrat Harry Mergel kann am Sonntag mit seiner Wiederwahl in Heilbronn rechnen. Foto: Simon Granville

Am Sonntag wählen die Heilbronner ihren OB. Der Amsinhaber Harry Mergel (SPD) wird von einem breiten Bündnis getragen – nur die AfD und eine Logopädin treten gegen ihn an.

Heilbronn - Die Aussage bleibt hängen. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen als Oberbürgermeister zu sein in meiner Heimatstadt“ – das hat Harry Mergel vor acht Jahren gesagt, als der Sozialdemokrat zum zweiten Mal versuchte, genau dieses Amt zu ergattern. Der erste Anlauf 1999 war gescheitert. Damals hatte Helmut Himmelsbach (CDU) die Nase vorn.

Im Jahr 2014 trat er als Schulbürgermeister unter Himmelsbach gegen seinen Rathauskollegen, den Ersten Bürgermeister Martin Diepgen (CDU), und drei weitere Kandidaten an – und gewann im ersten Wahlgang mit 55,9 Prozent der Stimmen. Seit acht Jahren also ist Harry Mergel nun im ersehnten Amt. Eines hat er in dieser Zeit gelernt: „Es gibt nichts Schöneres.“

Die AfD tritt gegen Mergel

Deshalb will er OB bleiben. Am Sonntag, wenige Tage vor seinem 66. Geburtstag, stellt sich Mergel den gut 120 000 Heilbronnern zur Wiederwahl. Dabei kann er sich auf ein breites Parteienbündnis stützen. Alle Gemeinderatsfraktionen, Grüne, CDU, SPD, FDP und Freie Wähler, sprachen sich für Mergels Wiederwahl aus und verzichteten darauf, einen eigenen Kandidaten an den Start zu schicken – bis auf eine: die AfD tritt am 6. Februar mit ihrem Fraktionschef im Gemeinderat Raphael Benner an.

Der 61-Jährige promovierte Chemiker hat sich aus Ärger über die „Mainstream-Parteien“ und die Verwaltung im Gemeinderat beworben, die eine von der AfD beantragte Umbesetzung der Ausschüsse mit ihren Stimmen verhindert haben. Er wirbt mit dem bereits von der Bundestagswahl bekannten Slogan „Heilbronn. Aber normal. Sicher, sauber und sozial“ und will als bekennender Impfgegner zuerst an der Bewältigung der Pandemiefolgen arbeiten. Die dritte im Bunde ist Katharina Mikov, eine 36-jährige Logopädin, die als kommunalpolitisch eher unbeleckt gilt.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Interview mit Harry Mergel zur Halbzeit

Allzu große Sorgen muss sich Mergel also nicht machen. Für selbstverständlich nimmt der Dauerläufer Mergel das Rennen aber nicht. Fast täglich hat er sich seit Jahresbeginn irgendwo im Stadtgebiet auf die Straße gestellt und für sich geworben.

Der OB hat noch viel vor

„Viel erreicht. Noch viel vor“ schreibt sich Mergel auf die Fahnen. Tatsächlich hat sich die Stadt rasant gewandelt. Schon als Schulbürgermeister hat der Verwaltungswirt, der noch Wirtschaftswissenschaften und Geschichte studiert hat, begriffen, dass Bildung eine wichtige Währung ist. Kindergartengebühren gibt es in Heilbronn nicht. Drei Viertel der Schulen haben ein Ganztagesangebot. Landesweit sind es nur 31,4 Prozent.

Der Umbau einer von der Automobil-, Zulieferer- und Maschinenbaubranche geprägten Stadt zur Wissensstadt werde von Lokalhistorikern einmal als die „dritte Phase in der Heilbronner Geschichte“ nach dem Wiederaufbau 1945 und der Wirtschaftswunderzeit eingestuft, davon ist Mergel überzeugt.

Dieser Umbau hat rasant an Fahrt genommen. Mit dem Bau der neuen Experimenta hat Heilbronn ein bundesweites Zugpferd gewonnen, mit der Ansiedlung der TU München auf dem ebenfalls neuen Bildungscampus darf man sich jetzt auch Universitätsstadt aufs Ortsschild schreiben. Dass Heilbronn den Zuschlag des Landes bekommen hat für den neuen Innovationspark Künstliche Intelligenz, daran kaut man in den Rathäusern der Mitbewerber in Stuttgart, Karlsruhe und Tübingen immer noch. Dass vieles davon nur möglich ist, weil der Lidl-Gründer und Milliardär Dieter Schwarz so spendabel ist, stört Mergel nicht. Als „Sechser im Lotto mit Zusatzzahl“ bezeichnet er die Großzügigkeit des Mäzen.

Mit der Bundesgartenschau vor drei Jahren hat sich die Stadt nach außen von ihrer schönsten Seite präsentiert. Auch die Heilbronner haben die Zeit genossen – so sehr, dass man bereits über eine neuerliche Kandidatur für 2039 nachdenkt.