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Turner startet OB-Wahlkampf – Programm für „Bürgerstadt“ entwickelt sich erst.

Stuttgart - Beim Nominierungsparteitag der CDU hatte Sebastian Turner mit seiner Vergangenheit als C-Jugend-Spieler bei den Stuttgarter Kickers kokettiert: „Ich war rechter Außenverteidiger – der sorgt dafür, das kein linker Stürmer durchkommt.“

Der Stürmer, den Turner heute auf linker Position auf sich zukommen sieht, heißt Fritz Kuhn. Am 7. Oktober, beim ersten Wahlgang der OB-Wahl, kommt es zum ersten Aufeinandertreffen mit dem OB-Kandidaten der Grünen. Am Samstag ließ der bisher so sanft formulierende Turner kurz aufblitzen, dass er durchaus in der Lage ist, auch beinhart einzusteigen. In Anspielung auf Kuhns Biografie als Politiker und seine eigene als Unternehmer sagte Turner: „Ich unterscheide mich maximal von Kuhn: Er kommt vom Geschwätz – ich vom Geschäft.“

Turner ist gut aufgelegt

Der derbe Spruch hat seine Wirkung nicht verfehlt. Am Ende des Parteitags wurde der parteilose Turner von den CDU-Mitgliedern mit einer unerwartet deutlichen Zweidrittelmehrheit gewählt. Er ist für die Stuttgarter CDU der Mann, der Kuhn im Herbst schlagen soll. Das ist die eigentliche Aufgabe.

„Turner muss jetzt den Schwung nutzen, um weiter Boden zu gewinnen“, sagt ein erfahrener Wahlkampfstratege der CDU. Vor allem die FDP könne man mit Turners Durchmarsch in der CDU als Seiteneinsteiger „beeindrucken“, meint der Kenner der Lokalpolitik. Zumindest der Kreisvorstand hat sich am Montag schon hinter Turner gestellt.

„Der Wahlkampf beginnt heute“, bestätigt Turner am Montag. Er ist gut aufgelegt. Aber das Pensum, das er sich für die nächsten Wochen aufgegeben hat, hat es in sich: Zunächst gilt es all denen persönlich zu danken, die sich in der CDU für ihn stark gemacht haben und mit zum Sieg über den CDU-Konkurrenten Andreas Renner beigetragen haben.

Wohnung und Kita-Platz – keine leichte Aufgabe

Parallel dazu beginnt die Wohnungssuche für Turner und Ehefrau Heidi Wittlinger. Die 33-jährige Absolventin der Filmakademie will weiterhin als Selbstständige für Animationen für tragbare Computer arbeiten. Das heißt, dass die dreijährige Tochter einen Kitaplatz benötigt. „Das ist nicht leicht in Stuttgart“, berichtet Turner. Bis Wohnung und Kitaplatz gefunden sind, wird er zwischen Berlin und Stuttgart pendeln.

Bei der Kinderbetreuung macht Turner erste Erfahrungen mit der Stadtverwaltung, die er eines Tages leiten will. Weitere professionelle Einblicke will er in Gesprächen mit den Bürgermeistern gewinnen. Berührungsängste hat Turner nicht. Bürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU), die sich parteiintern für Renner stark machte, steht genauso auf der Liste wie die Bürgermeister Matthias Hahn (SPD) oder Werner Wölfle (Grüne).

Weitere Impulse will Turner aus Begegnungen mit Vereinen, Verbänden, Interessengruppen oder den diversen Arbeitskreisen der CDU gewinnen. „Das ist Klinkenputzen, allerdings nicht beliebig, sondern mit Struktur“, erklärt Turner. Immerhin will er aus der Fülle der Informationen die „Programmansätze“ für sein Wahlprogramm destillieren. Die Kritik, dass er – anders als Kuhn – in der Öffentlichkeit weithin unbekannt ist, schert ihn nicht. „Wenn das Programm steht, bekommt auch der Kandidat schärfere Konturen“, meint er. Ein Punkt, mit dem das gelingen soll, ist Turners Idee der „Bürgerstadt“, die vom freiwilligen Engagement der Bevölkerung getragen und geprägt sein soll.

Turner braucht „ein schlagkräftiges Büro“

In der CDU gibt es Stimmen, die bereits davor warnen, zu früh Tempo aufzunehmen. Immerhin sind es noch 201 Tage bis zum ersten Wahlgang. Die heiße Phase im Wahlkampf beginnt erst im August. Priorität müsse jetzt der Aufbau einer Infrastruktur für die Kampagne haben. Der CDU-Kreisverband und die Junge Union haben ihre Hilfe zugesagt. Doch das reicht nicht. „Wolfgang Schuster hatte 1996 ein Bürgermeister- und 2004 ein Oberbürgermeisterbüro, das ihm manchmal den Rücken frei halten konnte“, sagt ein Mann, der die Wahlkämpfe Schusters aus der Nähe erlebte. „Ein schlagkräftiges Büro braucht auch Turner“, betont er.

Eine Aufgabe für die Kernmannschaft wird auch eine Strategie sein, mit der man Kuhn effektiv begegnet. Erfahrungen könnte man zum Beispiel bei der CDU in Heidelberg sammeln, wo Kuhn vor einem Jahr zur Landtagswahl antrat. Eine direkte Begegnung vor dem OB-Wahlkampf mit dem „linken Stürmer“ schließt der „rechte Verteidiger“ nicht aus. „Wenn sich die Möglichkeit für einen direkten Kontakt mit Fritz Kuhn ergibt, werde ich sie gerne spontan nutzen“, sagt Turner.