Die Kandidaten der letzten Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart 2004: Wolfgang Schuster (CDU), Ute Kumpf (SPD) und Boris Palmer (Grüne, v. re.) Foto: AP

Die Parteien in Stuttgart tun sich äußerst schwer mit den Vorbereitungen auf die OB-Wahl 2012.

Stuttgart - Die Grünen wollen als stärkste politische Kraft in Stuttgart von 2013 an auch den Oberbürgermeister stellen. Das haben sie jetzt bekräftigt. Doch die Volksabstimmung zu Stuttgart21 erschwert auch ihnen die Vorbereitungen.

"Die Grünen sind die stärkste Kraft in dieser Stadt, und daher ist klar, dass wir auch den OB-Posten hier anstreben", sagte der Grünen-Landesvorsitzende Chris Kühn beim Redaktionsbesuch mit der Co-Vorsitzenden Thekla Walker. Die Partei werde "eine sehr geeignete" Persönlichkeit präsentieren, um mit ihr den Wahlkampf um die Stadt Stuttgart und ihre Zukunft zu führen. Dann werde es nicht nur um Stuttgart 21 gehen, sondern auch darum, wie man "eine ordentliche Großstadtpolitik macht". Über mögliche Kandidat(inn)en wolle man mit der Kreispartei aber erst nach der Volksabstimmung reden. Das ist der Zeitpunkt, nach dem sich alle Parteien in Stuttgart für die OB-Wahl sortieren.

"Jemand anderes wäre konsensfähiger"

Gut informierte Grüne bezweifeln, dass bereits viel vorbereitet ist. Es gebe Gerüchte um den Tübinger OB Boris Palmer, den Parteivorsitzenden Cem Özdemir und die direkt gewählte Stuttgarter Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch, die allerdings im März 2010 als OB-Kandidatin in Ravensburg mit 15 Prozent nicht einmal das grüne Potenzial ausschöpfte. Auch Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle taucht in den Spekulationen auf. "Mal heißt es, jener oder jene will antreten, dann heißt es wieder, er oder sie trete doch nicht an", ist zu hören.

Die große Unbekannte in der Rechnung ist der studierte Mathematiker Palmer. Er trete wohl nur an, wenn S21 mit der Volksabstimmung am 27.November beerdigt werde, glaubt man in Parteikreisen. Aber sicher sei bei Palmer gar nichts. Sollte er trotz anderslautenden Erklärungen doch antreten, wäre er für manche Parteifreunde der Favorit. Dass er bei der Stuttgarter OB-Wahl 2004 im ersten Wahlgang mit 21,5 Prozent nur Drittplatzierter hinter Amtsinhaber Wolfgang Schuster und Ute Kumpf (SPD) war, bedeute nichts, hört man in der Partei: Damals war Palmer junger Landtagsabgeordneter, heute sei er Verwaltungschef in Tübingen und profilierter S-21-Gegner.

Palmer ist und bleibt aber auch ein rotes Tuch für die SPD. "Er steht für Schwarz-Grün und ist eine Reizfigur für uns", sagt Andreas Reißig, Stadtrat in Stuttgart, Sprecher der Landes-SPD und früherer Kreisvorsitzender. Er glaubt nicht, dass die SPD in einem zweiten Wahlgang bei der OB-Wahl 2012 auf breiter Front Palmer unterstützen würde. Der amtierende SPD-Kreischef Dejan Perc sagt: "Jemand anderes wäre konsensfähiger." Auch er würde sich einen "ausgleichenderen" OB für Stuttgart wünschen, wenn S21 realisiert werden sollte.

Boris Palmer ist eine Belastung

Palmer ist damit bereits eine Belastung für den Versuch der SPD und der Grünen, 2012 endlich einmal mit einem gemeinsamen Vorschlag im zweiten Wahlgang der CDU den Stuttgarter OB-Sessel zu entreißen. 1996 wollte Rainer Brechtken (SPD) nicht dem besser platzierten Rezzo Schlauch (Grüne) weichen. 2004 lief Boris Palmer ins CDU-Lager über und nicht zur Zweitplatzierten Ute Kumpf - und immer nützte es Wolfgang Schuster.

2012 wollen Grüne und SPD anders vorgehen. "Ich bin guter Dinge, gemeinsam mit der SPD einen guten Weg zu finden, damit frühere Fehler sich nicht wiederholen", sagte Thelka Walker von den Grünen. Und Dejan Perc von der SPD ist ebenfalls "zuversichtlich, dass wir einen Konsens finden, denn wir wollen gleichermaßen, dass es für Stuttgart auch an der Verwaltungsspitze eine andere Politik gibt und nicht mehr die CDU den OB stellt". Der Wille zu einer Absprache über den zweiten Wahlgang ist also vorhanden. Aber er hängt auch an Personen. Und noch wichtiger ist den beiden Parteien, im ersten Wahlgang mit einem guten Bewerber Flagge zu zeigen.

Kaufmann vertraut Schusters Wort

Vor Anfang oder Mitte Januar werde die Öffentlichkeit aber sicher keinen SPD-Bewerber präsentiert bekommen, sagte Perc. Gespräche habe man schon geführt. Noch früher hatte die SPD an die parteilose, aber SPD-nahe Reutlinger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch gedacht, die auch den Freien Wählern und der FDP vermittelbar sein könnte. Doch Bosch "kandidiert definitiv nicht", sagte am Donnerstag ihr Sprecher.

Wenn die SPD nicht außerhalb der Region fündig wird, kann sie wohl nur noch auf den Schorndorfer OB Matthias Klopfer hoffen. Derweil spekulieren in der CDU manche auf Fellbachs OB Christoph Palm, doch der hat abgewinkt. Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann sagt trotzdem: "Wir sind im Plan und auf einem guten Weg." Wenn Schuster wie angekündigt am 7.Januar erkläre, ob er sich erneut bewerben wolle, werde die CDU vorbereitet sein.

Dass der Amtsinhaber gleich nach dem 27. November den parteiinternen Diskussionsbedarf ignoriert und eine erneute Kandidatur ankündigt, falls das Volk wie er für Stuttgart21 eintritt, glaubt Kaufmann offenbar nicht. Er vertraue Schusters Wort, heißt es in seiner Umgebung. Kaufmann selbst sagt nur: "Herr Schuster weiß, dass der Kandidat der CDU von der Partei und denen, die sie unterstützen, getragen werden muss." Einen Zusammenhang zwischen dem Ausgang der Volksabstimmung und der Kandidatenfrage gebe es für ihn nicht.